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Democratic Disconnect: Western Democracy in Crisis

Eine Gesprächsrunde der Transatlantic Academy mit András Simonyi, Richard Youngs und Kateryna Pishchikova

András Simonyi: "Die Situation in Ungarn ist eine Warnung für eine allgemein potentielle Entwicklung der Demokratie in Osteuropa."

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Am 13.Juni 2013 veranstaltete die Transatlantic Academy der Johns Hopkins Universität eine Diskussionsrunde unter dem Titel “The Democratic Disconnect: Western Democracy in Crisis at Home, Implications Abroad". Die Hauptsprecher waren Richard Youngs, Direktor des FRIDER think tanks in Madrid und Kateryna Pishchikova von der Scuola Superiore Sant’Anna in Pisa. Darüber hinaus trug auch András Simonyi, ehemaliger Botschafter Ungarns in den USA und jetziger Professor an der Johns Hopkins Universität, zu dem Expertengespräch bei.

Das Publikum bildeten vor allem Repräsentanten der verschiedenen Think Tanks und Studenten.

Anlass und Motivation der Geschprächsrunde war der, von der Transatlantic Academy veröffentlichte Bericht „The Democratic Disconnect“. Eine kurze Zusammenfassung von diesem trug der Co-Autor Richard Youngs zu Beginn der Veranstaltung vor. In diesem Zusammenhang betonte Youngs vor allem die Problematik einer schwindenden Demokratie und der Diskrepanz zwischen den Regierungsinstitutionen und dem Volk. All die Probleme, denen die Demokratie heutzutage begegnet, seien nicht neu, aber zahlreicher und risikoreicher. Viele Europäer seien frustriert, dass ihre Regierungen scheitern wichtige Faktoren wie wirtschaftlichen Wachstum oder berufliche Beschäftigung der Bürger voran zu bringen. Um den Erhalt von Demokratie zukünftig zu sichern bzw. zu fördern, sei es notwendig die repräsentativen Institutionen sowohl zu mobilisieren als auch zu kontrollieren. Vor allem empfahl Youngs jedoch eine Basis orientierte Perspektive, da diese produktiver sei. Eine globale Demokratisierung sieht er in der Zukunft nicht.

Über 25 Jahre politischer Umbruch

Kateryna Pishchikova berichtete von den Hybridregimen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und über ihre Situation nach über 25 Jahren politischen Umbruchs. Nach ihrem Empfinden sei ein offizieller demokratischer Erfolg in keinem dieser Länder festzustellen. Es gäbe zwar unterschiedliche positive Entwicklungen, wie z.B. die der Medien oder der freien Wahlen- eine nachhaltige Demokratie einzuführen, sei jedoch gescheitert. Pishchikova erkennt, dass es sich jeweils um unterschiedliche Staaten und Voraussetzungen handele. Sie geht allerdings davon aus, dass alle ähnliche Defizite aufweisen, wie z.B. das Fehlen einer klaren Reformstruktur der politischen Systeme und einer starken und durchsetzungsfähigen politischen Elite. Es habe an Entschlossenheit und Engagement gefehlt, um die Regime ausreichend zu modernisieren und demokratisieren. Dies habe dazu geführt, dass aus ihnen schwache und fragile Staaten geworden seien. Sie berichtete auch, dass die Gesellschaften dieser Länder sich nach neuen Perspektiven, politischem Pluralismus und wirtschaftlichem Fortschritt sehnen. Jedoch betone Pishikova, dass die Zeit des politischen Umbruchs abgeschlossen sei und wir nun vor der Frage stünden, wie mit diesen Ländern in Zukunft umgegangen werden soll. Auch wenn wir heute noch weit von einer perfekten Lösung entfernt seien, dürfe es in keinem Fall zu einer Dezentralisierung und Entmachtung der Regierungen kommen, so Pishchikova.

Die Rückentwicklung der ungarischen Demokratie

Daraufhin beschrieb András Simonyi die Situation in Ungarn als eine Warnung für eine allgemein potentielle Entwicklung in Osteuropa. Das Phänomen des Rückgangs der Demokratie, sei nicht nur auf Ungarn zu beschränken. Zu der Zeit als die EU gegründet wurde, habe man diese Situation nie für möglich gehalten, sodass keine Institutionen, die mit solch einer Situation umgehen könnten, gegründet wurden. Sanktionen seitens der EU, kommen für ihn nicht in Frage. Damit solle auch nur gedroht werden, wenn man bereit sei sie anzuwenden. Für Simonyi haben vor allem drei Punkte zu der gegenwärtigen Situation geführt. Zunächst habe eine Radikalisierung bestanden. Es handele sich um eine extreme Situation mit einer erschöpften Gesellschaft. Des Weiteren hätte es den, noch nicht gefestigten Institutionen an kompetenten Führungspersönlichkeiten gemangelt. Diese Situation hätten sich vor allem einflussreiche Oligarchen zu Nutze gemacht. Zuletzt sollen die Parteien in Ungarn nicht die Werte für eine familiäre Parteienlandschaft vermittelt haben können. Zusätzlich bemängelte er die 2/3 Mehrheit im ungarischen Parlament, da diese, egal welcher Partei sie gelte, eine große Gefahr für die Demokratie darstelle. Simonyi schloss mit einem Zitat von Madeleine Albright, die einmal sagte, dass der größte Fehler war, zu unterschätzen welch große Auswirkung der politische Umbruch auf die Mentalität des Volkes haben würde.

Gegenstand in der anschließenden offenen Diskussionsrunde war unter anderem die Frage, ob das Volk im Allgemeinen oder die Elite Ungarns für die Entwicklung des Landes verantwortlich gemacht werden könne. Simonyi erwiderte hierauf, dass er definitiv eine Hauptverantwortlichkeit bei der Elite des Volkes sehen würde. Des Weiteren wurde von einem ungarischen Gast angemerkt, dass sich Ungarn zwischen einer bereits etablierten und einer sich entwickelnden Demokratie befände. Einer der Hauptgründe für die aktuell beunruhigende Lage sei der Mangel an demokratischen Traditionen und Werten in der ungarischen Gesellschaft, sowie die neo-liberale Politik zu Beginn des politischen Wandels in den 90iger Jahren. Außerdem habe Ungarn, im Gegensatz zu Polen, Tschechien oder auch der Slowakei, eine instabile Zivilgesellschaft, die hinzukommend von Korruption geschwächt werde. Er betonte, dass radikale Sanktionen seitens der EU nicht in Betracht kämen. Viel mehr wünscht er sich Kopenhagener Kriterien auch für Mitgliedsstaaten, und nicht nur für die, die es noch werden wollen.

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