Angesichts der unter Druck geratenen liberalen Weltordnung solle der Partner-Atlas dazu anregen, „unseren Blick auch über etablierte Partnerschaften hinaus zu werfen und uns nach Partnern umzusehen, deren Kooperationspotential noch nicht voll ausgeschöpft ist“ – sagte Dr. Peter Fischer-Bollin, Leiter der Hauptabteilung Analyse und Beratung der KAS, in seiner Eröffnungsrede. Der Begriff „Partner“ eigne sich zudem besonders, um das Spektrum von Freundschaft bis hin zur Zweckkooperation abzubilden. Angesichts der ständigen Veränderungen im internationalen System, besonders am Beispiel von Belarus verdeutlicht, wird sich das Projekt weiterentwickeln müssen und versuchen, weitere potenzielle Partnerländer über die bisherigen 25 Fallanalysen in den Blick zu nehmen.
Sebastian Enskat, Leiter der Abteilung „Demokratie, Recht und Parteien“, leitet die erste Podiumsdiskussion mit Verweis auf Konrad Adenauer ein, für den es das größte Unglück der deutschen Geschichte war, dass Deutschland stets ohne wirkliche Freunde gewesen sei. „Heute“, so Enskat, „ist Deutschland Teil eines dichten Gefüges aus Freunden und Verbündeten, allerdings auf Basis einer Weltordnung, die immer mehr Risse bekommt“. Anschließend stellte er die Frage in den Raum, welche Rolle Wertepartnerschaften in diesem Zusammenhang spielen sollten. Dr. Andreas Nick MdB stellt den Widerstreit gesinnungs- und verantwortungsethischer Argumente in den Mittelpunkt und betonte, dass wir nicht „drumherum kommen werden, Kompromisse mit schwierigen Ländern einzugehen.“ Ein anderer, wohlmöglich zielführenderer Ansatz für potenzielle Wertepartnerschaften sei es, so Liana Fix aus der Körber Stiftung, „den Fokus von den Regierungen auf die Zivilgesellschaften zu verschieben“, die oft wertekompatibler seien als ihre Regierungen.
Evelyn Gaiser, Leiterin des Auslandsbüros der KAS in Costa Rica, betonte, dass autoritäre Regierungen auf der Weltbühne „immer mehr an globalem Einfluss gewinnen und drohen, in das Machtvakuum zu treten, das durch die kriselnde freiheitlich demokratische Weltordnung entsteht.“ Deutschland müsse stärker auf sein gutes Standing als Vermittler und Handelspartner bauen und auch verstehen, dass „Wertepartnerschaften“, so Michael Bauer, Referent in der Abteilung Naher Osten und Nordafrika, „implizieren, dass auch wir die Interessen und Werte unserer Partner anerkennen und in unserem Land vertreten müssen – nicht nur andersherum“.
Die Bundestagsabgeordnete Gisela Manderla bezeichnet in der folgenden Paneldiskussion, „Migration, Klimawandel und Wasser“ als die größten Herausforderungen unserer Zeit und hielt fest: „Für unseren Frieden und unsere Sicherheit, ist die Stabilität von Schlüsselländern in einer globalisierten Welt unabdingbar.“
Dabei könne man sich auf transnationale Solidarität nicht mehr verlassen, so Dr. Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik. In Konfliktsituationen weiterhin auf die Partnerschaft mit den USA unter der Präsidentschaft Trumps zu bauen, könne „die deutschen und europäischen Handlungsspielräume eher verkleinern als vergrößern“. Der Begriff der Partnerschaft werde so nicht nur positiv besetzt sein.
Dr. Ellinor Zeino, Leiterin des KAS-Auslandsbüros in Afghanistan und Anja Berretta, Leiterin des KAS-Regionalprogramms für Energiesicherheit und Klimawandel in Subsahara-Afrika, betonten die Notwendigkeit einer stärkeren Präsenz Deutschlands sowohl in Afghanistan als auch in den Ländern Subsahara-Afrikas, um bei zunehmenden Einfluss von Ländern wie China oder Russland auf „die fördernde Rolle von Good Governance zu setzen.“
Der Vorsitzende der KAS, Prof. Dr. Norbert Lammert, rückte einleitend für die abschließende Podiumsdiskussion das Fragezeichen im Titel des Atlas in den Mittelpunkt und fragte: „Gibt es überhaupt eine neue Weltordnung?“.
Dr. Norbert Röttgen MdB sprach in dem Zusammenhang von einer Umbruchsphase zwischen der alten und einer neuen Weltordnung, in der „die Machtstrukturen neu ausgefochten werden“. Die Frage sei aber, ob Deutschland dabei nur zuschaue oder eine aktiv gestaltende Rolle einnehme. Dafür, so Dr. Jana Puglierin, Direktorin des ECFR, müsse Deutschland aber die Sprache der Macht lernen. Macht bestehe heutzutage aus den alten militärischen Formen des 19. Jahrhunderts und aus „neuen Machtformen wie Daten- und Kapitalflüssen“. Manuel Sarrazin MdB sah die Herausforderung in einer schwindenden Führungsmacht der USA, der wir europäisch gedacht besser begegnen können, wenn „Deutschland seine Interessen ehrlich kommuniziert. Nur dann finden wir auch zu gemeinsamen europäischen Interessen und weitreichenderer Handlungsfähigkeit.“
Dr. Puglierin betonte abschließend: „Wir müssen uns unserer unique selling points bewusst werden“. Sie sehe Deutschland in der Kooperation mit anderen beispielsweise asiatischen und lateinamerikanischen Demokratien als Leuchtturm, als Anknüpfungsmacht für andere Länder und potenzielle Partner.
Dr. Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär und Leiter der Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit (EIZ), betonte zum Abschluss noch einmal wie wichtig es sei, die Partnersuche auch in Zukunft fortzusetzen und dabei sowohl unsere Werte als auch unsere Interessen im Blick zu behalten.
Videomitschnitt des Livestreams: