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Benin: Parlamentswahlen vom 30.03: Amtliches Endergebnis

von Klaus D. Loetzer

vom 8. April 2003

Die Parlamentswahlen sind friedlich verlaufen. Die Wahlbeteiligung war gegenüber den Kommunalwahlen erheblich geringer. Die Zeitungen schreiben: das Wahlvolk ist müde. Es gibt ca. 3,5 Mio. Wahlberechtigte. Davon hatten sich zu den Kommunalwahlen im Dezember 2002 ca. 2,64 Mio. Menschen eingeschrieben. Bei den Parlamentswahlen wurden die selben Wahllisten verwandt. Ca. 1,5 Mio. Menschen gingen jetzt zur Wahl, das sind knapp 57 Prozent der abgegebenen Stimmen.

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(Die Zahlen variieren selbst in den amtlichen Veröffentlichungen.)

Was sich bereits bei den Kommunalwahlen im Dezember 2002 als Trend abgezeichnet hatte, bestätigte sich auch bei den Parlamentswahlen: das Regierungsbündnis "Union pour le Bénin du futur" (UBF) ist stärkste politische Kraft im Lande. Die UBF stellt alleine ca. 31 Abgeordnete (Amtl. Endergebnis festgestellt vom Verfassungsgericht, 08.04.2003) im Parlament. Zusammen mit den Sitzen der zur "Mouvance" gehörenden Parteien, die es aber wegen schlechter Plazierungen auf der UBF-Liste vorgezogen hatten, eigenständig aufzutreten (siehe unten), kommen damit die Parteien des Regierungsbündnisses (MADEP (9 Sitze), Force Clé (5), MDS-CAP-SURU (1), LNA (2), Alliance MDC-PS-CPP (2), IPD (2), AFP (1), MDS Alodé Alomè (1)) auf eine stattliche Mehrheit in der Legislative. Die oppositionelle RB kommt auf 15 (Sogolo), PRD (Houngbédji) auf 11 und die Alliance Étoile auf ca. 3 Sitze. D.h. die Oppositionsparteien kommen zusammen auf ca. 29 der 83 Sitze des Parlaments. Die Mouvance von Präsident Kérékou hat damit knapp (um 2 Sitze!) eine Zweidrittelmehrheit verfehlt. Im alten Parlament war die Opposition noch mehrheitlich vertreten gewesen.

Neuesten Zeitungsmeldungen (09.04.) zufolge soll die PRD Houngbédjis auf dem Weg ins Regierungslager sein. Eventuell, um sich den Posten des Parlamentspräsident zu sichern? Am 10.04. dann die Meldung: Houngbédji bestätigt dieses "Gerücht"!

Ein anderes Gerücht, das inzwischen offen in den Zeitungen kolportiert wird und jüngst von Staatsminister Bruno Amousso dementiert wurde, lautet: Mit der satten Mehrheit nach Übertritt von Houngbédji soll die Verfassung dahingehend geändert werden, Präsident Kérékou eine dritte Amtszeit bei den Präsidentschaftswahlen in 2006 zu ermöglichen ...

Insgesamt werden übrigens nur sechs Frauen im Parlament Platz nehmen. Hingegen hat sich die Assemblée Nationale gegenüber der letzten Legislaturperiode mit dem Einzug vieler jüngerer Abgeordneter erheblich verjüngt.

Parteien, Parteienbündnisse und -strategien

Für die Parlamentswahlen am 30. März 2003 waren 14 Parteien bzw. Parteienbündnisse zugelassen. Die drei wichtigsten sind das sog. Regierungsbündnis UBF von Staatspräsident Kérékou, die RB von Cotonous neuem Bürgermeister Soglo (Staatspräsident von 1991-96 sowie früherer Weltbankdirektor) sowie die PRD des ebenfalls neuen Bürgermeisters von Porto Novo und noch Parlamentspräsidenten Hougbédji.

Die für die Kommunalwahlen 2002 gegründete „Union pour le Benin du Futur (UBF), ein Art Regierungsbündnis, hat im Vorlauf der Parlamentswahlen eine festere Anbindung der einzelnen Parteien durch die Umwandlung der bisher losen Struktur in eine funktionierende Partei durchlaufen, hinter der als Kopf Bruno Amoussou, der wichtigste Staatsminister Kérékous, steht. Bedeutendste Neuerung ist die vertragliche Festlegung auf eine Unterordnung unter die Fahnen der UBF, die eine folgende unabhängige Positionierung nicht mehr möglich macht und die Kandidatenauswahl in den einzelnen Wahlkreisen in die Zentrale der neuen Partei verlagert.

Einige Parteien zeigten anfänglich Unmut, sich in diese Struktur einbinden zu lassen. Die Fard Alafia, eine der größeren Parteien des Präsidentenbündnisses, nahm allerdings ihre anfängliche Entscheidung, aus dem Parteienbündnis auszutreten, wieder zurück. Anders hingegen die Präsidenten der Parteien RPR, MADEP, PS und MDC-CAP SURU, die ihre Position in der neuen Parteienstruktur gefährdet sahen und entschieden, unabhängig ins Rennen zu gehen. Mit Problem für die UBF behaftet ist hierbei insbesondere die Handhabung der zum Teil konkurrierenden Kandidaten in einigen Wahlbezirken, die das Organisations- und Führungstalent des Präsidenten der UBF und Ministre de l’Etat, Amoussou herausfordert, für Ruhe in den eigenen Reihen zu sorgen. Es herrscht eine große Unsicherheit und Mangel an Informationen unter den Kandidaten der einzelnen Bündnisparteien, da sich niemand sicher ist, wer letztendlich als Kandidat der UBF ins Rennen geht bzw. einen der vorderen Listenplätze einnimmt.

Für gelebte (innerparteiliche) Demokratie zeugt die Tatsache, dass von den Parteispitzen vorgenommene Nominierungen in mehreren Wahlbezirken angefochten wurden. Es sind in erster Linie die Jugendorganisationen, die anhand von Demonstrationen ihrer Unzufriedenheit Luft machten. Die Bedeutung der Jugendverbände ergibt sich aus dem hohen Jugendanteil in Benin (ca. 60 Prozent der Bevölkerung sind unter 20 Jahre jung).

Die Tatsache, dass sich bereits mehrere Partner der neuen Parteienstruktur verweigerten, muss zwar nicht automatisch eine Aufkündigung der in den Kommunalwahlen erfolgreichen Allianz zur Folge haben, wirft allerdings bereits einen Schatten auf die hochgesteckten Ziele des Regierungsbündnisses.

Diese Transformation wird noch für viele Auseinandersetzungen sorgen und es muss ein innerparteilicher Mechanismus gefunden werden, der alle Bündnispartner zufrieden stellt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das frische Parteienbündnis schnell wieder auseinander fällt. Innerparteiliche Demokratie ist allerdings in einem Land, wo Parteien von den finanziellen Ressourcen weniger, wenn nicht gar einer einzigen Person abhängen und kaum auf Beitragsfinanzierung basieren, vorläufig eher noch eine Illusion.

Innerhalb der Renaissance du Bénin (RB), der größten Oppositionspartei, kam es im Vorlauf der Kandidatennominierungen der einzelnen Wahlkreise ebenfalls zu Spannungen. Bezeichnend ist der Wahlkreis Abomey, in dem das „Comite force et courage (Cfc)“ gegründet wurde, das von der RB fordert, einen anderen Kandidaten aufzustellen. Dem bisherigen wird vorgeworfen, sich während seiner vorherigen Mandate nicht ausreichend für die Interessen der Kommune eingesetzt und sich eher durch Abwesenheit ausgezeichnet zu haben. Da für die Auswahl des Kandidaten kein fester Mechanismus vorgesehen ist, ist die Bestimmung der Kandidaten eher von guten Beziehungen zu den Parteichefs abhängig.

Auch in diesem wie anderen Fällen muss das Interesse und Engagement der lokalen Bevölkerung an der Auswahl ihrer Kandidaten sehr positiv im Sinne demokratischen Handelns bewertet werden. Wenn hier auch weniger, wie erwähnt, innerparteiliche Funktionsmechanismen am Werke waren, sondern vielmehr basisdemokratische Formen zur Anwendung kamen. Vielleicht entspricht das eher afrikanischen Bedingungen?

Ein anderes auffälliges Ereignis war die Nichtberücksichtigung drei herausragender Persönlichkeiten neben der Familie Soglo bei den Kandidatennominierungen der einzelnen Wahlbezirke der PR. Dies ist vor allem auf den Vertrauensverlust nach Abspaltungsaktivitäten bei den Kommunalwahlen 2002 zurückzuführen, sowie auf Gerüchte über eventuelle Pläne dieser zu dem Kreis der „Barone“ zählenden Leuten, sich neu formieren zu wollen (sie gingen schließlich zur PRD; siehe unten). Auf diesem Wege sowie mit der Positionierung des Sohnes Lehady Soglo für die Präsidentschaftswahlen 2006, versucht die Familie Soglo ihre Position innerhalb der RB auszubauen.

Die bei den letzten Parlamentswahlen existierende Allianz „Parti de la révolution populaire du Bénin“ (PR-PRD) hat sich in der laufenden Legislaturperiode in PR (siehe oben) und PRD aufgespalten. Die Parti du renouveau démocratique (PRD) wird von Adrien Hougbédji angeführt. Er ist zur Zeit noch amtierender beninischer Parlamentspräsident und seit einigen Wochen Bürgermeister der politischen Hauptstadt Porto Novo. Zwischen RB und PRD besteht bereits eine große Konkurrenz, haben sie doch beide ihre Heimat im Süden Benins und mit Houngbédji und Soglo zwei Platzhirsche, die sich nicht mögen. Die aus dem Wechsel der drei oben erwähnten Kandidaten resultierende konkurrierende Situation zwischen den ehemaligen und neuen RB-Kandidaten in den betroffenen Wahlbezirken heizt die Spannung zwischen diesen beiden Oppositionsparteien noch weiter an.

Einer der drei Kandidaten hat es auch über die PRD nicht geschafft, ins Parlament zu kommen. Jetzt nach der (für ihn erfolglosen) Wahl erklärt er, sich nach wie vor zu Soglos RB zugehörig zu fühlen!

Die weiteren Parteien und Parteigruppierungen haben im Vergleich zu den drei beschriebenen weit geringere Chancen und werden nur mit wenigen Abgeordneten vertreten sein:

Das Mouvement africain pour la démocratie et le progrès (MADEP) des reichen Geschäftsmannes Séfou Fagbohoun ist eine bekannte Größe, hat aber, wie gesagt, nur geringe Chancen. Dort ging übrigens die Parti National Ensemble (PNE) des Justizministers Joseph Gnonlonfoun auf. Anlässlich eines Fortbildungstreffens der PNE äußerten Parteimitglieder ihren Unmut darüber, dass sie zu dieser Frage nicht konsultiert wurden.

PSD Le BELLIER (bellier = Widder).

(Nicht zu verwechseln mit der früheren „Parti social-démocrate“ (PSD), die von Bruno Amoussou, Staatsminister der Regierung, geführt wurde und jetzt in der UBF aufgegangen ist.)

Dieser und wie der weiter oben erwähnte Fall (PRD / RB) zeigen auch, dass in Benin (in Afrika?) Parteien und Parteizugehörigkeit eine andere Bedeutung als bei uns haben.

Alliance Etoile war die eigentliche Überraschung bei den letzten Parlamentswahlen und es bleibt abzuwarten, ob sie diesen Erfolg wiederholen kann. Sie beherbergen unter anderen die Grünen Benins.

In der Alliance des Forces du Progrès (AFP) ging u.a. die oben erwähnte RPR auf, die zunächst eine Allianz mit dem Regierungsbündnis UFB gesucht hatte.

Auch die MDS wollte zunächst mit dem UBF zusammengehen, hat sich jetzt aber mit anderen kleineren Parteien zur MDS-CAP SURU zusammengetan.

Alleine tritt die Rassemblement Pour la Démocratie et le Panafricanisme (RDP) an.

Das gleiche gilt für die Force Clé, die Impulsion pour le progrès et la Démocratie (IPD), die Alliance MDC/PS/CPP, die Union Patriotique (UP) und die Nouvelle Alliance (LNA).

Vorkehrung gegen Wahlbetrug?

Aufgrund der hohen Anzahl von Wahlberechtigten, die nicht schreiben und lesen können, spielen die Logos der Parteien eine große Rolle. Die Wahl erfolgt in der Form, dass der Wähler seine Markierung neben das Logo seiner Partei setzt. Das zentrale Quadrat auf dem unten abgebildeten Muster ist frei gelassen. Die echten Wahlzettel werden am Wahltag mit einer bisher geheimgehaltenen Markierung versehen ausgeliefert, die allen Wahlhelfern erst am Morgen des Wahltages bekannt gegeben wird. So soll verhindert werden, dass gefälschte Wahlzettel in Umlauf geraten.

Unter Mitarbeit von Cormac Ebken (Praktikant)

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Kontakt

Elke Erlecke

Elke Erlecke bild

Regionalbeauftragte Ost Kommunalpolitik

elke.erlecke@kas.de 0151 6723 8607

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