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Im Rahmen seiner Reise in die USA besuchte EU-Kommissar Oettinger im Anschluss an die Reise ins Silicon Valley Washington D.C. In seiner Rede vor der School of Advanced International Studies betonte EU-Kommissar Oettinger die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen „the transatlantic partnership is the world`s most significant“. Hierbei führte er aus, dass dies jedoch nicht nur für Handelsströme gelte, sondern auch insbesondere für digitale Güter und Datenströme. Auch im digitalen Zeitalter sei es wichtig, die Stärke der Beziehungen zwischen den USA und der EU zu wahren. Die gemeinsamen Werte, die man im Bereich der Handelsströme vertrete, seien auch im digitalen Bereich gültig.
Oft käme es jedoch auch zu Missverständnissen auf beiden Seiten, die man diskutieren und ausräumen müsse. Als Beispiel nannte Oettinger in diesem Zusammenhang die „Digital Single Market strategy“ der Europäischen Union, die Anfang Mai ins Leben gerufen worden war. Europa gehe bei seiner Strategie nicht um „splendid isolation“ oder zur „Festung Europa“ zu werden. Stattdessen gehe es darum, Europa fit für das digitale Zeitalter zu machen und gleichzeitig ein verlässlicher Partner in einer globalisierten Welt zu sein. Der bedeutendste Bereich hierbei ist laut Oettinger die Informations- und Kommunikationstechnologie, angetrieben vom „Kraftstoff und der Währung Daten“. Dieser Sektor sei der Schlüssel, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Auch aus Sicht des Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker habe die Vertiefung der Digitalpolitik absolute Priorität.
Seinen Besuch im Silicon Valley nutzte Oettinger um sich über die Start-Up-Szene sowohl in den USA als auch Europa zu informieren. Diese Szene liefere neue Ideen, Kreativität und gleichzeitig auch neue Jobs. In seinen Gesprächen mit Facebook, eBay und Apple standen sowohl die Chancen der Digitalisierung als auch die Herausforderungen des schnellen Wandels im Vordergrund. Die EU versuche diese Chancen zu ergreifen und die neuen Herausforderungen zu bewältigen.
Ein zentrales Problem, vor dem die Industrie in Europa stehe, beim Versuch wettbewerbsfähig zu bleiben, sei die Fragmentierung des europäischen Marktes. Es gäbe nicht einen gemeinsamen Markt, sondern 28 unterschiedliche.
Der These von Kritikern, dass es sich bei der „Digital Single Market strategy“ um ein Nullsummenspiel handle, bei dem Europa als Gewinner herausgehe und die US-Amerikaner als Verlierer, widersprach Oettinger bei SAIS klar:
“Don’t fall into that trap. Don't support those who want to hold on to their vested interests against the potential that a digital single market in Europe can bring. Let's work together to ensure a level playing field when EU companies and companies from around the world can bring investment, growth and jobs to Europe.“
Laut Oettinger gibt es aktuell vier Punkte, an denen sowohl die USA als auch die EU arbeiten müssen, um einen digitalen Binnenmarkt erreichen zu können.
Erstens benötige der „Digital Single Market“ eine uneingeschränkte Konnektivität für jeden, für alles und überall. Dies gelte sowohl für jeden einzelnen Bürger als auch für Unternehmen, die Industrie, Schulen und Forschungs- und Innovationszentren.
In Europa sei dies, im Vergleich zu anderen Regionen, wie den USA, bereits heute Realität: Ausländische Firmen hätten keine Grenzen oder Beschränkungen in anderen Ländern zu investieren.
Zweitens machte Oettinger klar, dass die nächste Generation mobiler Technologien, 5G, eine Grundvoraussetzung für ein Internet der Dinge der Zukunft sei. Es soll die uneingeschränkte Verbindung zu Branchen, wie Gesundheit, Energie, Medien und Automobilindustrie. Die EU unterstützt laut Oettinger nachdrücklich die Entwicklung von 5G als Zukunftsschlüssel zu digitaler Infrastruktur. Der Kommissar forderte die globale Industrie in seiner Rede auf, alles dafür zu tun, um einen einzigen Standard und weltweit harmonisierte Frequenzbereiche zu erreichen.
Als dritten Punkt nannte Oettinger verfügbare und leicht zu bedienende „High Performance Computing resources“. Dies sei eine Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, und insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen.
Viertens muss es laut Oettinger Ziel sein die Industrie im weiteren Sinne zu digitalisieren und nicht nur den IKT-Sektor. So hingen zukünftiges Wachstum sowie Arbeitsplätze nicht zuletzt von der Bewältigung der Digitalisierung der Industrie im Allgemein ab.
Dem Automobilsektor schrieb Oettinger in seiner Rede eine zentrale Rolle zu, nicht zuletzt, weil hier die Bereiche IT, Elektrik, Fertigung und Automobil zusammenkämen.
“The real challenging question is whether the communication technology will be integrated in the engineering or the engineering into the communication technology.”
Seine Besuche bei Google, Mercedes und der IAA hätten ihn in dieser Frage bestärkt.
Doch auch der alltägliche Umgang mit Digitalisierung, digitale Kompetenzen ließ Oettinger nicht unbetont. Es sei natürlich, dass es im Zuge der Digitalisierung Arbeitsplätze gebe, die es in dieser Form nicht weiter geben werde.
Zum Abschluss seiner Rede verkündete Oettinger zudem die Einrichtung von drei öffentlichen EU-Konsultationen, die sich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen und der EU dabei helfen sollen, ein Meinungsbild über den geplanten digitalen Binnenmarkt zu liefern. Die Konsultationen im Überblick:
1.Regulatory environment for platforms, online intermediaries, data and cloud computing and the collaborative economy;
2.Geoblocking and other geographically-based restrictions when shopping and accessing information in the EU
3.Öffentliche Konsultation über Normen im digitalen Binnenmarkt: Festlegung der Prioritäten und Gewährleistung der Umsetzung
Seine Rede ließ EU-Kommissar Oettinger mit einer Aufforderung enden:
“So let's continue cooperating, dialoguing, and meeting up whenever possible. My door is open, just as the European Union is open for business.”
In der abschließenden Q&A-Runde ging es vor allem um die Folgen einer europäischen Digitalstrategie für den US-amerikanischen Markt, Geoblocking, eine Copyrightreform und Cybersecurity.
Ein Beitrag von Marian Bracht
Verantwortlich und Redaktion: Dr. Lars Hänsel