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Event Reports

Green Rio 2014 - Von Rio +20 über FIFA WM zur Olympiade

by Kathrin Zeller

Green Rio 2014 - Da Rio +20 via Copa até as Olimpíadas

Am 9. und 10. November fand in Rio der Workshop unter Teilnahme des Öko-Instituts und des Umweltamtes der Stadt Rio neben weiteren wichtigen lokalen Autoritäten statt. Im Mittelpunkt standen die Themen Recycling, Verkehr und Umweltbildung.

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In den nächsten Jahren wird Rio de Janeiro Austragungsort zahlreicher internationaler Megaevents sein. Um diese Herausforderung bestehen zu können, ist ein hohes Maß an Organisation und Planung durch die lokale Regierung gefordert. Mit dem Ziel, diese Bemühungen zu unterstützen, hat die Konrad Adenauer Stiftung innerhalb des Workshops am 9. und 10. November 2011 ein Kooperationsabkommen mit dem Umweltamt der Stadt Rio

unterzeichnet. Ziel der Vereinbarung ist es, die Arbeit des Umweltamtes durch die gegenseitige Zusammenarbeit zu stärken und Unterstützung für Projekte der Nachhaltigkeit in Bezug auf die anstehenden Megaevents zu leisten. Aktionen in den Bereichen Klimawandel, nachhaltige Entwicklung, einschließlich der sozioökonomischen und ökologischen Bildung, werden im Mittelpunkt dieser Partnerschaft stehen. Am Ende der Veranstaltung konnten bereits erste Ideen näher ausgearbeitet werden und sollen in den nächsten Monaten konkretisiert werden, wie im Folgenden dargestellt wird.

Zahlreiche lokale Autoritäten hatten ihre Teilnahme am Workshop angekündigt. Neben einer Vertreterin der FIFA waren auch die Außenhandelskammer und der lokale Industrieverband FIRJAN präsent. Nach der Eröffnung durch Dr. Thomas Knirsch, Leiter des Auslandsbüros der KAS in Brasilien, begrüßte der Leiter des Umweltamtes und stellv. Bürgermeister der Stadt Rio, Carlos Alberto Muniz, die Anwesenden. Er unterstrich die Bedeutung der Vorbereitung der Stadt, die angesichts der Klimakonferenz im kommenden Jahr bereits auf Hochtouren liefe. Laut Muniz erwartet die Stadt zu dem Event 50.000 Besucher. Nelson Moreira Franco, zuständig für die Koordinierung aller klimabezogenen Projekte des Umweltamtes, stellte im Anschluss den Bericht über die Verursacher der Treibhausgase Rio de Janeiros vor. Dieser überwacht Veränderungen innerhalb der verschiedenen Emissoren und dient als Grundlage zur Politikfindung.

Der Workshop, finanziert durch das deutsche Bundesumweltministerium, war in einer Form

organisiert, dass jeweils lokale Autoritäten ihren Bereich und den derzeitigen Stand vorstellten. Im Anschluss wurden dann vom Öko-Institut konkrete Projektideen vorgestellt, die in den Monaten vorher bereits durch einen Dialog zwischen einer Kernarbeitsgruppe in Rio und dem deutschen Institut erarbeitet worden waren. Schließlich wurden die Vorschläge jeweils diskutiert, Verbesserungsvorschläge eingebracht und debattiert, mit welchen Folgeschritten die Vorschläge sich in die Praxis umsetzen ließen. Das Öko-Institut ist eine Forschungs- und Beratungseinrichtung und erarbeitet Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut hat 2006 das Projekt „Green Goal“ für die FIFA Weltmeisterschaft des Fußballs in Deutschland entwickelt und umgesetzt. Ausgehend von dieser und anderer Erfahrungen in Projekten zur nachhaltigeren Umsetzung von Megaevents präsentierten die beiden Vertreter, Matthias Buchert und Daniel Bleher ihre Projektvorschläge. Die größte Herausforderung war dabei die Anpassung an die lokalen Gegebenheiten. Der Workshop war daher ein essentieller

Schritt, die Expertise der beiden Spezialisten mit denen der lokalen Autoritäten zu vereinigen. Ziel des Projektes „Green Goal“ war 2006 die Durchführung der WM ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt. Die Bewerbung der öffentlichen Verkehrssysteme, die letztlich 74% der Gäste in Anspruch nahmen, als auch die effiziente Nutzung von Energie oder Nutzung erneuerbarer Energiequellen waren einige der umgesetzten Maßnahmen.

Claudia Fróes, Zuständige für Abfallwirtschaft des Umweltamtes, bot einen Überblick über die Abfallwirtschaft der Stadt und stellte einige Initiativen zur nachhaltigeren Gestaltung vor.

Neben der Förderung von Kooperativen zur Trennung von recycelbaren Abfällen präsentierte sie ein Modellprojekt zur Sammlung von Kokosnüssen am Strand von Ipanema und

Leblon. Die rund 20 Tonnen, die dort innerhalb eines Wochenendes gesammelt werden, können mithilfe eines Kleinunternehmers zu Bodenbelägen und einigen anderen Produkten

weiterverarbeitet werden. Bisher fehlt jedoch die Infrastruktur, um die Sammlung auf weitere Bereiche der Stadt auszuweiten. Sie unterstrich vor allem, dass Projekte aller Art nur effizient funktionieren könnten, wenn die Beteiligten sich mit ihrer Arbeit identifizieren könnten.

Im Folgenden vertiefte José Penido vom städtischen Abfallunternehmen Comlurb, das rund

18.000 Mitarbeiter zählt und täglich 9.000 Tonnen Abfälle innerhalb des Stadtgebietes

einsammelt, dieses Panorama nochmals. Er hob die extreme Heterogenität des urbanen

Abfalls hervor, dessen Teile jeder für sich ein enormes Potential böte. Die Trennung sei daher essentiell, um alle Bestandteile effizient nutzen zu können. Er bot dem Öko-Institut an

die Infrastruktur der Comlurb nutzen zu können und schlug die gemeinsame Ausarbeitung

eines Pilotprojektes vor. Nachdem die beiden Teilnehmer am Vortag bereits die Kompostierungsanlage Rios besucht und deren Betrieb kennen gelernt hatten, präsentierten sie nun ihre Ideen für die getrennte Sammlung organischer Abfälle in der Stadt. Da

ca. 50% des Gesamtaufkommens von Abfällen organisch ist, bietet dieser Bereich ein außerordentliches Potential. Zuerst sollten in diesem Rahmen Großproduzenten wie Restaurants, Hotels und die Austragungsorte der Megaevents, wie etwa das Fußballstadion, genutzt werden. Im Anschluss könnte die Sammlung der Haushaltsabfälle strukturiert werden. Man kam zu dem Ergebnis, dass dabei das tropische Klima beachtet werden müsse, das eine tägliche Abholung nötig mache. Um den logistischen Aufwand zu begrenzen, wurde eine dezentralisierte Sammlung und Aufarbeitung vorgeschlagen, die etwa in Gemeinschaftsgärten

verschiedener Stadtbezirke und gerade auch in Gebieten in Hanglage mit erschwertem Zugang für Großfahrzeuge der Müllabfuhr, umgesetzt werden könnte. Beachten müsse man hierbei, dass die Entstehung von Gerüchen durch die entsprechende Technik vermieden werde, um die Anwohner nicht negativ zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls die Einbeziehung von Umweltbildungsprojekten zur Sensibilisierung der Bevölkerung gewünscht. Eine weitere Idee war die Bereitstellung von Sonderleistungen für diejenigen, die sich besonders für das Recyceln von Abfällen engagierten. Innerhalb der Fußballweltmeisterschaft könne dies etwa über die Vergabe von Eintrittskarten erfolgen.

Der zweite Tag des Workshops begann mit der Präsentation einer Studie des orschungsinstitutes Fiocruz, vertreten durch Martha Macedo de Lima Barata und Diana Marinho, die Punkte innerhalb des Bundesstaates Rio aufzeigt, die die höchste sozio-ökologische Anfälligkeit für negative Auswirkungen des Klimawandels aufweisen. Die Studie dient als Grundlage für die Entscheidungsfindung innerhalb verschiedener

Möglichkeiten zur Anpassung an den Klimawandel, etwa einer verbesserten Absicherung

von Hängen, an denen es gehäuft zu Erdrutschen gekommen war. Im Anschluss stellte Luiz Paulo Gerbassi vom Verkehrsamt der Stadt Rio die momentane Situation sowie Programme für die nächsten Jahre vor. Eine erste Integration des öffentlichen Verkehrs durch die Einführung eines Tickets, das das Umsteigen in einen Anschlussbus ohne Aufpreis ermöglicht, habe bereits große Fortschritte gebracht. Das Ticket begünstige vor allem die unteren Einkommensklassen, die tendenziell eher in den Außenbereichen der Stadt wohnen, und ihre monatlichen Kosten durch die Maßnahme halbiert sähen. Weiterhin stellte er die Pläne der Bussysteme BRS (Bus Rapid Service) und BRT (Bus Rapid Transit) vor, die bis 2014 den Verkehr erheblich verbessern sollen. Altamirando Moraes, stellv. Leiter des Umweltamtes, stellte die Pläne der Stadtverwaltung innerhalb der Implementierung eines Radsystems vor. Ziel ist es, die Nutzung des Fahrrades nicht nur als Freizeitbeschäftigung sondern

auch als Transportmittel im Alltag zu stärken. Dafür werden nicht nur neue Fahrradwege gebaut, sondern auch die Integration mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder sicheren Abstellmöglichkeiten vorangetrieben. Matthias Buchert lobte die großen Fortschritte

des Fahrradsystems und sah ein großes Potential vor allem an den Spieltagen der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2014. Er erklärte, dass Deutschland zur Förderung des Radverkehrs speziell an den Spieltagen wichtige Strassen oder Teile davon rein für die Nutzung durch Radfahrer gesperrt hatte. Dadurch würden nicht nur CO2-Emissionen vermieden, sondern auch das Verkehrsaufkommen an diesen Tagen deutlich gemindert. Die Stadtverwaltung könne bei der Ausweitung der vorhandenen Kapazitäten aktiv mitwirken, indem sie einen eigenen Bestand aufbaue und den Gästen der Events, die vor Ort über kein Rad verfügen, vermiete. Es habe dazu in Deutschland beispielsweise Aktionen gegeben, in denen eine Stadt um die freiwillige Abgabe defekter Fahrräder bat. Diese wurden im Anschluss repariert und nach dem Event verkauft oder bei anderen Gelegenheiten erneut eingesetzt. Weiterhin betonten die Vertreter des ÖkoInstituts, dass Informationen über sämtliche Maßnahmen zur nachhaltigeren Gestaltung der Stadt zugänglich gemacht werden müssten, um deren Nutzung zu garantieren. Dazu schlugen sie einen grünen Stadtplan nach einem Modell Südafrikas während der WM 2010 vor. In diesem Plan könnten nicht nur Radwege und Bus- sowie Metrostationen, sondern auch Parks oder ökologische Projekte kenntlich gemacht werden. Zu dessen Umsetzung sei auch die Einbindung von Unternehmen möglich. Speziell innerhalb des öffentlichen Transportsystems müssten dringend Informationen für Touristen, seien es brasilianische Touristen oder aus dem Ausland, bereit gestellt werden. Ohne genaue Fahrpläne oder Kennzeichnungen von Haltestellen sowie Tarifen sei der Zugang für Stadtfremde sehr schwierig. Es empfehle sich zudem der Einsatz von Beratungspersonal zumindest an den größten Haltestellen, die den

Passagieren Informationen bieten können. Bilde man eine höhere Zahl von sogenannten

Personal Pilots für die Megaevents aus, würde deren Erfahrung im Nachhinein direkt als Qualifizierung für den ersten Arbeitsmark dienen. So könne man beispielsweise Jugendliche aus der näheren Umgebung der neuen Buslinien einbinden.

Am Häufigsten war während des gesamten Workshops das Thema “Umweltbildung” angesprochen worden. Ein Umweltbewusstsein bildet sich in der brasilianischen Bevölkerung erst in der jüngsten Vergangenheit heraus. Die Megaevents böten hier eine besondere Chance

zur Sensibilisierung und Kampagnen könnten innerhalb der Stadien oder Nebenevents

durchgeführt werden. Innerhalb der Schulen wurde vorgeschlagen aktiv mit den Schülern zu

arbeiten. Es gäbe dafür beispielsweise das Projekt “Umweltdedektiv”. Hierbei untersuchen

Schüler ihre Schulen auf Möglichkeiten zur Energieeinsparung innerhalb eines Wettbewerbs. Als Preis bekommen die Schulen die Hälfte des Geldes, das durch den gesenkten

Stromverbrauch eingespart wird, zur freien Verfügung zurück. Gerade auch die KAS möchte sich im kommenden Jahr diesem Thema widmen und Kurse zur Umweltbildung für Multiplikatoren anbieten. Ein potentieller Partner ist hierbei das Umweltamt Rios.

Herr Buchert begrüßte zum Schluss noch die Ambitionen Brasiliens auch zukünftig eine

wichtige Rolle auf der Weltbühne zu spielen. Er fügte hinzu, dass dies jedoch auch mit Verantwortung gerade im Bereich des Umweltschutzes verbunden sei. Mit der Erkenntnis, dass Rio de Janeiro bereits wichtige Schritte zur nachhaltigeren Gestaltung der Stadt getan habe, jedoch viele Herausforderungen weiterhin nach Lösungen verlangten, endete der Workshop.

Der Erfahrungsaustausch zwischen den Experten über die einzelnen Projekte, nicht nur hinsichtlich der technischen Möglichkeiten, sondern auch deren Wege in die praktische Anwendung, schlossen im gegenseitigen Übereinkommen, zukünftig gemeinsam an der Umsetzung der Ideen weiter zu arbeiten. Die KAS wird in diesem Zusammenhang auch zukünftig über Fortschritte und praktische Ergebnisse informieren.

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