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Veranstaltungsberichte

„Zukunft des Alters“ Teil 1

von Maja Eib

Standortbestimmung zwischen Chancen und neuen Herausforderungen

Tagung zur Auseinandersetzung mit den Folgen des demographischen Wandels und daraus resultierende Zukunftsmodellen mit Prof. Ursula Lehr (Bundesministerin a.D.), Dr. Klaus Zeh (Thüringer Minister für Soziales, Familie, Gesundheit), Prof. Dr. Klaus Höffken (Universitätsklinikum Jena), Prof. Dr. Englert (Leibniz-Institut Jena), Dr. Albin Nees (Präsident des Deutschen Familienverbandes), Johanna Arenhövel (Gleichstellungsbeauftragte), Dr. Guido Raddatz (Stiftung Marktwirtschaft Berlin), Antje Tillmann MdB, Martin Pollok (MDR), Stephan Illert (Staatssekretär), Norbert Pößel (Thür. Landsenioren)

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Das Bildungswerk Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. veranstaltete anlässlich des „Europäischen Jahres der Chancengleichheit für Alle“ eine Tagung unter dem Titel „Die Zukunft des Alters – Standortbestimmung zwischen Chancen und neuen Herausforderungen“, um über wichtige Fragen der Zukunftsgestaltung zu diskutieren sowie Impulse für die Arbeit in den entsprechenden Vereinen und Verbänden zu geben.

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Minister Dr. Klaus Zeh
In seinem Grußwort zur Veranstaltung stellte der Thüringer Minister für Soziales, Familie und Gesundheit, Dr. Klaus Zeh, die Problematik des Alters als eine Aufgabe heraus, die es zu gestalten gilt. Diese ist jedoch nicht nur als einseitiges politisches Handlungsfeld zu betrachten, sondern als eine Querschnittsaufgabe in allen Bereichen politischen Handelns, wie beispielsweise Kultur, Sport und karitative Betätigung. Weiterhin konstatierte er die negative Konnotation des Begriffs „Überalterung“ und die von ihm ausgehende falsche Signalwirkung. Demgegenüber stellte er den Begriff der „Unterjüngung“. So ist nicht nur die zunehmende Anzahl älterer Menschen, sondern auch die zu niedrige Geburtenrate bedeutungsvoll.

Alters- und Nachwuchssicherung gehören zusammen und müssen in politischen Prozessen eingebracht werden.

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Prof. Ursula Lehr
In dem anschließenden Einführungsreferat, „Der demografische Wandel – eine Herausforderung für den Einzelnen und die Gesellschaft“, erläuterte Frau Prof. Dr. Ursula Lehr zunächst die Merkmale des demografischen Wandels. Drei Aspekte sind hierbei von besonderer Bedeutung. Zum einen, dass immer mehr Menschen ein höheres Alter erreichen, zum anderen die sinkenden Geburtenzahlen und schließlich die Entvölkerung ganzer Regionen.

Besondere Herausforderungen für den Einzelnen und die Gesellschaft ergeben sich aufgrund der folgenden Sachverhalte:

  • der zunehmenden Lebenserwartung des Einzelnen

  • dem Älterwerden der Gesellschaft

  • dem veränderten Verhältnis zwischen den Generationen

  • dem Wandel des 3-Generationen-Vertrages zum 5-Generationen-Vertrag

  • sowie der zunehmenden Pflegebedürftigkeit

Weiterhin hebt Sie hervor, dass sich aus der immer älter werdenden Gesellschaft die Verpflichtung ableiten lässt, alles dafür zu tun, um das hohe Lebensalter möglichst gesund und kompetent zu erreichen. Hierbei ist auch jeder Einzelne gefordert. Aktivität im körperlichen Bereich ist dabei ebenso bedeutungsvoll wie im kognitiven und sozialen, hierzu zählt beispielsweise die Übernahme bürgerschaftlichen Engagements. Eine Verantwortlichkeit im gesellschaftlichen Bereich sieht Frau Prof. Lehr u.a. in der Gestaltung „seniorengerechter“ Städte.

Tagungsteil 1: „Das Alter im Wandel der Zeiten“

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Prof. Klaus Höffken
Prof. Dr. Klaus Höffken vom Universitätsklinikum Jena erörterte im Rahmen seines Vortrags den „Altersbegriff aus medizinischer Sicht“. Hierbei stellte er heraus, dass keine klaren Grenzlinien existieren, mit denen bestimmbar ist, ab wann ein Mensch alt ist. Vielmehr bestehen unterschiedliche Definitionen nebeneinander. Zu Ihnen gehören die kalendarische, die funktionelle, die biologische und die soziologische. Alter wird in der Medizin zumeist mit gesundheitlichen Defiziten assoziiert, die sich auf altersbedingte Einschränkungen von Organfunktionen beziehen. Dabei ist das Nebeneinander-Bestehen einer Reihe unterschiedlicher Erkrankungen typisch. Alter bedeutet für die Medizin eine Verlagerung der Gewichtung von „Gesundheit und Heilung“ auf „Besserung und Linderung“. Das Ziel der geriatrischen Medizin ist der Erhalt und die Wiederherstellung funktionaler und sozialer Kompetenz, die es den alten Menschen ermöglichen, sich im Alltag weitestgehend selbst zu versorgen und den Anforderungen des täglichen Lebens zu entsprechen.

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Johanna Arenhövel
Frau Arenhövel wandte sich in ihren Ausführungen den geschlechtsspezifischen Aspekten im Alter zu. Drei Tatbestände sind hierbei von besonderer Relevanz.

Erstens werden Frauen älter als Männer. Hat ein im Jahr 2006 geborenes Mädchen eine durchschnittliche Lebenserwartung von 82,1 Jahren, so liegt diese bei einem Jungen des gleichen Jahrgangs bei 76,6 Jahren.

Zweitens sind mehr Frauen als Männer pflegebedürftig. Bei einer Anzahl von insgesamt 2,05 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland liegt der Anteil der Frauen mit 1,36 Millionen deutlich höher.

Drittens sind mehr Frauen als Männer Pflegepersonen. Betrachtet man den Anteil der Hauptpflegepersonen, so liegt dieser mit 73% bei den Frauen deutlich vorn. Angesichts der sich ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sollte diese Aufgabe nicht nur vermehrt Anerkennung finden, sondern auch als gesamtgesellschaftliche Problematik betrachtet werden. Sowohl beidseitiges partnerschaftliches Engagement, als auch die Unterstützung in den Familien muss verstärkt in den Blick gerückt werden.

Ebenso wichtig ist es, die junge Generation in Erziehung und Bildung frühzeitig mit der Thematik vertraut zu machen. Eine geschlechtersensible Betrachtungsweise des Alters kann gerade auch deshalb sinnvoll sein, da sich die Rollenbilder von Frauen und Männern ändern, die Lebensbedürfnisse sich (auch) im Alter unterscheiden sowie angesichts der Tatsache, dass Frauen und Männer unterschiedliche Erwerbsbiographien durchlaufen und entsprechend unterschiedliche Renten erhalten.

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Prof. Christoph Englert
Mit den biologischen Bedingtheiten des Alters beschäftigte sich Prof. Dr. Christoph Englert vom Leibniz-Institut Jena in seinem Vortrag, in dem er in vier prägnanten Thesen die „Genetik des Alters“ charakterisierte. So legt er in seiner ersten These dar, dass Entwicklung und Altern untrennbar miteinander verbunden sind: Altern beginnt mit der Zeugung. Obgleich die Lebenserwartung der Menschen dramatisch und kontinuierlich gestiegen ist, greifen die genetischen Prozesse erst in sehr viel längeren Zeiträumen. Altern (verstanden als der Zuwachs an Lebenserwartung) ist, so seine zweite These, umweltbedingt. In seiner dritten These kennzeichnet er das Alter als einen stochastischen Prozess. Demzufolge existiert eine zufällige Komponente in der Definition der Lebensspanne, die es trotz Kenntnis der Umweltbedingungen und des genetischen Profils als prinzipiell unmöglich erscheinen lässt, ein genaues Alter (die Lebensspanne) vorherzusagen. Für den Menschen, wie für jede andere Spezies, gibt es dennoch eine genetisch bedingte maximale Lebensspanne. Zudem werden auch die individuelle Lebenspanne und Alterserscheinungen maßgeblich von Genen bestimmt. Altern ist, so die abschließende These, genetisch bedingt.

In der anschließenden Diskussion, moderiert von Antje Tillmann MdB, wurden Fragen zu unterschiedlichen Sachverhalten aufgeworfen. So beispielsweise: Die Frage nach der Pauschalisierung in der Medizin oder der Problematik der Zunahme der Altersarmut.

  • Gibt es eine Chancengleichheit gesund alt zu werden?

  • Wurden bisher in der medizinischen Versorgung der Krankenhäuser hinreichend auf die Bedürfnisse alter Menschen eingegangen?

  • Ist die Medizin männlich?

  • Ist Pflege im Haus ein Auslaufmodell?

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An den ersten Teil der Tagung anschließende Diskussion mit dem Publikum, moderiert von Antje Tillmann MdB

Tagungsteil 2: „Politik in der alternden Gesellschaft“

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Dr. Guido Raddatz
Dr. Guido Raddatz von der Stiftung Marktwirtschaft Berlin beschäftigte sich in seinem Vortrag „Finanzierung von Gesundheit und Pflege“ mit den wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen des Alters. Stellt die Finanzierung von Gesundheit und Pflege bereits heute unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen, so werden diese in den kommenden Jahrzehnten noch weiterhin zunehmen. Vor allem der „doppelte Alterungsprozess“ und die überproportionale Steigerung der Kosten im Gesundheits- und Pflegesystem, insbesondere aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts, sind in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Mit steigendem Lebensalter steigt auch die Inanspruchnahme von Gesundheits- und Pflegeleistungen, wohingegen die Beitragszahlungen mit dem Ende des Erwerbslebens sinken. Die kommenden Generationen würden somit deutlich stärker belastet werden. Um das Problem der lohnbasierten Finanzierung sowie dem damit verbundenen Finanzierungsdefizit in der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung zukunftsorientiert zu lösen, schlägt Raddatz u.a. die Abkopplung der Arbeitskosten von den Gesundheits- und Pflegeausgaben vor.

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Dr. Albin Nees
Dass Familie nicht ausschließlich als Eltern-Kind-Beziehung und Phase der Kindererziehung verstanden werden kann, zeigt Dr. Albin Nees, Präsident des Deutschen Familienverbandes in seinen Ausführungen zur „Stärkung der familiären Solidarität“ und deren „Bedeutung für das Alter“ auf. Familiäre Solidarität ist ein Zusammenspiel aus Elternverantwortung und Kinderverantwortung, bei dem die Rollen des Gebenden und Nehmenden wechseln (können) und nicht dauerhaft fundamentiert sind. Für das Alter ist dies höchst bedeutungsvoll, da es dem älter werdenden Menschen grundsätzlich Zuversicht verleiht und die Angst vor personaler und wirtschaftlicher Armut nimmt.

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Norbert Pößel
Norbert Pößel informierte über die „Anforderungen an die künftige Seniorenverbandsarbeit“ und stellte deren Aufgaben dar, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Diese betreffen neben einer wirksamen, den Bedürfnissen älterer Menschen entsprechenden Beratung, Information und Weiterbildung auch die Gestaltung einer Zusammenarbeit mit interessenverwandten Verbänden und Organisationen u.ä.. Aber auch die Nutzung professioneller Berater und Einrichtungen, eine offensive Öffentlichkeitsarbeit sowie die Einflussnahme der Verbandsarbeit auf das Lebensumfeld der Mitglieder, die gerade im ländlichen Raum gefordert ist, da sich hier der demografischer Wandel besonders stark auswirkt, werden als wichtige Faktoren einer erfolgreichen Seniorenverbandsarbeit genannt.

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Staatssekretär Stephan Illert
Den „Herausforderungen des demographischen Wandels in Thüringen aus politischer Sicht“ widmete sich Staatssekretär Stephan Illert in seinem Vortrag. Diesem zufolge ergeben sich durch die Abwanderung von Jüngeren und besser Ausgebildeten Risiken für eine positive Wirtschaftsentwicklung. Auch wirkt diese Tendenz innovationshemmend. Eine erfolgreiche Gestaltung des demographischen Wandels hängt davon ab, inwieweit es gelingt, die Wirtschaftsstruktur und Einkommensperspektive aufzuwerten und das Land für Familien attraktiv zu gestalten. In der Familienoffensive der Thüringer Landesregierung sieht Illert eine vorausschauende Maßnahme, um dem demographischen Wandel zu begegnen. Weiterhin stellte er heraus, dass die Gestaltung des demographischen Wandels nicht allein die Aufgabe des Staates sein kann, sondern dass dieser vielmehr Anreize für eine Aktivierung der Bürgergesellschaft, einer sozialen und ehrenamtlichen Selbstorganisation, schaffen muss.

In der anschließenden Diskussion, moderiert von Martin Pollok, wurden zahlreiche Erfahru ngsberichte und Fragestellungen zu den besprochenen Themenfeldern artikuliert. So zum Beispiel ob es möglich ist, die stärkere Privatisierung im Gesundheitssystem mit der zunehmende Altersarmut in Einlang zu bringen. Die Frage nach der Überforderung von Seiten der Politik, die vielfältige Aufgaben (u.a. der Nachwuchssicherung, der qualifizierten Einbringung auf dem Arbeitsmarkt, der Pflege Angehöriger) an die Bürger stellt. Die Frage nach der Gewichtung von politischen und ökonomischen Interessen bei die Finanzierung von Gesundheit und Pflege gegenüber ethischen Maßstäben. Die Frage nach der finanziellen Absicherung pflegender Angehöriger. Oder der Frage nach der Aufgabe der Medien ein modernes Altenbild zu vermitteln.

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Das Podium in der Abschlussdiskussion mit dem Publikum, moderiert von Martin Pollok

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