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Länderberichte

Côte d’Ivoire: Hoffen auf ein Ende der Hängepartie

von David Robert

Neue Wählerliste für die Wahlen am 31. Oktober

Am 31. Oktober 2010 sollen nun endlich die Präsidentschaftswahlen in der Côte d’Ivoire durchgeführt werden. Wenn dies wirklich der Fall ist, enden fünf lange Jahre des Wartens auf die Wahlen. Möglich wurde der neue Termin, da die Wählerliste, welche den letzten Wahltermin verhinderte, überarbeitet wurde.

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Am Montag, den 12. Juli veröffentlichte die Unabhängige Wahlkommission (CEI) eine neue provisorische Wählerliste, die etwa sechs Millionen Registrierungen verzeichnet. Die Liste wurde von den meisten strittigen Fällen bereinigt. Die Liste dient zur Vorbereitung der Präsidentschaftswahlen, die seit 2005 immer wieder verschoben wurden. „Wir haben eine neue vorläufige Liste der Wähler, auf deren Basis wir in den nächsten Wochen arbeiten werden“, verkündete der Vorsitzende der CEI, Youssouf Bakayoko. Vier Wochen später verkündigte der Präsident den neuen Wahltermin.

Der anhaltende Streit um die Wählerliste ist ein Grund, weshalb der Wahlprozess in der Côte d’Ivoire nicht voranschreitet. Zwei Listen wurden zu Beginn des Jahres veröffentlicht, darunter eine so genannte Weiße Liste, die 5,3 Millionen Registrierungen umfasst, und eine Graue Liste, die 1,033 Millionen Fälle auflistet, bei denen die Nationalität noch unklar war. Die Klärung der Staatsbürgerschaft in der Côte d’Ivoire ist ein sehr sensibles Thema. Die systematische Diskriminierung von Immigranten, bekannt unter dem Konzept der „Ivoirité“, war Hauptauslöser für den ivorischen Bürgerkrieg im Jahr 2002. Für den Ablauf friedlicher Wahlen hat daher die allgemeine Akzeptanz der Wählerlisten oberste Priorität.

Proteste nach Auflösung der Regierung und der Unabhängigen Wahlkommission

Nachdem im Februar Präsident Laurent Gbagbo völlig überraschend sowohl die Regierung als auch die unabhängige Wahlkommission aufgelöst hatte, fanden im ganzen Land Proteste statt, bei denen es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit mehreren Toten und Verletzten gekommen war. Anlass zur Auflösung der Kommission und der Regierung waren angebliche Streitigkeiten um die Wahlvorbereitungen, die beide Institutionen arbeitsunfähig gemacht hatten.

Burkina Faso als Mediator der ivorischen Krise

Anlässlich der Intensivierung des Konflikts wurde der burkinische Präsident Blaise Compaoré als Mediator in der ivorischen Krise eingesetzt. Er appellierte an die Beteiligten, das Abkommen von Marcoussis, das im Jahr 2003 zum Wiederaufbau der ivorischen Regierung unterzeichnet wurde, zu akzeptieren. Bei einem Treffen zwischen dem burkinischen Präsidenten Compaoré und den beiden Oppositionsführer Henri Konan Bédié und Alassane Ouattara, hoben die Anwesenden den Ernst der Lage im Land hervor und riefen zur Wahrung des politischen Abkommens von Ouagadougou, das im Jahr 2007 unterzeichnet wurde, auf. Durch die Einhaltung des Abkommens von Marcoussis sowie dem von Ouagadougou sollte ermöglicht werden, die seit 2005 immer wieder verschobenen Wahlen so schnell wie möglich zu organisieren. Die Wahlen würden das Ende der Krise darstellen, die 2002 aufgrund eines gescheiterten Staatsputschs entstanden war und das Land in einen regierungstreuen Süden und einen von Rebellen kontrollierten Norden geteilt hatte.

Regierungsverhandlungen schreiten voran

Am 23. Februar 2010 trat die neue Regierung der Côte d’Ivoire ihr Amt an. 11 der 28 Posten in der Regierung blieben zunächst unbesetzt, da Präsident Gbagbo die Personalvorschläge der Oppositionsparteien ablehnte. Doch gemäß dem Abkommen von Ouagadougou müssen an der Regierung der nationalen Einheit auch alle wichtigen Oppositionsparteien beteiligt sein. In wichtigen Punkten haben sich die Parteien jedoch, mit Hilfe der Vermittlungsbemühungen des Präsidenten von Burkina Faso, Blaise Compaoré, geeinigt. An der bestehenden Regierung wird auch der Premierminister und Führer der ehemaligen Rebellengruppe „Forces Nouvelles“, Guillaume Soro, beteiligt sein.

Bisherige Struktur der CEI wird nicht verändert

Die neue unabhängige Wahlkommission trat zwei Tage später, in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar, in Kraft. Trotz Forderungen des Zusammenschlusses der Zivilgesellschaft (CSCI), das Gremium durch unabhängige Experten zu besetzen, konnte die Opposition den Vorsitz der CEI halten. Seit Langem fordert die CSCI eine Entpolitisierung der Wahlvorbereitung, um die Vorwürfe der Bevorzugung zu entkräften. Den neuen Vorsitz der CEI übernimmt Youssouf Bakayoko, Minister für Auswärtige Angelegenheiten des vorherigen Kabinetts.

„Wir werden das Land wiedervereinigen, und wir werden die Wählerlisten bereinigen.“

Laut Aussage des burkinischen Präsidenten Compaoré sollten die Wahlen „Ende April oder Anfang Mai“ stattfinden. Drei Monate nachdem Präsident Gbagbo sowohl die Wahlkommission als auch das Kabinett aufgelöst hatte, waren die Wahlvorbereitungen in der Côte d’Ivoire zum Erliegen gekommen. Bis Anfang Mai hatte weder die CEI die Überprüfung der Wahlliste wieder aufgenommen noch stand ein genauer Termin für die Wahlen fest. Anfang Mai verkündeten Premier Minister Guillaume Soro sowie der Präsident der Wahlkommission, Youssouf Bakayokos, schließlich, dass die Überprüfung der Grauen Liste, die über eine Millionen umstrittene Namen umfasst, ab dem 10. Mai wieder aufgenommen werden sollte. „Wir werden das Land wiedervereinigen, und wir werden die Wählerlisten bereinigen. Unser Ziel ist es, saubere, transparente und gerechte Wahlen zu haben“, ergänzte der ivorische Staatschef Laurent Gbagbo.

Wiederaufnahme der Registrierung

Der Wahlprozess, der seit Anfang des Jahres stillstand, wurde Mitte Mai mit den Unstimmigkeiten über die Graue Liste wieder aufgenommen. Die Überprüfung, die 16,2 Prozent derjenigen betrifft, die im Rahmen des Identifizierungsverfahrens erfasst wurden, sollte den Betroffenen die Möglichkeit geben, ihre ivorische Staatsbürgerschaft nachzuweisen. Die provisorische Wählerliste, die so genannte Weiße Liste, in der bereits mehr als fünf Millionen Ivorer registriert waren, sollte zusammen mit der neuen Liste schließlich eine definitive Wählerliste bilden. Aufgrund der niedrigen Resonanz wurde die Überprüfung der Liste jedoch Anfang Juni unterbrochen. Die Anzahl der bestätigten Fälle wurde nicht bekannt gegeben.

Unstimmigkeiten über die Weiße Liste

Völlig unerwartet entwickelte sich etwa zeitgleich ein Streit über die Weiße Liste, die bereits ca. 5,3 Registrierungen umfasste. Nach langer Diskussion zwischen dem Lager des Präsidenten und das der Opposition, wurde der Anfrage des Lagers von Gbagbo stattgegeben, eine erneute Überprüfung der Weißen Liste durchzuführen. So sollte die Wählerliste von weiteren möglichen Betrügen bereinigt werden. „Wir sind uns darüber einig geworden, was getan werden muss, um die Wählerliste glaubhaft und verlässlich zu machen“, versicherte der Premier Minister, ohne jedoch genauere Angaben über diese Methode zu machen. Nach Angaben von Soro, wird der Vorsitzende der CEI, Youssouf Bakayoko, jedoch schon sehr bald einen Termin für die Wahlen aussprechen können.

Veröffentlichung der neuen provisorischen Wählerliste

Die neue Phase der Überprüfung der vorläufigen Wählerliste für die Präsidentschaftswahlen begann am Montag den 19. Juni und wurde am 12. Juli abgeschlossen. Die weiße Liste besteht aus ca. 5,3 Millionen verzeichneten Personen, wobei sich die Überprüfung jedoch nur auf 1,7 Millionen Fälle bezog. Die neue provisorische Liste umfasst nun 5.775.000 Personen, von denen 5,3 Millionen Namen bereits von der vorherigen provisorischen Liste stammen. Von insgesamt ca. einer Millionen Fälle, bei denen die ivorische Nationalität nachgewiesen werden sollte, wurden 490.000 Eintragungen bestätigt und ebenfalls in die neue Liste mit aufgenommen.

Skeptisches warten auf die Wahlen

Mit großer Hoffnung aber auch mit genauso viel Skepsis wartet die Bevölkerung auf die Präsidentschaftswahlen Ende Oktober. Zu oft schon wurden die Erwartungen enttäuscht. Eine lange Liste von Wahlverschiebungen hat die Bevölkerung fatalistisch werden lassen. Eigentlich kann es nach einem Treffen des Staatspräsidenten Laurent Gbagbo, des Premierminister Guillaume Soro und den Führern der Opposition Henri Konan Bédié und Alassane Ouattara nichts mehr geben, was die Wahlen aufhält. Lediglich die Überzeugung, dass die politische Klasse mit der aktuellen Situation ganz gut lebt und insbesondere der Präsident kein wirkliches Interesse Wahlen hat, lässt an den Wahlen noch zweifeln.

Da Präsident Gbagbo nicht sicher sein kann, die Wahlen zu gewinnen, ist nicht ausgeschlossen, dass er neue Gründe für eine Verschiebung findet. Die noch nicht durchgeführte Entwaffnung der Milizen und die prekäre Sicherheitslage in einigen Teilen des Landes, könnten das Argument sein, erneut die Wahlen zu verschieben.

Der Konflikt könnte wieder heiß werden

Sollten die Wahlen erneut verschoben werden, könnte dies die Bevölkerung auf die Strasse bringen. Die Enttäuschung und Verzweiflung wäre dann sicher nicht mehr zu steigern. Endlos wird der Präsident nicht auf die Geduld der Menschen zählen können. Eine erneute Verschiebung könnte auch die Aktualität der dann ein Jahr alten Wählerliste wieder auf die Tagesordnung setzen.

Unklar wäre auch, ob die Führer der Opposition ihre Parteijugend noch ruhig halten können. Die überwiegend junge Parteibasis verliert die Geduld und drängt nach Veränderungen. Sollte der 31. Oktober nicht eingehalten werden, könnte dies die Lunte an den für die politischen Führer des Landes sehr bequemen Status quo legen.

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Florian Karner

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florian.karner@kas.de

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