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Niger: 2. Runde Präsidentschaftswahlen sowie Parlamentswahlen am 4.12.2004

von Klaus D. Loetzer

Auch die 3. Wahlen in 2004 verliefen friedlich

6 Kandidaten bewarben sich um die Präsidentschaft, wobei vorher Amtsinhaber Mamadou Tandja (66) des National Movement for Society and Development / Mouvement Nationale pour la Société de Développement (MNSD/NASSARA) die größten Chancen eingeräumt worden waren. Sein größter Herausforderer ist Oppositionsführer Mahamadou Issoufou der Niger Party for Democracy and Socialism / Parti Nigérien pour la Démocratie et le Socialisme (PNDS). Weitere Kandidaten sind Hamid Algabid der Rally for Democracy and Progress (RDP), der derzeitige Parlamentspräsident Mahamane Ousmane (Social Democratic Convention - CSD), der Oberst i.R. und ex-Minister Moumouni Djermakoye sowie Ahmadou Cheiffou, ein früherer Premierminister.

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M. Tandj, ein ex-Armeeoberst, hatte 1999 die Wahlen mit 60% gewonnen. Im Dezember 2004 erhielt er in der zweiten Runde über 65%.

Tandja ist seit der Unabhängigkeit der erste gewählte Präsident, der seine Amtszeit ohne Putsch oder Eliminierung überstanden hat! Ein Zeichen der Konsolidierung demokratischer Verhältnisse im Niger!

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Bei den Parlamentswahlen 2004 ging es um die Verteilung von 113 Sitzen (1999: 83 Sitze).

Alte und neue Sitzverteilung (Wahlen 1999, 83 Sitze / 2004, 113 Sitze )

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Mouvement National de la Societé de Développement MNSD

- 47 Sitze (1999: 38)

Convention démocratique et sociale CDS

- 22 Sitze (17)

Parti Nigerien pour la Democratie et le Socialisme PNDS - 17 Sitze (16)

Rassemblement pour la Démocratie et le Progrès RDP

- 6 Sitze (8)

Alliance nigérienne pour la démocratie et le progrès ANDP

- 5 Sitze (4)

Parti pour le socialisme et la démocratie au Niger (PSDN) : 1 Sitz: (0)

Liste commune de 4 partis avec le PNDS (PNA, PPN-RDA, UDR, UNI): 8 Sitze

1999-2004 bestand eine Koalitionsregierung unter Premierminister Amadou Hama (MNSD) mit der ANDP (hauchdünne Mehrheit mit 42 von 83 Sitzen). Die "Mouvance présidentielle" hat sich 2004 auf die mit einem

bezeichneten Parteien vermehrt -- ein Run auf Regierungsämter. Politische bzw. programmatische Ausrichtungen der Parteien spielen da keine Rolle -- sie gibt es nämlich nicht.

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TICKER --» 06.12.2004

2. Runde Präsidentschaftswahlen sowie Parlamentswahlen am 04.12.2004

Montagmorgen liegt Amtsinhaber Tandja nach Auszählung von 57 Wahlbezirken vorne

» Le président sortant en tête d'après les premiers résultats partiels

Auch die 3. Wahlen in diesem Jahr verliefen ohne Zwischenfälle

» Fin du vote pour les élections au Niger, aucun incident signalé

Die Wahlen wurden im Gegensatz zu den beiden früheren ohne jede ausländische finanzielle Hilfe abgewickelt

» Pas d'appui financier extérieur pour les élections de samedi (Ceni)

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TICKER --» 21.11.2004

1. Runde Präsidentschaftswahlen am 16.11.2004

Vorläufiges Endergebnis der CENI:

(Das Ergebnis bedarf der Bestätigung durch das Verfassungsgericht, um als offizielles amtl. Endergebnis zu gelten.)

Wahlberechtigt : 5.255.232

Abgegeb. Stimmen : 2.535.493

Ung. Stimmen : 97.133

Gültige Stimmen: 2.439.252

Wahlbeteiligung: 48,25%

Ergebnis:

  1. Mamadou Tandja : 40,67% der abgegebenen Stimmen
  2. Mahamadou Issoufou : 24,60%
  3. Mahamane Ousmane : 17,43%
  4. Amadou Cheiffou : 6,35%
  5. Moumouni Djermakoye Adamou: 6,07%
  6. Hamid Algabid : 4,89%

Interessant ist anzumerken, dass die Wahlbeteiligung mit 48,25 % um fast 5% höher lag als die bei den Lokalwahlen im Juli 2004 (43,56%). Die theoretischen Überlegungen gehen ja gerade dahin, dass die Lokalwahlen interessanter für den Bürger sind, da es hier um seine tagtäglichen Belange geht. Auch hat sich ein anderer Trend nicht bestätigt, nämlich dass bei zwei relativ kurz aufeinander folgenden Wahlen bei der 2. Wahl die Beteiligung geringer ausfällt. Das war z.B. in Benin zu beobachten, als den Kommunalwahlen (Dez. 2002) in kurzem Abstand Legislativwahlen (März 2003) folgten, die eine deutliche „Wahlmüdigkeit“ bei den Wählern zeigte. (vergl. » hier)

Da keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit in der ersten Runde erreicht hat, ist für den 4. Dezember ein zweiter Urnengang nötig, der dann mit den Legislativwahlen stattfinden wird, die für diesen Tag geplant sind.

Der Drittplazierte, Parlamentspräsident Mahamane Ousmane (CSD) hat Tandja bereits die Unterstützung für den 2. Wahlgang zugesagt. Die CSD bildet als Juniorpartner mit der MNSD Tandjas eine Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Amadou Hama (MNSD).

Von der Partei des Herausforderers Mahamadou Issoufou gibt es bereits erste Vorwürfe der Wahlmanipulation durch die Regierung, die sich im Vorfeld der Wahl ereignet habe sollen. Laut des Wahlkampfdirektors der PNDS hätten Leute von Präsident Tandja massive Betrügereien in Form von Zulassung von Ausländern entlang der Grenzen, der Verteilung von gefälschten Wahlkarten etc. begangen.

Diese Informationen können von hier aus nicht bewertet werden, sollen aber der Vollständigkeit halber nicht verschwiegen werden. (mehr dazu » hier (franz.)

Ausländische unabhängige Wahlbeobachter bescheinigen der Regierung hingegen, weitestgehend freie und transparente Wahlen, die ohne größere Unregelmäßigkeiten verlaufen seien, organisiert zu haben.

Auch diese Informationen sind mit Vorsicht zu genießen. Es ist kaum glaubhaft, dass kurzfristig in einem Land befindliche ausländische Beobachter, die der lokalen Sprachen nicht mächtig sind und wenn überhaupt höchstens Französisch sprechend (oft allerdings nur Englisch), in einem derartig riesengroßen Land wie Niger eine solche Aussage guten Gewissens machen können.

Unser Partner vor Ort, eine lokale NGO , die zusammen mit anderen NGOs Wahlbeobachter im Feld hatte, berichtet von ordnungsgemäß abgelaufenen Wahlen.

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Weitere Informationen

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Das Programm der Konrad-Adenauer-Stiftung im Niger

Die Aktivitäten der Konrad-Adenauer-Stiftung im Niger werden vom Regionalprogramm für politische Bildung Westafrika (PBWA) betreut. Die bisherige Arbeit konzentrierte sich auf die Stärkung der Zivilgesellschaft einschl. Genderfragen (mehr dazu » hier), die Zusammenarbeit mit politischen Parteien, die Sensibilisierung der Wähler im Vorfeld von Wahlen, die Förderung lokaler Radiostationen im Bereich der politischen Grundbildung durch Bereitstellung von Arbeitsmaterialien in lokalen Sprachen, die Förderung der privaten Presse, Veranstaltungen zur sozialen Marktwirtschaft inkl. NEPAD (mehr dazu » hier) und die Zusammenarbeit mit dem Militär im Bereich "Staatsbürgerkunde in den Kasernen" (mehr dazu » hier)

Aus Anlass der Präsidentschaftswahlen vom 16.11.2004 werden auf dieser Seite KAS-interne aber auch externe Informationen zusammengestellt. Weiter unten finden Sie dann noch einige Informationen zur politischen Lage des Niger.

Bitte beachten Sie, dass wir für die externen Links keine Verantwortung übernehmen. Die dort wiedergegebenen Meinungen stellen nicht unbedingt die Auffassung der Konrad-Adenauer-Stiftung dar!

Medienberichterstattung

» Aktuelle Berichterstattung (allAfrica.com)

(Sprache: englisch / französisch)

KAS: Politische Kurz- u. Länderberichte

» Lokalwahlen 24. & 25. Juli 2004 – Sieg für die Regierungspartei

(Sprache: deutsch; Bericht der KAS vom 25.08.2004)

» Nationale Strategie zur Konfliktprävention

(Sprache: deutsch; Bericht der KAS vom 2. Feb. 2003)

» Niger im Aufwind

(Sprache: deutsch; Länderbericht der KAS vom 10.05.2000)

Informationen zum Land

Niger ist eines der ärmstem Länder Afrikas und damit der Welt, es liegt beim Human Development Index auf Rang 174 von 175 Ländern!

Laut UNDP Human Development Report 2004 haben 60% der Nigrier ein Einkommen von USD 1,00 oder weniger, nur jeder fünfte lebt unter zumutbaren sanitären Verhältnissen (Abwasser) und nur gut 40% haben Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Einschulungsquote hat sich zwar in den letzten 10 Jahren von 24 auf 34% erhöht, gehört aber nach wie vor zu der niedrigsten in Afrika. Ein weiteres großes Problem ist die Arbeitslosigkeit, die teilweise durch Übernahme in die Armee entschärft werden sollte, was einerseits zu einer übergroßen Armee geführt hat und andererseits zu sozial bedingten Revolten, da der Sold oft ein halbes Jahr und mehr im Rückstand war, d.h. nicht jede Armee-Revolte ist politisch bedingt!

Niger hat nach den politisch turbulenten und gewaltbehafteten 90er Jahren (in zehn Jahren zwischen 1989 und 1999 hat es in Niger vier Republiken, vier verschiedene Verfassungen, drei Transitionen, vier Staatschefs, vier Parlamente, neun Premierminister, 20 Regierungen und 150 Minister gegeben. Dazu kamen ein ziviler Staatsstreich im Jahre 1991 und zwei militärische in den Jahren 1996 und 1999 mit einem getöteten Präsidenten, Ibrahim Baré Maïnassara, den direkten Vorgänger Tandjas) zwar eine fragile aber dennoch beachtliche Stabilität unter der Koalitionsregierung aus MNSD (Mouvement Nationale pour la Société de Développement) / ANDP (Alliance Nigérienne pour la Démocratie et le Progrès ) unter Ministerpräsident Amadou Hama erfahren.

Die politische Situation Nigers ist gekennzeichnet durch gesellschaftspolitische Krisen auf allen Ebenen, die teilweise durch die jetzige Regierungspolitik mitverursacht wurden. Trotz dieser Defizite, die autoritäres Verhalten der Presse gegenüber einschließen, muss die zunächst so nicht erwartete Unabhängigkeit des Verfassungsorgans Verfassungsgericht positiv hervorgehoben werden, das bereits mehrmals Regierungsinitiativen, zuletzt die Änderung des Wahlgesetzes (code électorale), gestoppt hat.

Die von Touaregstämmen (» Karte Verbreitungsgebiet mit Erläuterungen (franz.)) geprägte nigrische Gesellschaft ist trotz der verheerenden politischen Bilanz der 90er Jahre (siehe oben) ein auf Ausgleich und Konsens bedachtes sozio-politisches System. Zur weiteren Positivbilanz der Regierung gehört daher ein im Rahmen einer „Stratégie Nationale de Prévention des Conflits“, die durch eine „Commission Nationale de Prévention des Conflicts et de Promotion du Dialogue Social“ (CNPC/PDS) umgesetzt wird (mehr dazu » hier), eingeleiteter Versöhnungsprozess, der querschnittsorientiert alle Politikbereiche des riesigen Landes durchdringen soll. Den politischen Parteien als Träger der öffentlichen Meinung wird dabei zentrale Bedeutung zugewiesen. In der politischen Klasse Nigers hat sich offensichtlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ohne politischen und sozialen Frieden keine nachhaltige Entwicklung vorangetrieben werden kann.

Ein (weiteres) Sorgenkind ist der vor 8 Jahren durch Kommunalwahlen eingeleitete Dezentralisierungsprozess. Die ersten Kommunalwahlen erwiesen sich insofern als Fehlschlag, als sie nicht zur Bildung von gewählten Gemeinderäten mit Bürgermeistern an der Spitze führten. Ein neuer Anlauf war für Ende 2003 vorgesehen, der aber zunächst auf März, dann auf den Mai 2004 verschoben wurde und nun haben die Kommunalwahlen endgültig im Juli 2004 stattgefunden (mehr dazu » hier). Der Misserfolg der Dezentralisierung ist u.a. auf die irrige Vorstellung der Regierenden zurückzuführen, dass diese von außen aufgezwungene staatliche Neuordnung, die zu mehr politischer Mitsprache der betroffenen Bevölkerung führen soll, auch gefälligst zu 100% von den internationalen Gebern zu finanzieren ist – eine Forderung, die sich nicht nur auf die investiven (soziale Infrastruktur), sondern auch auf die administrativen Maßnahmen bezieht. Mit den Kommunalwahlen vom Juli, die für die Regierungspartei erfolgreich verliefen, besteht nun Hoffnung auf einen Neuanfang.

Aber auch anderer „typischer“ politischer Probleme afrikanischer Staaten kann sich Niger nicht entziehen:

Korruption sowie Zweckentfremdung und Veruntreuung (détournement) öffentlicher Mittel sind in Niger weit verbreitet. Im Rahmen einer Überprüfung von Bar-Gehaltsauszahlungen wurde herausgefunden, dass alleine monatlich ca. US $150.000 öffentliche Gelder durch Zahlung an sogen. Ouvriers fantômes (Ghostworkers) verschwinden, was sich in den letzten Jahren damit jährlich auf US $1.900.000 summiert hat. Dem soll jetzt durch Bank-Gehaltsüberweisungen an die Staatsfunktionäre entgegengewirkt werden.

Auch das Justizsystem weist die bekannten Dysfunktionalitäten auf. Eine im Rahmen der Reform des Justizsektors durchgeführte Untersuchung, die im Januar 2003 veröffentlicht wurde, kommt zu folgenden Ergebnissen, die sich gegenseitig bedingen und alle das gleiche Muster aufweisen:

  • Politische Einflussnahme auf Richter
  • Politische Prozesse
  • Anfechtung der Urteile aufgrund politischer Motivationen
  • Bei Prozessen gegen Journalisten werden einfache Delikte zu politischen umfunktioniert
  • Die „großen Fische“ werden aufgrund politischer Verbindungen laufen gelassen, während kleine Delikte unnachgiebig verfolgt werden
Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass das Justizsystem kein großes Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Mit dem Ergebnis, dass man in vielen Fällen Straftaten erst gar nicht anzeigt, sondern Selbstjustiz übt. Das wiederum wirkt sich abträglich auf die Entwicklung eines demokratischen, auf Vertrauen in die Institutionen des Staates ausgerichteten Bewusstseins in der Bevölkerung aus.

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