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Die Übergangsregierung sei abgesetzt, der Conseil National de Transition aufgelöst, der Präsident sei „demissioniert“: dies verkündete heute Morgen ein Uniformierter im staatlichen Fernsehen. Das offensichtliche Mitglied der ehemaligen Präsidentengarde stellte sich vor als Mitglied eines „Conseil National pour la Démocratie“, eines bislang unbekannten Organes. Ziel sei die Errichtung einer neuen Regierung der nationalen Kohäsion.
Gestern Nachmittag hatten Mitglieder der Präsidentengarde den Übergangspräsidenten Michel KAFANDO und den Premierminister Isaac ZIDA als Geiseln genommen. Demonstranten an den zentralen Plätzen der Hauptstadt Ouagadougou wurden mit Gewalt in Schach gehalten. Was sich anfänglich noch als Aktion lediglich der Präsidentengarde darstellte, entpuppte sich mittlerweile als veritabler Staatsstreich.
Die internationale Gemeinschaft hat bereits am Mittwochnachmittag mit Empörung reagiert. Sowohl die Vereinten Nationen (VN) als auch Afrikanische Union und die Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten (CEDEAO) hatten auf die Vorgänge direkt mit der Forderung nach Freilassung der Geiseln reagiert. Die Urheber der Geiselnahme würden zur Verantwortung gezogen und hafteten persönlich für die Unversehrtheit der Geiseln. Die Sicherheitskräfte sollten sich sofort wieder der Übergangsregierung unterstellen. Eine einstimmig angenommene Deklaration des Sicherheitsrates der VN verurteilt die Geiselnahme als Verletzung der burkinabischen Verfassung und fordert die strikte Einhaltung des Wahltermins 11. Oktober. Der Spezialgesandte der VN für Westafrika, Mohamed Ibn Chambas, sowie CEDEAO und Afrikanische Union hätten die volle Unterstützung bei ihren Bemühungen, diese Krise zu lösen. Die USA haben sich diesen Forderungen angeschlossen. Frankreich verurteilte jede Art von Gewaltanwendung.
In den letzten Monaten hatte die burkinabische Öffentlichkeit intensiv eine Einschränkung des Wahlrechtes für die kommenden Wahlen diskutiert. Danach sollten alle diejenigen Parlamentarier nicht mehr kandidieren dürfen, die sich unter Blaise Compoaré für eine Änderung des Artikels 37 der Verfassung eingesetzt hatten. Durch diese Modifikation hätte der ehemalige Präsident die Chance einer nochmaligen Kandidatur nach 37 Jahren Amtszeit gehabt. Sie war letztendlich die Ursache für den Umsturz vom November 2014, der unter Leitung der Zivilgesellschaft und deutlicher Zurückhaltung des Militärs weitestgehend gewaltfrei und gut organisiert abgelaufen war.
Die Vorgänge in Burkina Faso werden sicherlich Signalwirkung für die Region haben. Erst in der letzten Woche hatte der Sondergesandte der VN, Chambas dem Nachbarn Niger einen Besuch abgestattet. Er hatte unmissverständlich gefordert, dass die für Februar 2016 angesetzten Präsidentschaftswahlen frei und inklusiv ablaufen müssten, also keine Partei von den Wahlen ausgeschlossen werden dürfte. Hätte der Umsturz in Burkina Faso Erfolg, könnte dies auch eine negative Wirkung für die Demokratisierungsprozesse in der Region haben.