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Event Reports

Megastädte – Ihre Entwicklung und Rolle in der Welt

by Gregory Ryan, Kathrin Zeller
Am 23. und 24. November fand in Bogotá die Veranstaltung Megacities in Zusam-menarbeit der Auslandsbüros Kolumbien und Brasilien sowie der Organisation Bo-gotá Como Vamos statt.

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Am 23. und 24. November fand in Bogotá die Veranstaltung Megacities in Zusammenarbeit der Auslandsbüros Kolumbien und Brasilien sowie der Organisation Bogotá Como Vamos statt. Im Zentrum stand die Diskussion um eine nachhaltigere und lebenswertere Gestaltung der Megastädte und deren Rolle beim Klimaschutz. Ziel des Seminars war es, sowohl allgemeine Fragen zum Thema Megastädte und deren Nachhaltigkeit zu diskutieren, als auch näher auf bestimmte Aspekte der Stadtplanung einzugehen. Des Weiteren standen die Rolle der Megacitys im internationalen System sowie ihre Kooperation untereinander zur Diskussion. Die Vereinten Nationen definieren „Megacitys“ als Städte mit über 10 Millionen Einwohnern. Bereits jetzt leben weltweit mehr Menschen in urbanen Gebieten als auf dem Land. Die Tendenz steigt: Laut UN werden sich in den nächsten 30 Jahren zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten niederlassen. Daraus ergeben sich enorme Strukturprobleme für die betreffenden Länder. Die größte Herausforderung stellt dabei der Umweltschutz dar. Faktoren wie Verkehrsstaus, Luftverschmutzung, Wasserknappheit, Klimawandel, Anpassungsprobleme oder Abfallnotstand mindern nicht nur die Lebensqualität der Einwohner, sondern bewirken gleichzeitig eine Verringerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der Metropolen. Das Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung

soll dazu beitragen, diese Entwicklung zugleich als Herausforderung und Chance für die Gesellschaft und die internationale Politik zu sehen. Die Veranstaltung wurde durch Alexandra Rodríguez von Bogotá Como Vamos sowie Thomas Knirsch und Stefan Jost, Leiter der Auslandsbüros in Brasilien und Kolumbien, eröffnet. Während Alexandra Rodríguez betonte, dass Megastädte und deren anhaltendes Wachstum nicht als Problem, sondern als Chance zu werten seien, unterstrich Herr Jost die Verschiedenartigkeit der Städte. Trotz der Unterschiede stünden diese jedoch ähnlichen Herausforderungen gegenüber, wie der Verbesserung der öffentlichen Verkehrssysteme, der Sicherheit und der Einbeziehung des Umlandes der Städte in die Planung. Im Anschluss präsentierten Herr Peñalosa und Hr. Dill ihre Vorträge. Bogotá wird innerhalb Lateinamerikas als Vorreiter in Sachen öffentlichem Transport wahrgenommen. Während der Veranstaltung nahmen sowohl die Redner als auch Teilnehmer aus dem Publikum auffällig häufig auf dieses Thema Bezug. Dabei wurde klar, dass Bogotá vor allem wegen des TransMilenio als Exempel gehandelt wird. Das Großprojekt dieses Schnellbusses, so versicherte nicht nur der ehemalige Bürgermeister Bogotás, Enrique Peñalosa, habe für die Stadt einen ernormen Fortschritt gebracht. Busse hätten einen privilegierten Platz im Straßenverkehr erhalten und die Reisezeit für Passagiere aus allen Teilen der Stadt wurde massiv verkürzt. Trotzdem wurde viel Kritik geübt, da der TransMilenio offensichtlich keine ausreichenden Kapazitäten hat und dem Wachstum der Stadt nicht angemessen ist. Zudem fehle es an Integration des Bussystems mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln, wie Zubringerbussen oder auch Fahrradwegen.

Herr Dill, Experte des Themas Megacities, betonte, dass Lateinamerika zusammen mit

Nordamerika und Europa zu den urbanisiertesten Regionen der Welt gehören würde. Die

Entwicklung von solchen Megastädten sei jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Eine

große Herausforderung wird die demographische Entwicklung darstellen. Auf der einen

Seite werde der Anteil von Senioren stetig anwachsen, und auf der anderen Seite würden

die Geburten noch weiter zurück gehen, was für sich bereits eine Herausforderung mit sich

bringe. Städteplaner und Wissenschaftler werden also ständig neue Modelle entwickeln müssen, die den Zugang der Infrastruktur für alle Teile der Bevölkerung in einem angemessenen Maß ermöglicht. Auch gebe es bereits Städte, die sogar die Definition von Megacity sprengen würden. Tokyo sei so ein Beispiel und könnte adäquaterweise als Metacity bezeichnet werden. Eines der angesprochenen Themen war die Förderung einer nachhaltigeren Megastadt durch die Schaffung von ökonomischen Anreizen innerhalb der Verwaltung. German Darío Álvarez vom Umweltamt in Bogotá erläuterte,

dass es bereits Vergünstigungen für Unternehmen gebe, die zu einer Verbesserung der

Umwelt innerhalb der Stadt beitrügen. Dazu gäbe es ein Programm, zu dessen Teilnahme

sich mindestens 30 Unternehmen zu einer Zone zusammen schließen und somit Cluster bilden, die dann untereinander konkurrieren. Als Anreiz werden vor allem Steuererleichterungen

angeboten. Ein großes Problem für eine umweltfreundlichere Wirtschaft der Stadt sei jedoch noch immer die hohe Informalität, die einen großen Teil des Segmentes jeglicher Fiskalisierung entziehe. Auch Rafael Santos, Bürgermeister der Gemeinde Pueblo Libre in Lima, verwies auf eine Maßnahme in Peru. Durch verschiedene Umweltschutzmaßnahmen können Gemeinden hier um Bundesmittel konkurrieren. In Pueblo Libre, beispielsweise, habe er als Anreiz für das Trennen von Abfällen eingeführt, dass Haushalte durch die Abgabe recycelbarer Materialien an Auslosungen verschiedener Preise teilnehmen. Nicolás Escalante von der Universität Stuttgart fügte hinzu, dass die Trennung von Abfällen trotzdem noch immer zu wenig Aufmerksamkeit genieße. Die Wiederverwertung gerade des extrem hohen organischen Teils der Abfälle in Bogotá könne etwa durch den Betrieb von urbanen Gärten gefördert werden. Tobias Leipprand, Mitglied des Vorstands „Stiftung Neue Verantwortung“ in Berlin, ergänzte, dass gerade diese grünen Flächen in den Städten auch gesetzlich festgeschrieben werden müssten, da hier rein ökonomische Anreize an ihre Grenzen stießen. Innerhalb der Städte sei der Wert der Flächen zu hoch, um Grünareale so betreiben zu können, dass sie gleichwertige Gewinne, wie z.B. ein Bürogebäude, am selben Platz erwirtschaften könnten. Um solche und andere Gesetze verabschieden

zu können, erläuterte Herr Leipprand, bräuchten die Megastädte mehr Befugnisse. Der

Trend gehe schließlich zur Urbanisierung, was den Städten immer mehr Verantwortung übertrage. Um diese wahrnehmen zu können, müssten auch Befugnisse zugunsten der Städte

umverteilt werden. João Ricardo Viégas vom Ministério Público Rio de Janeiros fügte hinzu,

dass es bereits Kooperation zwischen den Megastädten gäbe. Allerdings sei die Zusammenarbeit extrem kompliziert, da die Städte verschiedenen Problemen gegenüber stünden und daher schwer gemeinsame Interessen formulieren könnten. Zudem hätten diese aus mangelnder Souveränität kaum Handlungsspielräume und seien daher Giganten ohne Waffen. Das einzige Mittel, das die Städte der Gruppe bisher hätten, sei daher, sich selbst zu limitieren. Herr Leipprand fügte jedoch hinzu, dass die Kooperation trotzdem außerordentlich

wichtig sei. Angesichts einer gewissen Frustration aufgrund der weiter steigenden CO2-

Emissionen und der sehr bescheidenen Erwartungen an die Klimakonferenz von Durban, sei

ein alternativer Plan notwendig. Eine Koalition der Willigen könne hier unabhängig von denjenigen, die sich bisher nicht auf Verpflichtungen zur Reduzierung des CO2-Ausstosses festlegen konnten, ihren Anteil zur Verbesserung der Umweltbedingungen beitragen.

Laut Herrn Dill hat die fortschreitende Urbanisierung bereits dazu geführt, dass heute eine

Mehrheit aller Menschen in Städten lebt. Diese Entwicklung muss mit geeigneten Maßnahmen begleitet werden, die die Städte zu einem lebenswerten Raum machen, der gerade durch seine Dichte Vorteile, wie ein eng gestricktes Netz öffentlicher Transportmittel, bietet. Mit den so genannten Ökosiedlungen werden ökologische Grundsätze wie emissionsloser Verkehr bereits erprobt und sollen zukünftig inÖkostädten integriert werden. Für die Gestaltung der Städte solle laut Leipprand gerade auch die Zivilgesellschaft einbezogen werden. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit der Städte müssten langfristig ausgelegt sein und könnten daher nicht von eher kurzen Wahlperioden abhängig sein. Carolina Franco Lasso vom Planungsamt in Bogotá merkte zudem an, die Verantwortung liege auch bei Unternehmen, mit denen die Stadt Bogotá innerhalb so genannter Public Private Partnership (PPP) zusammenarbeite. Insgesamt zeigte die Diskussion einmal mehr die Wichtigkeit, welche die Megastädte bereits heute und in Zukunft innehaben werden. Viele Ansätze zu einer nachhaltigeren Gestaltung sind bereits gefunden und werden heute verstärkt umgesetzt. In jeder der vertretenen Städte gibt es bereits Programme zur Senkung des CO2-Ausstosses, erste Schritte zu einer verbesserten Recyclingpolitik sind getan und auch über neue Strategien innerhalb des Verkehrs der Städte wird nachgedacht. Die Städte wie Lima, Bogotá oder São Paulo stehen jedoch noch großen Herausforderungen gegenüber. Es scheint als kämen neu gefundene Lösungen oft zu spät für bereits gewachsene Anforderungen. Der TransMilenio beispielsweise, oft als Vorbild gelobt, kann heute nicht die Nachfrage bedienen, die sich inzwischen in Bogotá entwickelt hat. Und der Rhythmus des Wachstums der Städte wird sich wohl auch weiterhin beschleunigen. Daher ist ein Dialog zur Gestaltung derselben unabdingbar. Die Konrad Adenauer Stiftung wird auch in Zukunft Veranstaltungen mit dem Thema anbieten und informiert über Veranstaltungen auf

ihrer Homepage.

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