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Länderberichte

Die Finanzmarktkrise überschattet den Wahlkampf

von Dr. Norbert Wagner

US-Präsidentschaftswahlen 2008

Zuerst gingen Hurrikan Gustav und Hurrikan Ike über den Süden der USA hinweg. Dann wirbelte Hurrikan Sarah Palin die politische Landschaft auf. Die Wahlkampagne Barack Obamas schien dadurch während zweier Wochen wie gelähmt. Die Finanzmarktkrise hat dann Obama gewissermaßen gerettet. Die Aufmerksamkeit wandte sich von Palin ab und dem nächsten Wirbelsturm zu. In diesem Fall der schwersten Finanzmarktkrise seit Jahrzehnten.

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Alles sprach nun wieder für und über Obama. In allen Umfragen wurde ihm schon zuvor größere Kompetenz als John McCain auf dem Felde der Wirtschaft zugesprochen. Obgleich hierfür keine konkreten Fakten sprechen. John McCain wurde beim Ausbruch der Krise mit dem unglücklichen Satz zitiert, die Grundlagen der Wirtschaft seien stabil. Er wurde hierfür von vielen Seiten kritisiert, obwohl er seine Bemerkung eingeleitet hatte mit dem Satz, die Finanzmärkte befänden sich in „turmoil“. Außerdem hatte er mit seiner Bemerkung bezogen auf die reale Wirtschaft nicht ganz Unrecht.

Seit mehr als einer Woche fanden nun in den USA zwei Kampagnen statt, die nur wenig miteinander zu tun hatten.

Secretary Paulson and Chairman Bernake versuchen, der amerikanischen Öffentlichkeit und vor allem dem US-Congress von der Notwendigkeit und Wirksamkeit eines Rettungspakets für die Finanzmärkte in Höhe von 700 Mrd. US-Dollar zu überzeugen. Auf dem Hill fällt es Paulson immer schwerer, Unterstützung für sein Paket zu gewinnen. Der Kongress will mehr Informationen über und Zuständigkeit für die konkrete Umsetzung des Programms: Zu welchem Preis sollen die faulen Kredite aufgekauft werden? Werden später weitere Mittel benötigt? Sollen ausländische Banken in den USA ebenfalls profitieren? Wie soll verhindert werden, dass die CEOs der Banken trotzdem ihre exorbitant hohen Prämien einstreichen? Wie kann der Kongress eine Rolle bei der Überwachung des Programms spielen? Wie kann der US-Steuerzähler geschützt werden?

All diese Fragen sind letztlich Indiz dafür, dass im Kongress nur wenig Begeisterung für das Rettungspaket aufkommt. Sei es, weil man die Gefahren für die US-Wirtschaft und die Weltwirtschaft geringer einschätzt als die meisten Experten, sei es dass man dem Finanzminister nicht die Kompetenz für ein derart großes Budget zugestehen will („more oversight“, „less trust“). Ein gewisses Maß an Populismus ist bei den Gegnern des Pakets wohl auch zu spüren. So ist Mitte dieser Woche zunehmend ungewiss, ob bis Freitag, 26. September, dem vorgesehen letzten Sitzungstag vor den Wahlen, ein Beschluss im Kongress gefasst werden wird.

Die seltsam unwirkliche Situation hätte wohl an diesem Freitag ihren Höhepunkt gefunden. Denn dann ist die erste Fernsehdiskussion zwischen John McCain und Barack Obama geplant. Das schon vor langem vereinbarte Thema: Außen- und Sicherheitspolitik.

Die Finanzmarktkrise könnte also am Freitag auf ihren vorläufigen Höhepunkt zusteuern und die beiden Präsidentenkandidaten würden jedoch über Außen- und Sicherheitspolitik diskutieren.

John McCain sieht die Absurdität dieser Situation offenbar ebenso. Außerdem scheint ihn die Blockade im Kongress zunehmend mit Sorge zu erfüllen. Deshalb will er seine Wahlkampagne unterbrechen und nach Washington zurückkehren, um daran mitzuarbeiten, dass das Rettungspaket vorankomme. Und er rief Barack Obama dazu auf ihm gleichzutun. Außerdem plädierte John McCain dafür, die für Freitag vorgesehene Fernsehdebatte zu verschieben.

Natürlich hat auch dieser Vorschlag mit dem Wahlkampf zu tun. McCain hat versucht, das Heft des Handelns auf dem außerordentlich wichtigen Feld der Wirtschaft wieder in die Hände zu nehmen. Denn er war in den letzten Tagen in den Umfragen deutlich zurückgefallen. Obama dagegen hatte kräftig zugelegt und erstmals einen signifikanten Abstand zu McCain erzielt. McCain hat rasch die Unterstützung vieler seiner Senatorenkollegen erhalten.

Obamas Reaktion war dagegen etwas ambivalent. Das Rettungspaket sei zwar wichtig, man könne aber beides tun, das Rettungspaket voranbringen und Wahlkampf betreiben. Ein Präsident müsse in der Lage sein, mehrere Probleme gleichzeitig zu behandeln.

In ihrer grundsätzlichen Einschätzung der Krise und der Elemente ihrer Lösung stimmen aber beide weitgehend überein. Sie sind sich auch einig darüber, dass sich die Lösung der Finanzmarktkrise nicht für eine Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikanern eignet.

McCain beweist mit seinem Vorschlag, dass er ein feines Gespür für die Stimmung in der Wählerschaft besitzt. Kaum jemand hat Verständnis dafür, dass der Präsidentenwahlkampf weitergeht, als wäre nichts geschehen, während es in Washington darum geht, wie der Zusammenbruch des Finanzmarkts verhindert werden kann.

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