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Veranstaltungsberichte

Wandzeitung. Das Vergehen des Thomas Jonscher

Lesung mit anschließender Diskussion

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Die Veranstaltung mit dem bekannten Autor und Journalisten widmete sich seinem aktuellen Buch „Wandzeitung. Das Vergehen des Thomas Jonscher“. Im Gegensatz zu seinen vorherigen Büchern, stellte er im vorliegenden Werk am konkreten Einzelfall den konkreten Spitzel- und Überwachungsalltag mit seinen kleinen und großen Repressalien dar.

Sein Buch entstand aus konkreten Recherchen in Staatssicherheitsakten, Zeitzeugenbefragung und insbesondere persönlichen Interviews mit Thomas Jonscher.

Thomas Jonscher schien als Sohn eines Stasi-Offiziers seine Karriere vorgezeichnet. Über die „Organe des Ministeriums des Innern“ wäre er zum Teil des DDR-Systems geworden, dessen Staat er nicht grundsätzlich ablehnte. In der kurz nachgezeichneten Biographie sieht man die Konflikte eines jungen Menschen, der vom Offiziersanwärter zum wahrgenommenen „Staatsverleumder“ wird. Die Heirat einer Frau mit viel „Westverwandtschaft“ die aufgezwungene Wahl zwischen Familie und Karriere, die er für die Familie entscheidet bringt einen Bruch in seinen Lebenslauf, den er allerdings nur bedingt selbst so wahrnimmt. Seine freudig begonnene Tätigkeit als Hilfskraft in einem Seniorenpflegeheim erscheint ihm als humanerer Weg. Er schließt sich dennoch nicht aus der Gesellschaft aus, was zu der für ihn folgenschweren Wandzeitung führt.

In leicht provokanter Art konterkariert er die Jubelmeldungen der DDR-Presse und prangert unter Bezugnahme auf ausgewiesene DDR-Schriftsteller die nicht vorhandene Meinungsfreiheit an. Ein provokanter Scherz, der ihm 18 Monate Zuchthaus einbringt mit gewöhnlichen Kriminellen.

Roman Grafe stellt die Verhöre und Denkstrukturen der Stasi-Vernehmer beeindruckend realistisch dar, wodurch der perfide und ausgeklügelte Überwachungs- und Strafapparat mehr als sichtbar wird. Als Jonscher das Gefängnis verlassen kann, bleibt auf Nachfrage bei den Denunzianten unter den Kollegen nur ein teilnahmsloses Schulterzucken, das Ihre Tat zum normalen DDR-Alltag verklärt. Sein Vater verstößt ihn, da er seine weitere Karriere verhinderte und dennoch entlarvt ihn wie die Denunzianten der Allgemeinsatz nach dem November 1989: „Wenn ich das vorher gewusst hätte...“

Die Diskussion der Gäste entzündete sich neben den offensichtlichen Repressalien der DDR insbesondere an der Gleichgültigkeit und des teilweise immer noch Leugnens dieser historischen Tatsachen. Dabei wurde gerade die noch immer nur rudimentär erfolgende Aufarbeitung und mangelnde Verurteilung der DDR angeprangert. In diesem Zusammenhang berichtete Roman Grafe auch von seinen Prozessen, die er im Rahmen seiner Veröffentlichungen gegen Täter führen musste. Darauf aufbauend wurde einhellig die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung begrüßt und weitere Verfolgung des Themas angeregt.

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