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Veranstaltungsberichte

"Wenn Mutti früh zur Arbeit geht"

von Maja Eib, Katharina Wall

Eine Arbeit mit Nadja Klier für den RBB

Film und Gespräch

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Am 28. März lud das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit dem Frauenzentrum Leinefelde interessierte Bürgerinnen und Bürger zu dem Film „Wenn Mutti früh zur Arbeit geht – Frauen in der DDR“ und anschließendem Gespräch mit der Regisseurin Freya Klier und der Landtagsabgeordneten Christina Tasch ein.

In einleitenden Worten stellte Maja Eib, Leiterin des Politischen Bildungsforums Thüringen, Freya Klier vor und beschrieb ihre Bemühungen und Projekte rund um die Aufarbeitung der beiden deutschen Diktaturen. Sie wünschte den Gästen einen spannenden und gesprächsreichen Abend.

Wenn Mutti früh zur Arbeit geht – Der Film

Der Film „Wenn Mutti früh zur Arbeit geht“ beleuchtet die Thematik rund um die Gleichberechtigung der Frauen in der DDR. Mittels der Befragung unterschiedlicher Frauen aus verschiedenen Generationen, dem Einbeziehen originaler Ausschnitte aus dem DDR-Fernsehen und Expertenin-terviews zeichnet Freya Klier gemeinsam mit ihrer Tochter, Nadja Klier, ein differenziertes Bild von dem Leben der Frauen in dem sozialistischen deutschen Staat.

Zu Beginn stellt Klier den Zuschauern ihre Mutter vor: als Leiterin für Arbeitsökonomie und wissen-schaftliche Arbeitsorganisation war sie in dem Betrieb Polypack in Dresden tätig. Gemeinsam sieht man sie mit ehemaligen Kolleginnen über die alte Fabrikanlage gehen und hört ihren Reflektionen über vergangene Zeiten zu. Einerseits war der Druck bei der Planerfüllung natürlich immens, ande-rerseits gab es jedoch auch einen Friseur und einen Schuhmacher im Betrieb, sogar ein Kinder-garten und ein regelmäßiges Ferienlager für die Kinder konnten genutzt werden. Alles in allem fühlte man sich in seinem Betrieb geschätzt.

Die Stellung der Frau im Laufe der Geschichte der DDR

Im weiteren Verlauf unterscheidet Klier bewusst zwischen den einzelnen Phasen der DDR und betont, dass die Situation der Frau in fast jedem Jahrzehnt eine etwas andere war. Mithilfe der Soziologin Dr. Hildegard Maria Nickel von der Humboldt Universität zu Berlin erörtert sie im Laufe des Films die Position der Frauen: am Anfang ging es demnach vorrangig um die Eingliederung der Frauen in den Arbeitsmarkt, wobei in den 60er Jahren der Schwerpunkt stark auf der Weiterbildung und Qualifizierung für bestimmte Berufe lag. Zu Beginn der 70er Jahre tendierte die Politik eher hin zu einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf und es wurde immer ersichtlicher, wie bereits die Kleinsten in den Krippen sozialistisch geprägt wurden. Zum Ende des Jahrzehnts hin waren fast 90% aller Mütter berufstätig und die Schichtarbeit verschlechterte die Situation der Frauen weiter. Sie selbst, die Kinder und ihre Beziehungen blieben oft auf der Strecke, die Folge war eine steigende Scheidungsrate. Die hohe Anzahl an Geburten zu dieser Zeit macht die Kindergärten und Krippen immer mehr zu einer Art „Ablagestellen“ für den Nachwuchs und die Überlastung ver-hindert eine kindgerechte Betreuung. Ende der 80er Jahre sind immer noch ¾ der unterbezahlten Werktätigen Frauen.

Die Verschärfung der Arbeitsbedingungen für Frauen und die fehlende Anerkennung von Müttern, die Zuhause ihre Kinder großzogen, führte im Laufe der Jahre zu einer steigenden Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen. Diese Tatsache schockiert nicht nur heute, auch damals reagierte man an oberster Stelle: auf dem 11. Parteitag der SED 1985 wird der Kreissaal zum „Kampfplatz für den Frieden“ erhoben. Maßnahmen wie die Vergabe der Ehekredite nach Kindern und andere sollten für eine steigende Geburtenrate sorgen, dies geschah jedoch nicht. Erst nach der Wende kamen nach und nach wieder mehr Kinder auf die Welt.

Nach dem Mauerfall bricht eine neue Zeit an. In den Gesprächen mit den Frauen kommt heraus, dass viele diese Zeit als eine Art Befreiung wahrnahmen und eine Aufbruchsstimmung in der Luft lag. Ihrer Meinung nach haben die Frauen diesen Umbruch leichter hinnehmen können als die Männer, vor allem da sie keine hohen Positionen zu verlieren hatten.

Unterschiedliche Wahrnehmungen im Bereich der Gleichberechtigung von Männern und Frauen

In ihrem Film lässt Klier die unterschiedlichsten Frauen zu Wort kommen. Neben ihrer Mutter und deren Kolleginnen erzählt auch eine Krankenschwester, die ihre Kinder zuhause aufzog und später doch noch Leiterin einer Schwesternschule wurde, von ihrem Leben und auch die Perspektive der Frauen auf dem Land wird nicht vernachlässigt: Im Gespräch mit Männern und Frauen, die in den 80er Jahren in einer LPG auf dem Feld arbeiteten und Kälber aufzogen, zeigt sie auf, welche Per-spektiven man auf das Rollenbild von Mann und Frau weit ab von der Stadt hatte.

Jedoch zeigt sich vor allem aufgrund einer Umfrage unter Bürgern heute, dass die Situation der Frau vor allem im Nachhinein sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Auf die Frage: „Gab es in der DDR Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen?“ erhält Klier viele unterschiedliche Antworten. Die einen verneinen sie, andere sagen ja, die Frauen wurden sogar extra gefördert. Manche meinen, dass es eine solche Gleichberechtigung dem Gesetz nach gab, in der Realität jedoch nichts davon zu spüren war. Und eine Frau antwortete gar, dass sie für ihre Gleichberechtigung einfach selbst gesorgt habe.

Diskussion

Im Anschluss an den Film stellte sich die Autorin und Regisseurin Klier den Fragen und Anmerkungen der Gäste. Neben der Anmerkung, dass Frauen damals einfach zum finanziellen Leben der Familien beitragen mussten, dem empfundenen Druck von außen bei der Kindererziehung Zuhause und der Tatsache, dass viele Frauen ihre Arbeit sicher auch sehr gerne getan haben, ging es auch kurz um die Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft.

Christina Tasch, MdL beendete den Abend mit einigen Worten. Der Film sei ihrer Meinung nach sehr gelungen, da er weder ein zu positives, noch ein zu negatives Bild von der Situation der Frauen in der DDR zeichnet. Gerade dieser Aspekt des Lebens in der DDR müsste weiter diskutiert werden, nicht nur in Ost- sondern auch in Westdeutschland und Projekte wie dieses seien wunderbar, um Vorurteile zu beseitigen, aufzuklären und aufzuarbeiten.

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