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Was uns prägt, was uns eint

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Am 16.06.2016 fand im Plenarsaal des Thüringer Landtages eine Veranstaltung zum Thema „Was uns prägt, was uns eint“ statt. Als Referenten waren Christian Carius, Präsident des Thüringer Landtages, Dr. Matthias Rößler, Präsident des sächsischen Landtages , Prof. Dr. Heinrich Best von der FSU Jena und Dr. Joachim Klose, Direktor des Zentrums für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration in Dresden, eingeladen worden. Die Moderation übernahm Ulli Sondermann- Becker, Vorsitzender der Landespressekonferenz Thüringen.

In ihrem Grußwort wies Maja Eib, Leiterin des Politischen Bildungsforums Thüringen, auf das aktuelle Jahresmotiv der Konrad-Adenauer-Stiftung hin: „Was uns prägt, was uns eint“. Dieser Ausdruck sei Frage und Auftrag zugleich und man wolle beiden Anforderungen an diesem Abend ein stückweit nachkommen. Damit übergab sie das Wort an den Landtagspräsidenten Christian Carius.

Aktuelle Debatte um die Leitkultur

In seinem Vortrag ging Christian Carius auf die aktuelle Stimmung im Landesparlament ein und den Flüchtlingsstrom, der seiner Meinung nach die Debatte um die deutsche Leitkultur in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken ließ. Die Frage nach der eigenen Identität sei auch außerhalb von Fußballmeisterschaften zu stellen, was mache „die Deutschen“ aus und was wären Aspekte, die in Bezug auf eine Definition einer deutschen Leitkultur zu berücksichtigen wären. Carius betonte, dass es eine wachsende Kluft zwischen Politik und der Bevölkerung gebe. Entfremdung und Angst dürften die Diskussion über die Veränderungen der Gesellschaft durch Flüchtlinge und Zuwanderung nicht dominieren. Meinungs- und Pressefreiheit seien zu schützende Güter unserer Demokratie, Toleranz und Akzeptanz müssten von allen gesellschaftlichen Gruppierungen ausgestrahlt werden. Dennoch wies Carius auch auf Probleme hin: Parallelgesellschaften dürften nicht verharmlost werden, die Bemühungen im Bereich der Integration intensiviert werden.

Familie und Nation

Dr. Matthias Rößler sprach von einer „entfesselten Welt“ in der wir heute lebten, Globalisierung und Internationalisierung stellten einen Wandel dar, den Rößler als „neue Stabilität“ bezeichnete. Als gesellschaftlich verbindendes Element nannte er zum einen die Familie und die Nation. Im Hinblick auf die Familie nannte Rößler den Aspekt, dass es Aufgabe der Politik sein müsse diese „kleinste Form der Solidargemeinschaft“ zu fördern. Dort finde maßgeblich die Wertevermittlung und der Austausch statt. Die Nation als zweites stabilisierendes Element würde dahingehend als identitätsstiftend empfunden, als das gemeinsame Wurzeln, zum Beispiel im europäischen Kontext das Christentum, die Säkularisierung und die Herausbildung von Nationalstaaten und Patriotismus eine große Rolle spielten. Patriotismus müsse man klar von Nationalismus abgrenzen: Nationalisten stellten sich ideologisch über andere Staaten, Patriotismus erkenne andere Staaten an, pflege aber die eigenen Errungenschaften. Auf die Frage, was Leitkultur für Deutschland bedeute, so nannte Rößler folgende Elemente: das Christentum, den Humanismus und die Aufklärung. Werte und Normen sowie die Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus wurden ebenfalls hinzugezählt. Rößler wies darauf hin, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei, die Stabilität der gesellschaftlichen Werte hervorzuheben seien und Sprache der Schlüssel für eine gelungene Integration in unsere Gesellschaft darstelle.

Nation verbindend und spaltend

Prof. Dr. Best stützte sich in seinem Vortrag auf mehrere Statistiken aus dem „Thüringenmonitor“, die unter der Frage entstanden, was die Menschen eine und was sie trenne. Best nahm besonders die Wiedervereinigung in den Blickpunkt, so hätten sich viele nach der Wende voller Optimismus als Gewinner gesehen, diese Stimmung sei aber relativ schnell ins Gegenteil umgeschlagen. So hätten ein Fünftel der Befragten die DDR als besser, die BRD als schlechter empfunden. Der „Status“ eines Deutschen wurde als „den Ostdeutschen gegenüber verwehrt“ empfunden, man habe sich diskriminiert und minderwertig gegenüber Bewohnern der alten Bundesländern gefühlt. Prof. Dr. Best benannte die Nation zum einen als verbindendes aber eben auch als spaltendes Element, da nach der Wiedervereinigung die Situation des „ständigen Vergleichs“ aufkam, der meist ungünstig gegenüber den neuen Bundesländern und deren Bewohnern ausfiel, oder so empfunden wurde. Im Hinblick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt wies Best darauf hin, dass besonders im Osten Deutschlands der Begriff besser und anders konnotiert sei. Allerdings würde auch alles als störend empfunden, was fremdartig erscheine.

Der Begriff der „Heimat“

Dr. Joachim Klose wies darauf hin, dass die Gesellschaft auseinanderdrifte und durch das wachsende Misstrauen gegenüber der Politik finde eine Radikalisierung im politischen und gesellschaftlichen Diskurs statt. Klose ging auf den Heimatbegriff ein, der sich zunächst in den Ortsbegriff gliederte, den Menschen mit Geborgenheit und Zugehörigkeit definierten. Als zweiten Aspekt wurden die sogenannten „Sehgewohnheiten genannt“, die Erlebnisse, das soziale Umfeld und die Geschichte beinhalte. Drei maßgebliche Faktoren spielten darüber hinaus in der aktuellen Empfindung der Heimat und vor allem in Bezug auf die empfundene Bedrohung des Begriffs eine Rolle, erstens Zukunftsangst und die durch unstrukturierte Zuwanderung entstandene Unruhe in der Gesellschaft, zweitens eine starke Tendenz zum Sozialneid und drittens die wachsenden Ressentiments gegenüber Bevölkerungsgruppen, die religiöser sind, als die bestehende „post- religiöse Gesellschaft“. Dr. Klose sprach sich für mehr Aktivismus in dem Bestreben der gemeinsamen Gestaltung der Gesellschaft aus.

In der sich anschließenden Diskussion wurde besonders das Politikverständnis näher beleuchtet. Demokratie bestehe, laut Prof. Dr. Best aus langfristigen Prozessen, die durch Abstimmung eine längere Dauer bis zur Umsetzung politische Ziele nach sich zögen. Dennoch würden die Stimmen in der Gesellschaft lauter, die Politik und Demokratie als eine Dienstleistung am Bürger verstünden. Dem müsse man entgegenwirken. Durch demokratische Verfahren entstünden legitime Ergebnisse, die durch Diskurse und Debatten sämtliche Meinungen beinhalten. Carius stellte diesbezüglich heraus, dass man Erwartungshaltungen nicht immer gerecht werden könne. Dr. Rößler wies auf die Rechtssicherheit hin, die bei allen politischen Entscheidungen gewährleistet werden müsse. In Bezug auf die Flüchtlingskrise müssten Antworten im Hinblick auf die Organisation und Integration gegeben werden, Menschen hätten kein Problem mit den geflüchteten Menschen, sondern mit der Strukturlosigkeit im Umgang mit ihnen. Dr. Klose schloss die Diskussion mit dem Hinweis, dass das deutsche Grundgesetz die Basis für das Zusammenleben in Deutschland sei und die Stellung der Verfassung gestärkt werden müsse.

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