Einzeltitel
Dieses Thema ist in den vergangenen Monate durch Buchveröffentlichungen wie etwa die von Thomas Piketty in den Vodergrund geschoben worden. Auch US-Präsident Barack Obama hatte sich des Themas angenommen – es dürfte auch im Wahlkampf eine Rolle spielen. Unter der Moderation von Maya Rockeymoore, Präsidentin und CEO des Center for Global Policy Solutions, umfasste das Rahmenprogramm mehrere Panel Diskussionen, sowie Impulsvorträge der US-Senatorin Mazie Hirono und des ehemaligen Kongressabgeordneten J.C. Watts.
„For every dollar in wealth held by the typical white family in 2011, the typical Latino and African-American families only own six and five cents respectively”, brachte die Gastgeberin des Programms, Maya Rockeymoore, die enormen Ungleichheiten in Einkommen und Wohlstand zwischen der weißen, lateinamerikanischen und afroamerikanischen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten auf den Punkt. Diese Tatsache wurde durch einleitende Worte des Kongressabgeordneten G.K. Butterfield, sowie der Kongressabgeordneten Judy Chu verstärkt. Beide betonten die Wichtigkeit einer solchen Ungleichheitsdebatte und die geringeren Verdienstmöglichkeiten von rassischen Minderheiten in Amerika.
Darauf folgend erzählte Mazie Hirono, US-Senatorin von Hawaii, ihre persönliche Geschichte zur Thematik der Einkommensungleichheit. Geboren im japanischen Fukushima, zog sie als junges Mädchen mit ihrer Mutter in die Vereinigten Staaten und musste erfahren was es heißt am Rande der Gesellschaft zu leben. Eine große Problematik sieht sie darin, dass Minderheiten keine politische Stimme haben und daher nicht für ihre Rechte kämpfen können. Aus ihrer Lebenserfahrung will sie für diese Minderheiten und gegen Ungleichheiten in Einkommen in den USA kämpfen. Sie betonte, dass der Fokus dabei nicht auf der Regierungsarbeit und politischen Maßnahmen liege; hier würde nicht das Problem oder die Lösung liegen. Vielmehr sei Bildungsgerechtigkeit der Schlüssel um ökonomische und soziale Ungleichheiten in den Vereinigten Staaten zu bekämpfen.
In einer anschließenden Debatte wurde unter dem Titel „Economic equity and the potential for policy action“ über die wirtschaftliche Ungleichheit als das Ergebnis von zweieinhalb Jahrzehnten der Regierungspolitik, die zu Gunsten der großen Vermögensbesitzer und auf Kosten der Lohnabhängigen sei, diskutiert. Jacqueline Johnson Pata, Executive Director des National Congress of American Indians, räumte in diesem Zusammenhang ein, dass die Regierung unter Obama bereits eine erfolgreiche Periode in der Bekämpfung von rassischen Ungleichheiten hinter sich hat, aber im Bereich der Steuerpolitik, Handelspolitik, Geldpolitik und staatliche Vorschriften noch große Arbeit geleistet werden müsse, um Disparitäten zu bekämpfen. Dafür seien Gesetzesinitiativen nötig, damit die bestehende wirtschaftliche Kluft geschlossen werden könne.
Unter dem Motto „Umbrellas dont make it rain“ zeigte Anne Price, Managing Program Director desCenter for Community Economic Development, dass nicht Bildung für sich ein Equalizer sein kann und auch eine hohe Beschäftigung im Land keinen Ausgleich für ökonomische Ungleichheiten schaffen kann. Ebenso sieht sie statistische Kennzahlen über das relativ hohe, durchschnittliche Familieneinkommen in den Vereinigten Staaten als unvollständige Forschungsarbeit an. Ihr Appell war dahingehend, wie wichtig es sei afroamerikanische, lateinamerikanische oder asiatische Communities genauer zu erforschen und ihre Verteilungen in den einzelnen US-Bundesstaaten zu beobachten um dann geeignete Maßnahmen zu finden, Ungerechtigkeiten auszugleichen. Anne Price sieht daher als primären Schritt vermehrte Investitionen in Forschung und Datensammlung. Auch Deepak Bhargava, Executive Director des Centers for Community Change, sieht in der Beobachtung einzelner Communities den Schlüssel zum Verständnis von ökonomisch ungleichen Verteilungen. Er appellierte daher für die Schaffung eines größeren Wissens über die Bevölkerungsgruppen durch regionale Politikarbeit.
Anschließend demonstrierte der ehemalige Kongressabgeordnete J.C. Watts die Wichtigkeit der Investition in Bildung und Ausbildung in einem Kurzvortrag; die Ausbildungsformen in den USA müssten so fundiert und infrastrukturell ausgebaut sein, dass jedes Kind dieselben Möglichkeiten hat gute Bildung zu erlangen und das in jeder Region des Landes. 2014 lagen die durchschnittlichen Ausgaben pro Schüler für öffentliche Schulen in den USA bei 10.938 Dollar; aber diese variieren stark in den einzelnen Bundesstaaten: „Konkret bedeutet das von 19.752 Dollar in Vermont zu 6949 Dollar in Arizona“, so Watts. Es gäbe zudem große Unterschiede innerhalb der Staaten, zwischen Schulbezirken in wohlhabenden Vororten und ärmeren städtischen und ländlichen Schulbezirken.
Ein weiteres wichtiges Thema des Programms war die angebliche unfaire Besteuerung in den USA, die ebenfalls als Auslöser für wirtschaftliche Ungleichheit angesehen wird: „Von den weltbesten 22 Industrieländern hat die USA das höchste Niveau der Vermögensungleichheit nach Berücksichtigung von Steuern und Transfers. Trotz Umverteilungsmaßnahmen wie der Earned Income Tax Credit, der US-Steuer-Code und andere Transfers.“, so Frank Clemente, Executive Director des Vereins Americans for Tax Fairness. Es stellte sich in einer weiteren Diskussionsrunde die Frage, ob das aktuelle US-Steuersystem die Vermögensungleichheit erhöht. Die Gesprächsrunde kam zu drei grundlegenden Schlussfolgerungen: Es sei an der Zeit den reichsten Amerikanern und den großen Unternehmen einen höheren Steuersatz zu geben, statt der Reduzierung der Bildungsinvestitionen sollten Millionäre Steuersätze zahlen, die mindestens so hoch sind wie die ihrer Sekretäre und anstelle der Reduzierung von Sozialversicherung und der medizinischen Versorgung, sollte sichergestellt werden, dass Steuerschlupflöcher gestopft werden. Die Diskutierenden stellten hierfür verschiedene Lösungsansätze für eine fairere Besteuerung vor: Zurzeit ist der Spitzensteuersatz auf Kapitalerträge nur 23,8 Prozent, der Steuersatz des Einkommen beläuft sich allerdings auf rund 43,4 Prozent. Um dieses Ungleichgewicht zu verringern, sollten Steuersätze auf Kapitalgewinne und Dividenden erhöht werden, so dass diese auf die Steuersätze der Löhne und Gehälter angepasst werden. Darüber hinaus sei die Stärkung der Grundsteuer ein Lösungsansatz. Dabei würde man der extrem reichen Bevölkerung die Vorteile der Schlupflöcher nehmen, die umfassen, dass sie fast nichts an Erbschaftssteuern zahlen.
Die Veranstaltung des Center for Global Policy Solutions zeigte die anhaltende Wichtigkeit des Themas ökonomischer Ungleichheit sowie die Vielschichtigkeit von vermeintlich ungleichen Verteilungen in den Vereinigten Staaten. Neben ökonomischen Faktoren wie Steuerfairness und Ungerechtigkeiten in der Schulbildung spielen demnach in den USA auch mögliche rassische Ungerechtigkeiten eine Rolle. Weiter hat die Veranstaltung gezeigt, dass in den USA gerade diese angeblich ungleiche Behandlung von Minderheiten einen deutlichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Wohlstand und das Einkommen im Land haben kann.
Ein Beitrag von Louisa Rademacher
Redaktion und Verantwortlich Dr. Lars Hänsel