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Transatlantische Beziehungen und das Iran-Abkommen

Podiumsdiskussion bei Carnegie Endowment for International Peace

Der “Carnegie Endowment for International Peace” veranstaltete in Washington eine Podiumsdiskussion ZU DER EUROPÄISCHEN SICHTWEISE AUF DAS NUKLEARABKOMMEN MIT DEM IRAN (JCPOA) UND DAMIT VERBUNDENE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT.

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Da das Iran-Abkommen aktuell eine große Rolle im politischen Leben Washingtons spielt, lud der „Carnegie Endowment for International Peace“ zu einer Podiumsdiskussion ein, welche eine europäische Sichtweise auf das Abkommen ermöglichen sollte. Der ehemalige französische Diplomat Jean-Marie Guéhenno und der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz sowie ehemaliger deutscher Botschafter in den USA Wolfgang Ischinger debattierten gemeinsam mit Suzanne Maloney von der Brookings Institution über die europäische Haltung bezüglich des Abkommens sowie mögliche Reaktionen auf die Entscheidungen der USA. Generell stimmten die Diskussionsteilnehmer darin überein, dass das Iran-Abkommen umgesetzt werden müsse und es über die reine Nichtverbreitung von Nuklearwaffen hinausgehe, da auch die Zukunft der transatlantischen Beziehungen davon abhängt.

Von den europäischen Verhandlungsparteien wurde das Iran-Abkommen bisher als wirklich multilaterales Ergebnis gewürdigt, welches in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union weniger in Frage gestellt wird als dies aktuell in breiten Teilen der USA der Fall ist, auch wenn sich Präsident Obama und Außenminister Kerry mit Vehemenz dafür einsetzen. So wird sogar von einem transatlantischen Graben gesprochen, da die europäische Öffentlichkeit den Deal allen Umfragen nach unterstützt, wohingegen viele Amerikaner verstärkt auf die kritischen Punkte des Abkommens hinweisen. In ihren Eröffnungsreden fanden die Teilnehmer der Podiumsdiskussion verschiedene Erklärungsansätze für die unterschiedlichen Haltungen.

Jean-Marie Guéhenno beschrieb die Entstehung des Abkommens als einen jahrelangen Prozess schwieriger Verhandlungen. Die Europäer begrüßen seiner Meinung nun vor allem das Resultat jener langwierigen Ver-handlungen. Es fänden somit weniger öf-fentliche Debatten als in Amerika statt. Aufgrund der geografischen Nähe sollte man seiner Meinung nach nicht vergessen, dass die EU sich stärker von eventuellen Atomwaffen im Nahen Osten bedroht fühlt. Deswegen hätte vor allem sein Herkunftsland Frankeich eine sehr harte Verhandlungsposition bezogen, um das Abkommen so überprüfbar wie möglich zu gestalten und sicherzustellen, dass der Iran die vereinbarten Nichtverbreitungs-Ziele einhalte. Der ehemalige französische Diplomat betonte in diesem Zusammenhang, dass nun auch wichtige diplomatische Schritte in Hinblick auf die Sicherheit in der Region mit der Umsetzung des Nuklearab-kommens getroffen werden müssten. Guéhenno war der Überzeugung, dass das Abkommen eine Chance für Wandel im Iran sowie im Nahen Osten darstellen könnte, wenn die ersten geplanten diplomatischen Initiativen auch umgesetzt würden. Er appellierte an die USA, sich an solchen Vorstößen zu beteiligen und eigene Initiativen vorzustellen. Denn seiner Auffassung nach könne lediglich eine gemeinsam abgestimmte politische Haltung des Westens die Situation in der Region verbessern.

Auswirkungen des Abkommens

Für Wolfgang Ischinger ist das Iran-Abkommen ein historischer Moment. Es habe schon immer große Unterschiede zwischen den USA und Europa und ihren Beziehungen zum Iran gegeben: So wurde die US-Botschaft zwischenzeitlich geschlossen, wohingegen die meisten europäischen Staaten ihre diplomatischen Beziehungen mit dem Iran aufrechterhielten. Seiner Meinung nach stellt das Abkommen zwar kein perfektes Ergebnis dar, doch in dieser diplomati-sche Lösung, die alle Verhandlungspartner miteinschließt, konnte schon eine Menge erreicht werden. Herrn Ischinger zufolge habe die Debatte in den USA nicht genug berücksichtigt, dass die Umsetzung des Abkommens beinhaltet, dass der Iran alle bisher geplanten oder schon gestarteten Pläne der Uran-Anreicherung unverzüglich beenden müsse. Dies sei eine wichtige Besonderheit, da sich die meisten Abkommen dieser Art normalerweise lediglich auf Plutonium beschränken.

Der ehemalige Botschafter Deutschlands in den USA fügte hinzu, dass die Frage nach dem richtige Umgang mit dem Iran auch eine größere Frage aufwerfe: Wie geht es mit der transatlantischen Freundschaft weiter? Geschwächt durch Zerwürfnisse in Zusammenhang mit den TTIP-Verhandlungen oder dem NSA Skandal ertrage das Bündnis keine weiteren Experimente. Deswegen betonte Wolfgang Ischinger, wie wichtig es sei, dass der Westen ein starkes Signal für die Umsetzung des Abkommens setze und gemeinsame politische Zielsetzungen formuliere, um die Krisen im Gebiet des Nahen Ostens zu lösen. Somit betreffe die Umsetzung des Iran-Abkommens nicht nur die Nicht-Verbreitung nuklearer Substanzen, sondern auch die strategisch solide Positionierung des Westens für die nächsten Jahrzehnte.

Zukünftige Herausforderungen und die Rolle der IAEA

Suzanne Maloney erläuterte daraufhin mögliche US-amerikanische Standpunkte in der Debatte. Sie stimmte ihren Vorrednern darin zu, dass das Abkommen unter einzigartigen Umstän-den zustande gekommen sei und die transatlantische Kooperation, welche diesen Deal überhaupt erst möglich machte, in jedem Fall aufrechterhalten werden müsse. Die Expertin von Brookings erklärte, dass es auch deshalb so große Unterschiede zwischen der amerikanischen und der europäischen Wahrnehmung gäbe, weil die USA dem Verhandlungsprozess erst relativ spät, nämlich unter der Bush Administration im Jahr 2006, beigetreten sei.

Die wichtigste Herausforderung laut Malloney sei es, sicherzustellen, dass Iran die Anforderungen des Deals umsetzen und sich an die Vorgaben halten werde. Sie sei der tiefen Überzeugung, dass es nun am wichtigsten sei, dass die USA und ihre europäischen Partner ihre Zusammenarbeit zu Iran verstärken und die Situation in der Region aktiv mitgestalten. Dafür müsste das Iran-Abkommen schnellstmöglich angenommen und umgesetzt werden.

Jean-Marie Guéhenno fügte hinzu, dass vor allem die IAEA eine prominente Rolle spielen müsse und dafür genug finanzielle Mittel benötige. Darüber hinaus erläuterten die Teilnehmer, dass das Abkommen in keinem Fall ein Vertrauensvorschuss sei, sondern auf genauesten Verfahren zur Überprüfung der Iranischen Atom-Aktivitäten basiere. Guéhenno und Ischinger hoben darüber hinaus hervor, dass das Iran-Abkommen einen Langzeitprozess über viele Jahre darstelle. 15 Jahre seien in der internationalen Politik eine lange Zeit und ohne Abkommen wäre der Iran bis dahin wohl eine nicht zu unterschätzende Nuklearmacht. Neben der atomaren Nicht-Verbreitung könnte der Deal außerdem dafür sorgen, dass man mit dem Iran zu heiklen Themen wie den Beziehungen zu Saudi-Arabien, den Israel-Palästina Konflikt sowie zu Fragen bezüglich Syrien und dem Irak ins Gespräch kommen könnte. Auch Menschenrechts-Themen könnten auf die Agenda gesetzt werden, wenn die Kooperation im Rahmen des Iran-Abkommens seine Früchte tragen würde. Wolfgang Ischinger betonte darüber hinaus die Notwendigkeit, den Iran schnellstmöglich wieder in die Welt-Wirtschaft zu integrieren.

Als einen letzten Punkt regten die Experten an, das 5+1 Format der Verhandlungen, welches dafür sorgte, dass Russland und die USA an einem Tisch verhandelten, auf weitere Fragen der internationalen Sicherheit wie beispielsweise Syrien und den Ukraine-Konflikt auszuweiten. Da eine erneute Mitgliedschaft Russlands bei den G8 nicht zu erwarten sei, argumentierte Ischinger dafür, nicht traditionelle Verhandlungs-formate wie im Falle der Iran-Verhandlungen zu nutzen. Jean-Marie Guéhenno bekräftigte diese Idee und fügte hinzu, dass der Mittlere Osten für Russland höchste Priorität habe und man die Sicherheit der Region nicht ohne Russland gestalten könne. Deswegen müsste der Austausch der 5+1 Teilnehmer in jedem Fall beibehalten werden.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Teilnehmer der Podiumsdiskussion die Vorzüge und Chancen des Iran-Abkommens in den Vordergrund rückten und erläuterten. Sie konterten Kritik an dem Deal, indem sie auf genaue Maßnahmen und Mechanismen des Textes eingingen. Man war sich darüber einig, dass die größten Herausforderungen darin liegen, die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen von Seiten Irans zu überprüfen und eine engere transatlantische Zusammenarbeit in der Region zu ermöglichen. Die Experten waren sich einig, dass das 5+1 Format ein einzigartiges Verhandlungsforum darstelle und den Vorteil habe, in direktem Austausch mit Russland zu stehen. Jeder der Sprecher äußerte seine Unterstützung für das Iran-Abkommen und bekräftigte, dass der Deal zwar nicht perfekt sei, doch das bestmögliche Ergebnis schwieriger Verhandlungen darstelle.

Bericht von: Inger-Luise Heilmann

Verantwortlich und Redaktion: Dr. Lars Hänsel

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