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Länderberichte

‘Change has come’... or has it?

von Dr. Norbert Wagner

Rückschlag für Präsident Obama bei „off-year“ Wahlen

Der erste Dienstag im November ist traditionell Wahltag in den USA. Die nationale und internationale Aufmerksamkeit konzentriert sich auf die alle vier Jahre stattfindende Präsidentenwahl. Auch die Zwischenwahlen, bei denen jeweils alle Mitglieder des Hauses und ein Drittel der Senatoren neu gewählt werden, können mit großer Aufmerksamkeit rechnen. Aber auch die weniger beachteten „off-year“ Wahlen haben mitunter weitreichende politische Ausstrahlungen, auch wenn meist nur Politiker in regionale Parlamente und Ämter gewählt werden.

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In diesem Jahr standen diese Wahlen indes unter einem besonderen Vorzeichen. Sie wurden zu einem ersten Test für die Popularität von Präsident Obama und seiner Politik erklärt. Meßlatte für diesen Test waren einige Wahlen, die auch landesweite Bedeutung hatten:

  • Die Wahl des Gouverneurs von Virginia;
  • die Wahl des Gouverneurs von New Jersey;
  • die Wahl des Bürgermeisters von New York und
  • die Nachwahl eines Congressman in einem freigewordenen Wahlkreis in Upstate New York (23. District). Daneben fanden landesweit zahlreiche andere Wahlen statt, die aber nur von nachgeordneter Bedeutung waren.
Die Wahl in Virginia war so interessant, weil Virginia während vieler Jahre republikanisch war und durch starken Zuzug nach Nord-Virginia (Raum Washington) ein demokratisches Übergewicht bekam. Präsident Obama hatte Virginia vor einem Jahr noch mit großem Vorsprung gewonnen. Auch der bisherige Gouverneur, der nicht mehr antreten konnte, war ein Demokrat.

Die Wahl gewann der Kandidat der Republikaner Bob McDonnell mit deutlichem Vorsprung (+17% Punkte). Zusätzlich gewannen die Republikaner auch die Rennen um das Amt des Leutnant Governor und des Attorney General. Die drei wichtigsten Ämter eines Staates in den Händen der Republikaner.

Auch in New Jersey hatte noch vor wenigen Monaten niemand für möglich gehalten, dass ein Nicht-Demokrat die Gouverneurswahlen gewinnen könnte. Von der Bevölkerungsstruktur her und durch die Nähe zu New York haben Demokraten hier einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung vor ihren Konkurrenten. Politische Korruption tut ein Übriges.

In New Jersey gewann gleichwohl der Kandidat der Republikaner Chris Christie mit 4% Vorsprung, ein 20% Umschwung gegenüber dem Resultat von Obama.

Der Bürgermeister von New York genießt große Popularität, kann einige Erfolge aufweisen, hatte schon zwei Amtsperioden hinter sich. Der Rat der Stadt änderte das Wahlgesetz, so dass er ein weiteres Mal kandidieren konnte. Michael Bloomberg, dessen Vermögen auf 17 Mrd. $ geschätzt wird, wandte gar rund 100 Mio. $ aus eigener Tasche für seinen Wahlkampf auf. Und gewann doch nur knapp gegen einen weithin unbekannten republikanischen Kandidaten, Comptroler William Thompson, der keine 10 Mio. $ an Wahlkampfmitteln aufbringen konnte.

Bei der Nachwahl zum House of Representatives konnte sich der demokratische Kandidat nur deshalb durchsetzen, weil sich eine moderate republikanische Kandidatin und ein konservativer unabhängiger Kandidat, der sich selbst als „Conservative“ bezeichnete, die konservativen Wähler streitig gemacht hatten. Die republikanische Kandidatin zog kurz vor dem Wahltag ihre Kandidatur zurück und empfahl ihren Anhängern, den demokratischen Kandidaten zu wählen. So überraschte es wenig, dass dieser schließlich gewann.

Das Weiße Haus wusste offenbar, was auf es zukommen würde. Denn Pressesprecher Robert Gibbs versuchte schon am Wahltag die Bedeutung des Wahlausgangs herunterzuspielen: Präsident Obama würde sich am Wahlabend die Ergebnisse nicht am Fernsehgerät ansehen. Nachdem die Ergebnisse vorliegen, kann man jedoch sicher sein, dass er sie sehr aufmerksam analysieren wird.

Die beiden Niederlagen bei den Gouverneurswahlen bedeuten für ihn einen großen Rückschlag und dürften ernste, kurzfristige Konsequenzen haben. Auch weil er sich in den Wahlkampagnen beider Kandidaten sehr engagiert hatte, vor allem in New Jersey. Während republikanische Wähler ihre republikanischen Kandidaten wählten und demokratische Wähler ihre demokratischen Kandidaten, liefen den Demokraten die unabhängigen Wähler in Scharen davon. Vor alle Demokratische Kongressabgeordnete, die im Jahr 2008 einen ehemals republikanischen Wahldistrict gewonnen haben, werden sich diese Ergebnisse besonders genau ansehen. Denn sie stehen in einem Jahr zur Wiederwahl an.

Diese Abgeordnete werden jetzt noch mehr zögern als bisher, bei Abstimmungen über die Gesundheitsreform oder die Klimaschutzpolitik für Gesetze zu votieren, die dem Staat eine größere Rolle (public option, cap and trade) einräumen sowie Ausgaben und Defizit erhöhen. Der demokratische Congressman Chris van Hollen meinte denn auch zu Recht, alle gegenwärtigen Congressmen „need to be on full alert“. Eric Cantor, republikanischer Congressman, bezeichnete es als „Schuss vor den Bug“ für die Abgeordneten während sie über die Zukunft des Gesundheitswesens entscheiden.

Das Weiße Haus versuchte natürlich, die Bedeutung der Wahlen herunterzuspielen und auf lokale Umstände sowie die Kadidaten zu verweisen. Sicher waren diese Wahlen auch kein Referendum über die Politik von Präsident Obama. Vor allem am Ergebnis von Virginia wird aber deutlich, dass die unabhängigen Wähler, die vor einem Jahr Obama zum Sieg verholfen haben, massenhaft ins republikanische Lager übergelaufen sind. 63% der unabhängigen Wähler haben in Virginia den Republikaner gewählt. Selbst in den Vororten von Washington, die in Virginia liegen, wo Obama vor einem Jahr noch überwältigend gewonnen hatte, siegte der republikanische Kandidat.

Ähnlich in New Jersey. Dort gewann Christie 58% der unabhängigen Wähler. Manche Demokraten wie der ehemalige Gouverneur Douglas Wilder sind deshalb auch besorgt: „It‘s a wake-up call for Democrats across the country“. Seiner Auffassung nach sind die unabhängigen Wähler verärgert über die rapide wachsenden Staatsausgaben und über die Sorglosigkeit, der Obama Adminstration bezüglich der wachsenden Verschuldung.

Der Wahlausgang enthält indes auch eine Lehre für die Republikaner: Sie verlieren, wenn sich ihre konservativen und gemäßigten Flügel bekriegen. Und sie können gewinnen, wenn sie eine moderate, am Zentrum des politischen Spektrums orientierte Botschaft, fokussiert auf wirtschaftliche Themen verkünden.

Ein ehemaliger republikanischer Congressman meinte indes, die Botschaft für die Demokraten sei sehr viel dringlicher: “Any Democrat from a border or Southern or even a rural district has got to take a deep breath and look for some ways to get some distance from Obama”.

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