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Die Rolle Europas in der Stärkung transatlantischer Sicherheit und Verteidigung

EINE DISKUSSIONSRUNDE ÜBER DIE ZUKUNFT DER AUSSEN- UND SICHER-HEITSPOLITIK EUROPAS

Am 19. November 2015 lud der German Marshall Fund den französischen Politiker Michel Barnier zur Diskussionsrunde ein. Barnier ist Sonderberater der Europäischen Kommission für Verteidigungs- und Sicherheitspolitik und diskutierte mit Derek Chollet, Senior Advisor beim German Marshall Fund, über die Herausforderungen der atlantischen Partnerschaft in einer sich ständig wandelnden Welt.

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Die Anschläge in Paris vom 13. November 2015, sowie ihre Konsequenzen für die EU und die transatlantischen Beziehungen, zeigten ein weiteres Mal die Notwendigkeit einer globalen Sicherheitsstrategie für die Union. So eröffnete Barnier die Diskussion im German Marshall Fund und betonte, dass die Reaktion Frankreichs auf die Anschläge, insbesondere in Hinblick auf ihre technischen und politischen Konsequenzen, der globalen Strategie der Union einen Impuls geben könnte.

Da Frankreich sich im Ersuchen um Unterstützung auf Artikel 42 (7) des EU-Vertrags berief, und nicht auf die Solidaritätsklausel in Artikel 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, wird auf bilateralen Gipfeltreffen über das weitere Vorgehen gegen Terroristen entschieden werden. Trotzdem gab sich Barnier zuversichtlich, dass die daraus resultierende Verpflichtung die Initiative zu ergreifen und tatsächlich zu reagieren der zu entwickelnden europäischen Sicherheitsstrategie Form geben wird.

Auf besonderes Nachfragen stellte Barnier klar, dass die EU mehrere Charakteristiken erfüllen müsse, um gemeinhin als globaler Akteur wahrgenommen zu werden. So vereinen internationale Akteure heute wirtschaftliche Macht, eine starke Währung, sowie Handlungsfähigkeit in Bezug auf Verteidigung und Außenbeziehungen. Laut Barnier hätte die EU zwar die Möglichkeit, eine solche Rolle anzunehmen, doch erlangte die Union erst volle Handlungsfähigkeit, verpflichtete sie sich zu einer einheitlichen Sicherheitsstrategie. Der Vorsatz der Hohen Vertreterin Frederica Mogherini, eine solche Strategie bis Juni 2016 zu entwickeln, kann durch die Initiative Frankreichs nur vorangetrieben werden. Der nächste Schritt der EU in ihrer Entwicklung als globaler Akteur besteht dann darin, die Strategie auf Operationalisierung zu testen. Auch hier misst Barnier den Mitgliedsstaaten eine große Rolle zu und betonte, dass der besonderen Mehrwert eines jeden Staates nicht zu unterschätzen sei.

Den Bogen zur transatlantischen Sicherheit spannend, betonte Barnier, dass die internen Probleme der EU, nämlich die humanitären Implikationen der Flüchtlingskrise und die politische Destabilisierung durch Populismus und Austrittsdiskussionen, auch die Notwendigkeit der Kooperation zwischen EU und USA beeinflusste. Zusätzliche externe Risiken für das westlich-liberale Projekt und den Wohlstand der westlichen Welt sieht Barnier im Mangel an Verteidigungskapazitäten und der Asymmetrie zwischen der EU und den USA in Bezug auf Verteidigungsinvestitionen. Barnier unterstützend, bekundete der Großteil der Gesprächsteilnehmer an dieser Stelle ihren Willen die transatlantische Kooperation voranzutreiben.

Chollet jedoch stellte klar, dass auch weiterhin die Vorgehensweisen auf beiden Seiten des Atlantiks stark differierten. Um diese Differenzen zu überbrücken, schlug Barnier vor, bei weiter fallender Quantität der Mittel, die Qualität der Ausgaben verstärkt zu überprüfen, zu forcieren, und so zu verbessern. Insbesondere bedeutete dies für Europa, besagte globale Strategie zu entwickeln. Barnier lobte das Bestreben Mogherinis als Schritt in die richtige Richtung. Überdies schlug Barnier den transatlantischen Austausch geheimdienstlicher Informationen vor, um gegenüber Schlüsselländern wie der Türkei und Jemen besser agieren und kooperieren zu können und um die Glaubhaftigkeit der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zu stärken.

Für die Zukunft schlug Barnier zusätzlich zu verstärkter transatlantischer Kooperation und Kommunikation die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen EU und NATO vor. Am Beispiel der Zusammenarbeit der EU und USA gegenüber Afrika, erläuterte er daraufhin, wie in den Bereichen Verteidigung und Cybersicherheit die EU mit der NATO zusammenarbeiten könnte. Auf spezielle Nachfrage aus dem Publikum stellte Barnier jedoch klar, dass Strategien für spezielle Konfliktherde nur aus der globalen Strategie der EU entwickelt werden könnten.

Am Ende des Gesprächs ging Barnier auf die wachsende Kritik an der EU ein. Barnier zufolge entsteht Euroskepsis aus dem Unwissen der Bevölkerung, die annimmt, dass europäische Vereinigung auch Vereinheitlichung bedeuten muss. Tatsächlich ist laut Barnier das Gegenteil der Fall: Das europäische Projekt hat nicht zum Ziel ein Volk mit einer homogenen Identität zu kreieren. Anstelle dessen stünde die Vereinigung von 28 Völkern im Fokus. Eine Lösung wäre laut Barnier, die politische Debatte anzukurbeln und wie de Gaulle schon forderte, Demagogie mit Demokratie zu bekämpfen.

Ein Bericht von Ylva Nelle

Verantwortlich und Redaktion: Dr. Lars Hänsel

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