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CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

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Im Kräftefeld der Unionsparteien spielt die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag eine wichtige Rolle: Angesichts der föderalistischen Struktur der Partei und der starken Stellung der Landesverbände kommt ihr eine zentrale Position in der Formulierung der politischen Ziele der christlichen Demokraten und deren Umsetzung zu. Die Zusammensetzung der CDU/CSU-Fraktion ist höchst heterogen; sie spiegelt unterschiedliche Standpunkte wider, die allerdings durch den christlich-demokratischen Grundkonsens überwölbt werden. Damit lässt die CDU/CSU-Fraktion Freiräume für die Interessenartikulation unterschiedlicher Gruppen und Kreise.

Wie im Frankfurter Wirtschaftsrat 1947-1949 und im Parlamentarischen Rat 1948/49 bilden CDU und CSU auch im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft. Daneben bestehen auch landsmannschaftliche Kooperationen, in denen sich der Rückbezug der Abgeordneten auf ihre Landesverbände widerspiegelt. Aus den einst informellen Kontakten zwischen den Fraktionsmitgliedern gleicher Interessen haben sich die Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Fraktion (CDA), der Mittelstandskreis (Mittelstandsvereinigung) und der Arbeitgeberflügel (Wirtschaftsrat der CDU e. V.) herauskristallisiert, ferner die Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft und Ernährung sowie die Arbeitsgruppe der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge (Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung). Neben diesen losen Gruppen gibt es seit 1951 auch fraktionsinterne Arbeitskreise, deren Ziel es ist, die Gesetzgebungstätigkeit zu koordinieren und zu straffen.

Die Bündelung der Interessen und die Willens- und Entscheidungsbildung der CDU/CSU-Fraktion obliegt dem Fraktionsvorstand. Erster Vorsitzender der neu konstituierten CDU/CSU-Fraktion im 1. Bundestag 1949 war Konrad Adenauer, dem drei Stellvertreter und weitere Vorstandsmitglieder zur Seite standen, durch die der regionale, soziale und konfessionelle Proporz der Union repräsentiert wurde. Dieser Gesichtspunkt wurde auch bei späteren Aufstockungen der Zahl der Fraktionsvorstandsmitglieder gewahrt. Nach der Wahl Adenauers zum Bundeskanzler trat Heinrich von Brentano an seine Stelle, dem 1955 Heinrich Krone folgte. Unter dessen Leitung wurde die CDU/CSU-Fraktion zu einer starken politischen Gemeinschaft mit parlamentarischem Gewicht, die durchaus Eigenständigkeit zeigte. 1961 wurde Krone von Brentano abgelöst, dem 1964 Rainer Barzel folgte.

Barzel sah sein Ziel darin, durch eine konstruktive Oppositionsarbeit das Gewicht der größten Fraktion im Bundestag in die Waagschale zu werfen und die Union wieder auf die Regierung vorzubereiten – ein Ziel, das er jedoch nicht erreichen konnte. Nach dem gescheiterten konstruktiven Misstrauensvotum im April 1972 und weiteren Abstimmungsniederlagen trat er im Mai 1973 vom Fraktionsvorsitz zurück.

Unter seinem Nachfolger Karl Carstens (bis 1976) kehrte die Union zu größerer Geschlossenheit und Stetigkeit zurück. In ihre schwierigste Krise geriet die CDU/CSU-Fraktion nach den Bundestagswahlen 1976, als sie erneut den Regierungswechsel verfehlte. Angesichts heftiger Auseinandersetzungen zwischen den Schwesterparteien kündigte die CSU-Landesgruppe die Fraktionsgemeinschaft. Nach Gegenaktionen der CDU und neuen Übereinkünften ließ sich die CSU zur Fortsetzung der Fraktionsgemeinschaft bewegen.

Helmut Kohl, seit 1976 Fraktionsvorsitzender, versuchte verstärkt, die Regierung abzulösen, was ihm im Oktober 1982 auch gelang. Er fand in Alfred Dregger als Nachfolger eine verlässliche Stütze im Parlament. Der eigentliche Motor und Steuermann der nach der deutschen Vereinigung noch größeren und „bunteren“ CDU/CSU-Fraktion war ab November 1991 Wolfgang Schäuble, der in enger Zusammenarbeit mit Kanzler und Kabinett das Eigengewicht der Fraktion zu wahren verstand. Nach der Wahlniederlage 1998 versuchte er, die CDU/CSU-Fraktion in der ungewohnten Oppositionsrolle neu zu formieren. Im Zuge der so genannten Parteispendenaffäre trat er am 29. Februar 2000 zurück; ihm folgte als Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz.

Nach der Bundestagswahl 2002 übernahm die Parteivorsitzende der CDU, Angela Merkel, die Oppositionsführung. Als sie 2005 die erste Bundeskanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde, wurde Volker Kauder Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.

 

Marie-Luise Recker

Editionsprogramm Fraktionen im Deutschen Bundestag online (externer Link)

 

 

Literatur:

 

 

 

1. Wahlperiode

Bundestagswahl am 14.8.1949

141 Mandate (CDU: 117; CSU: 24)

2. Wahlperiode

Bundestagswahl am 6.9.1953

249 Mandate (CDU: 197; CSU: 52)

3. Wahlperiode

Bundestagswahl am 15.9.1957

278 Mandate (CDU: 225; CSU: 53)

4. Wahlperiode

Bundestagswahl am 17.9.1961

251 Mandate (CDU: 201; CSU: 50)

5. Wahlperiode

Bundestagswahl am 19.9.1965

251 Mandate (CDU: 202; CSU: 49)

6. Wahlperiode

Bundestagswahl am 28.9.1969

250 Mandate (CDU: 201; CSU: 49)

7. Wahlperiode

Bundestagswahl am 19.11.1972

234 Mandate (CDU: 186; CSU: 48)

8. Wahlperiode

Bundestagswahl am 3.10.1976

254 Mandate (CDU: 201; CSU: 53)

9. Wahlperiode

Bundestagswahl am 5.10.1980

237 Mandate (CDU: 185; CSU: 52)

10. Wahlperiode

Bundestagswahl am 6.3.1983

255 Mandate (CDU: 202; CSU: 53)

11. Wahlperiode

Bundestagswahl am 15.1.1987

234 Mandate (CDU: 185; CSU: 49)

12. Wahlperiode

Bundestagswahl am 2.12.1990

319 Mandate (CDU: 268; CSU: 51)

13. Wahlperiode

Bundestagswahl am 16.10.1994

294 Mandate (CDU: 244; CSU: 50)

14. Wahlperiode

Bundestagswahl am 27.9.1998

245 Mandate (CDU: 198; CSU: 47)

15. Wahlperiode

Bundestagswahl am 22.9.2002

248 Mandate (CDU: 190; CSU: 58)

16. Wahlperiode

Bundestagswahl am 18.9.2005

226 Mandate (CDU: 180; CSU: 46)

17. Wahlperiode

Bundestagswahl am 27.9.2009

239 Mandate (CDU: 194; CSU 45)

18. Wahlperiode

Bundestagswahl am 22.9.2013

311 Mandate (CDU: 255; CSU 56)

19. Wahlperiode

Bundestagswahl am 24.9.2017

246 Mandate (CDU: 200; CSU 46)

20. Wahlperiode

Bundestagswahl am 26.9.2021

196 Mandate (CDU: 152; CSU 45)

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