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Veranstaltungsberichte

Rückblick auf das Seminar "Deutschland 2030 - Zukunft bewusst gestalten"

Eröffnungsseminar der Point Alpha Akademie in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bildungswerk Erfurt

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Wie wollen wir im Jahr 2030 leben? Womit müssen wir uns in zwanzig Jahren auseinandersetzen? Wie können wir unsere Zukunft gestalten? Diese Fragen standen dem zweitägigen Seminar „Deutschland 2030 – Zukunft bewusst gestalten“ am 24. Und 25. September 2011 in der Point Alpha Akademie in Geisa voran. Und sie hätten wohl nirgends besser gestellt werden können als an diesem Ort, an dem so deutlich sichtbar wird, was innerhalb von zwanzig Jahren entstehen kann. Am ehemaligen US-Beobachtungsposten Point Alpha standen sich bis zum Mauerfall die Vorposten von NATO und Warschauer Pakt gegenüber. Aus den Beobachtungstürmen, Mauern, Camps und dem Kolonnenweg ist heute eine Gedenkstätte entstanden, die die Bedrohung des Kalten Krieges authentisch konserviert. Wie aus militärischem Sperrgebiet ein Ort des Gedenkens und wie aus diesem auch die Bildungsstätte Point Alpha Akademie geboren wurde, bildete einen sinnvollen Hintergrund, um davor über Zukunft zu diskutieren. Das Seminar „Deutschland 2030“ war das Eröffnungsseminar der hiesigen Point Alpha Akademie und entstand in Kooperation mit dem Bildungswerk Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Das Seminar bestand aus zwei großen Blöcken. Am ersten Tag konnten sich die Teilnehmer mit Experten aus Medien, Politik und Wirtschaft zusammenfinden und sich mit ihnen über die „Wirtschaft und Arbeitswelt 2030“, „Familie 2030“ und „Deutschland in Europa 2030“ austauschen und eigene Gedanken entwickeln. Diese wurden am Schluss präsentiert und in großer Runde diskutiert.

Wirtschaft und Arbeitswelt 2030

Mit dem prominenten Zukunftsforscher Dr. Joachim Ragnitz, stellvertretender Geschäftsführer des ifo-Institutes in Dresden, diskutierten die Teilnehmer die Frage, wie unsere Gesellschaft auf die demografischen Herausforderungen der Zukunft reagieren kann. Sie konzentrierten sich hierbei auf die regionalen Disparitäten, die durch den Wegzug junger qualifizierter Kräfte und dem Zurückbleiben von älteren Teilen der Bevölkerung entstehen. Die Gruppe identifizierte Probleme vor allem im Bereich des Öffentlichen Nahverkehrs, bei der ärztlichen Versorgung und dem Erodieren von Familienstrukturen.

Um dem Entgegenzusteuern, diskutierte die Gruppe für die drei Problemfelder mögliche Lösungen. Beispielsweise erkannten sie für die fehlende Verkehrs-Infrastruktur im ländlichen Raum Anrufbussysteme auf ehrenamtlicher oder privatwirtschaftlicher Ebene oder auch Mitfahrzentralen. Andererseits könnten aber auch Wege in die Stadt erspart werden, in dem Dienstleistungen gebündelt nach Hause kommen. „Fliegende Krankenschwester“ nannten das die Teilnehmer – eine Pflegekraft, die gleichzeitig Essen mitbringt, den Gaszähler abliest und Versicherungen verkauft. Das könnte auch eine Reaktion auf den Ärztemangel auf dem Land sein, dem man mit Honoraranreizen, Entbürokratisierung, Ärztezentren und Unterstützung bei Praxisübernahmen begegnen sollte. In der Diskussion wurde außerdem angemerkt, dass man ohne das gezielte Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland dem Missstand nicht begegnen könne. Für das Problem des fehlenden familiären Zusammenhaltes erachtete die Gruppe Modelle wie „Leih-Omas“ oder Mehrgenerationenhäuser als Schritte in die richtige Richtung.

Familie 2030

Mit diesem Thema stieß die Gruppe auch die Denkrichtungen des Workshops Familie 2030 vor. Mit Stefan Becker, dem Geschäftsführer von berufundfamilie und dem Thüringer Generationsbeauftragten Michael Panse erkannten die Teilnehmer in der Diskussion, dass das Verständnis von Familie stets ein sehr individuelles ist, was sich auch an den vielfältigen Formen des familiären Miteinanders zeigt. Das macht es schwierig für Politik und Gesellschaft, eindeutige Lösungen zu entwickeln, wie Familien unterstützt werden können um einerseits Kinder in die Welt zu setzen und zweitens die Elterngeneration zu pflegen.

Die Gruppe einigte sich darauf, dass es einen Prozess der stetigen Sensibilisierung braucht – sowohl durch Medien, Politik und Wirtschaft, vor allem aber auch im persönlichen Umfeld. „Es fehlen Patentrezepte“, sagten die Teilnehmer in der Diskussion, „aber es gibt Rezepte.“

Deutschland in Europa 2030

Über die Zukunft Europas nachzudenken, ist in Zeiten der Euro-Krise wichtiger denn je. Trotzdem wollten sich die Teilnehmer der Gruppe „Deutschland in Europa 2030“ nicht mit tagesaktuellen Diskussionen aufhalten und debattierten mit der Redakteurin der Financial Times Deutschland, Barbara Schaeder, und dem Vorsitzenden des Europaausschusses des Hessischen Landtags, Aloys Lenz, die größeren Fragen. Was verstehen wir unter Europa? Wo soll es enden? Brauchen wir eine Wirtschaftsregierung? Wie viele Transferleistungen wollen wir aufbringen? Hat Europa zwei Geschwindigkeiten?

Nach kontroversen Debatten einigte sich der Workshop darauf, dass die Grenzen der EU die Grenzen des Kontinents sein sollten. Das schlösse eine Mitgliedschaft Israels und der Magrebstaaten aus. Außerdem muss der emotionale Begriff „Europa“ intensiver vermittelt werden in Schulen, Medien, aber auch im politischen Wahlkampf, da sonst die demokratische Legitimität gefährdet ist. Die Teilnehmer erwarteten zudem eine gemeinsame Wirtschaftsregierung, die auch eine strikte Schuldengrenze zieht, um Bedrohungen wie die jetzige künftig zu vermeiden. Sie einigten sich darauf, dass ein Europa der zwei Geschwindigkeiten unvermeidbar sein wird und es in Zukunft notwendig sein wird, mit einer Stimme nach außen zu sprechen.

Die Thesen des Tages wurden am Abend in einen informellen Dialog mit prominenten politischen Gästen gebracht. Dieter Althaus, Ministerpräsident Thüringens a.D. und Dr. Walter Arnold, Hessischer Finanzsekretär a.D. sprachen als „Dinner Speaker“ darüber wie politische Ideen umgesetzt werden können. Sie veranschaulichten das besonders am Beispiel „Point Alpha“, dass beide maßgeblich bei der Entstehung unterstützt haben.

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen von Point Alpha. Berthold Dücker, Gründer der Point Alpha Stiftung erzählte, wie aus einem Stützpunkt eine Gedenkstätte wurde, von den Widerständen und von der „Bandbreite des zähen Ringens und Kämpfens.“ Er schloss seinen Vortrag mit der Aufforderung: „Haben Sie Mut, es lohnt sich immer!“ Ein besseres Fazit hätte es für die Teilnehmer nicht geben können, wie die Zukunft anzugehen ist.

Text: G. Taubert

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