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Veranstaltungsberichte

„Unsere Revolution - Die Geschichte der Jahre 1989/90“

Lesung und Gespräch mit Bürgerechtler und Zeitzeuge Dr. Ehrhart Neubert, der bereits vor dem Herbst 1989 in der DDR-Opposition aktiv war und über die Friedliche Revolution berichtet, die durchaus Eskalationspotential besaß.

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Die Veranstaltung in der Porzellangalerie der Rudolstädter Heidecksburg wurde von Dr. Helmut-Eberhard Paulus, dem Direktor der Thüringer Stiftung für Schlösser und Gärten, eröffnet. Dabei dankte er der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. für die Kooperation, da beide Partner eine Aufwertung durch öffentliches Interesse und Ambiente erfahren.

Dr. Ehrhart Neubert, welcher als Bürgerrechtler und Theologe bereits vor dem Herbst 1989 in der DDR-Opposition aktiv war, begann seinen Vortrag mit allgemeinen Feststellungen zur Friedlichen Revolution, die friedlich blieb obwohl durchaus Eskalationspotenzial vorhanden war. Viele Menschen sehnten sich nach Jahrzehnten der SED-Willkür und teilweise erlebter NS-Diktatur nach einer Herrschaft des Rechts zurück, was Gewalt und Anarchie eher ausschloss. Zudem gab die Öffnung der Kirchen vielen DDR-Bürgern einen neuen Erfahrungshorizont wieder, welcher durch die aktive Säkularisierungspolitik der SED vielfach nicht vorhanden war. Dazu gehörte insbesondere die Sprache aber auch Symbolik, die schnell von den kerzentragenden Demonstranten angenommen wurde.

Die Sprache der Demonstranten trug insbesondere dazu bei, die Demonstrationen vielschichtig und friedlich zu gestalten. Dabei war insbesondere die Gewinnung des Wortes Volk, durch die Losung „Wir sind das Volk“ von großer Bedeutung. Hatte doch die DDR als auch der Nationalsozialismus wie viele andere Diktaturen in der Welt das Wort „Volk“ zur Legitimierung des eigenen Herrschaftsanspruchs missbraucht, wodurch Gegner jederzeit als Feindes des Volkes bzw. Mehrheitswillens denunziert werden konnten. Gerade der Herbst 1989 zeichnete sich durch eine große Kreativität in Wortschöpfungen als auch Poesie aus, wobei die Menschen wie Dr. Neubert anschaulich darlegte, sehr sensibel bei der Wahl der Sprüche und deren Rezipierung waren, so dass rhetorische Ähnlichkeiten zu nazistischer Propaganda vollständig ausgeschlossen werden konnte. Zum Abschluss seines Vortrages führte Dr. Neubert selbstkritisch aus, dass heterogene neue Parteien wie dem er angehörende „Demokratische Aufbruch“ viel zur Mobilisierung und demokratischen Anstößen beigetragen haben, jedoch mit der Umsetzung praktischer Politik oft nicht in der Lage waren.

In der Diskussion interessierten sich viele Teilnehmer für konkrete Losungen und gaben lokale Beispiele. Darüber hinaus wurde die Frage der Wandlung der SED in die heutige Linke und Verbindungen zur Staatssicherheit thematisiert. In diesem Zusammenhang verwies Dr. Neubert auf die von der DDR-Regierung Modrow unternommenen Versuche, die Staatssicherheit unter anderen Namen zu erhalten. Nach den Nazi-Schmierereien am sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow versuchte besonders Gregor Gysi die vermeintlich herrschende rechtsextreme Umsturzgefahr als Grund zu konstruieren, die Staatssicherheit in ihren Strukturen als „Verfassungsschutz" weiter arbeiten zu lassen.

Zu diesem Punkt verwies Dr. Neubert auf seine persönliche Ansicht, dass die juristische Verfolgung und Bestrafung der Stasi- und Grenzverbrechen, konsequenter hätte erfolgen müssen.

Angesprochen auf den aktuellen Stand des Zusammenwachsens Deutschlands konnte Dr. Neubert gerade unter Verweis auf die eigene Sprache der DDR und Ostdeutschlands, die nicht lexikalisch als durch die Art der Verwendung unter Bedingungen der Diktatur gekennzeichnet ist, verdeutlichen, dass die Herrschaft der SED ein tiefliegendes Erbe hinterlassen hat, dessen sich die Erben der SED leider immer noch bedienen können. Dennoch sieht er die Wiedervereinigung Deutschlands als logischen und richtigen Schritt zur Etablierung eines funktionierenden demokratischen Rechtsstaates an.

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