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Veranstaltungsberichte

"Ungarns langer Weg in die Europäische Union"

Vortragsabend mit Ministerpräsident a.D. Josef Duchac

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Erfurt (08. Oktober 2003)

Der Referent und Gesprächspartner des Abends, Josef Duchac, wirkte von 1990 bis 1992 als erster Ministerpräsident des Freistaates Thüringen nach Wiedergründung des Landes. Zwischen 1998 und 2002 vertrat er die Konrad-Adenauer-Stiftung in Budapest und leitete das dortige Büro der Stiftung.

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Im Rahmen seines sehr informativen und lebendigen Vortrags, den das Bildungswerk Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit dem Mitteleuropaforum e.V. durchführte, unternahm Josef Duchac mit den Zuhörern zunächst eine kleine Zeitreise durch die reichhaltige ältere und insbesondere auch die jüngere Geschichte Ungarns. Zu Beginn schilderte er seine eigenen Erfahrungen und Eindrücke beim Vereinigungsparteitag der CDU 1990, bei dem auch der damalige ungarische Ministerpräsident József Antall anwesend war. Damit wurde sicherlich Ungarns großer Anteil am Fall des Eisernen Vorhangs gewürdigt, als durch die Öffnung der österreichisch-ungarischen Grenze im Sommer 1989 der erste wesentliche Stein aus der Mauer heraus brach. Heute können gerade die jungen Länder nach Duchac' fester Überzeugung etwas von diesen Verdiensten zurückgeben, indem sie eine wichtige Brückenfunktion zu Ungarn und auch zu den übrigen ost- und mitteleuropäischen Staaten übernehmen.

Eingehend befasste sich Duchac mit der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Ungarns in den 90er Jahren. Als er selbst 1997/98 nach Budapest kam, war noch die Regierung Horn an der Macht, wurde aber bald von jener des jungen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und seiner Partei FIDESZ-MPP abgelöst. Schon in der Opposition und dann auch in der Regierung waren Orban und seine Mitstreiter mit der klaren und ungeduldigen Zielrichtung des Beitritts zur NATO und zur EU angetreten. Dessen ungeachtet stößt der bei uns oft gebrauchte Satz von „Ungarns Rückkehr nach Europa“ bei den Ungarn selbst auf großes Missfallen, verweist man doch zu Recht darauf, dass das Land mit seiner reichen Geschichte, seiner Kultur und seinen vielfältigen Beziehungen stets zu Europa gehört hat. Beispielsweise findet gerade heute über die ungarische Krone und die Stephansreliquie eine starke Identifizierung der Ungarn mit ihrer Geschichte und ihren Traditionen statt. König Stephan, dessen Ehefrau Gisela aus Bayern stammte, gilt nicht nur als Gründer des christlichen ungarischen Staates, sondern auch als Wegbereiter der endgültigen Etablierung Ungarns in Europa.

Das Land hatte in der Folgezeit insbesondere zu Deutschland stets intensive Kontakte und Bezüge. Gerade auch zu Thüringen gibt es laut Duchac eine Fülle von Berührungspunkten, wie etwa über die Hl. Elisabeth. Kultur, Ethik, Traditionen etc. des abendländischen Europas sind denn auch in Ungarn tief und fest verankert. In kurzen Zügen erläuterte Duchac Ungarns wechselvolle Geschichte im 20. Jahrhundert und seine damaligen Beziehungen zu Deutschland. Besonderes Augenmerk widmete er dabei der Situation und Entwicklung Ungarns in den Jahrzehnten der sozialistischen Machtherrschaft und insbesondere dem Ungarn-Aufstand 1956, dessen Niederschlagung bis heute Folgen hat. Erst nach dem Umbruch 1989 wurden die hingerichteten Protagonisten und Anführer des Aufstands wie Imre Nagy rehabilitiert, kam es zu einer intensiven Aufarbeitung der damaligen Ereignisse.

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Duchac zeichnete in dem Zusammenhang ein sehr anschauliches Bild von den Jahrzehnten unter dem autoritären Kádár-Regime, als man in Ungarn den sog. „Gulaschkommunismus“ praktizierte.

Abschließend befasste sich der Referent mit der wirtschaftlichen Entwicklung Ungarns, bei der vor allem westliche Direktinvestitionen die Grundlage für den Aufbau gebildet haben, und dem Stand der Vorbereitungen für den bevorstehenden Beitritt zur Europäischen Union.

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