Veranstaltungsberichte
Am 26. August fand in der Makerere Universität in Kampala eine ganztägige Fachkonferenz statt, die von der KAS, UNIFOG und Makerere University Convocation organsiert wurde. Morgens stand eine reine Expertendiskussion auf dem Programm, und nachmittags konnte auch das Publikum Fragen stellen. Etwa 35 Experten und 160 Teilnehmende diskutieren über den aktuellen Stand und zukünftige Alternativen, und die vier Experten auf dem Podium erklärten und analysierten den Prozess. Dies waren Thomas Tayebwa, Mitglied des ugandischen Parlaments, die zwei Wissenschaftler Prof. Julius Kizza vom Politiklehrstuhl der Makerere Universität sowie Dr. Sara Ssali aus der Abteilung für Gender Studies, und Biel Boutros, der Direktor der South Sudan Human Rights Society for Advocacy (SSHURSA).
Während der beiden Sitzungen wurde auch auf Twitter heftig unter dem Hashtag #SSudanDialogue diskutiert.
Donnas Ojok, KAS Programmmanager, eröffnete die morgendliche Sitzung mit einer Willkommensrede, in der er die Wichtigkeit der Diskussion betonte: „Es ist ganz klar eine Situation, die wir als Kontinent anpacken sollten!“ Michael B. Mugisha hielt anschließend eine Präsentation über die Geschichte des Konflikts im Südsudan und auch er machte deutlich, dass nur ein Staat ohne Gewalt sich entwickeln kann.
Die Plenardiskussion war sehr lebhaft und viele verschiedene Meinungen trafen aufeinander. Das Gespräch drehte sich vor allem um die folgenden vier Schlüsselfragen: 1. Besteht der Staat Südsudan überhaupt? 2. Ist die südsudanesische Regierung legitim? 3. Was hat den Konflikt hauptsächlich zum Ausbrechen gebracht: Waren es ethnische Streitigkeiten, die Unterdrückung und Abhängigkeit im Norden, oder sogar externe Einflüsse? 4. Sollte von außen in den Südsudan eingegriffen werden, und wenn ja, wer sollte die treibende Kraft sein?
Vor allem die letzte Frage wurde hitzig debattiert: Ein Teil der Diskutierenden war davon überzeugt, das seine Intervention von außen den Südsudan nur noch mehr in den Konflikt treibt, während eine andere Gruppe stark dafür plädierte und sich auf humanitäre Aspekte berief. Nach langen Diskussionen waren sich die meisten Experten einig, dass eine Intervention von neutralen Staaten ausgehen sollten, die unparteiisch in den Konflikt eingreifen.
Auch jugendliches Engagement wurde diskutiert: Es wurde deutlich, dass nur durch Miteinbeziehung von jungen Menschen der Konflikt beendet werden kann. Diese sollten besser über ihre Rechte aufgeklärt werden und einen offenen Dialog über den andauernden Konflikt beginnen.
Prof. Julius Kizza, Politikprofessor an der Makerere Universität, beendete die Expertenrunde und plädierte dafür, alle Interessengruppen in einen eventuellen Friedensprozess einzubinden und so zu verhindern, dass unterdrückte Gruppen die Mehrheit auch in Zukunft weiter bekämpfen. Die Vizepräsidentin des Rates der Makerere Universität eröffnete dann den zweiten Teil des Programms mit einer emotionalen Rede, in der sie betonte, die Südsudanesen seien „nicht nur unsere Nachbarn, sondern unsere Brüder und Schwestern“.
Prof. Mahmood Mamdani, der Ehrengast der Veranstaltung, fasste nochmal kurz die Geschehnisse zusammen, die zum aktuellen Konflikt im Südsudan führten. Die vier Podiumsteilnehmer konzentrierten sich dann in vier kurzen Präsentationen auf verschiedene Kernaspekte: Wöhrend Herr Tayebwa z.B. daran erinnerte, dass es auch Teile im Südsudan gibt, wo Menschen ihr normales Leben weiterführen (und das genau in diesen Teilen mit dem Aufbau begonnen werden muss), betonte Herr Biel die Wichtigkeit der Umsetzung des Friedensabkommens von 2015. Prof. Kizza kritisierte Prof. Mamdanis Standpunkt, und Dr. Ssali rückte noch den Genderaspekt ins richtige Licht und betonte, dass auch Minderheiten und unterdrückte Gruppen bei der Staatenbildung eine wichtige Rolle spielen können.
Obwohl verschiedene Meinungen aufeinanderprallten, dominierte doch eine Frage die Diskussion: Sind Stammeskonflikte wirklich die treibende Kraft hinter dem Konflikt im Südsudan? Es war vor allem Prof. Mamdani, der eine tiefgehende Analyse präsentierte: Er betonte, dass Stammeskonflikte zwar eine bedeutende Rolle spielen, aber dass dies nicht in der südsudanesischen Gesellschaft selbst wurzelt, sondern vielmehr von den britischen Kolonialisten herrührt, die Ethnizität politisierten und für afrikanische Kulturen unnatürliche Grenzen zogen. Eine emotionale Debatte folgte. Da nicht alle Teilnehmenden zu Wort kommen konnten, wurde der Wunsch geäußert, bald eine ähnliche Veranstaltung folgen zu lassen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die eintägige Fachkonferenz eine einzigartige Plattform zur offenen Diskussion über Herausforderungen und Möglichkeiten bot. Über 90% der Teilnehmenden waren Südsudanesen – und so war die Qualität der Diskussionen und Argumente authentisch und von hohem Niveau.