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Wissen und Forschung in Israel

by Dr. Nadine Carlson (geb. Mensel)

Kurzbeitrag in „Die Politische Meinung“

„Die Politische Meinung“ wirft in ihrer April-Ausgabe einen Blick auf die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für die Zukunftsfähigkeit einer modernen Gesellschaft. Ein Spotlight wird dabei auch auf Israel gerichtet.

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Bildung, Forschung und Wissenschaft genießen in Israel seit jeher einen hohen Stellenwert und stehen in engem Zusammenhang mit der zionistischen Bewegung. Ihre Anhänger waren und sind getragen von der Idee, für das jüdische Volk einen modernen Staat zu entwickeln, in dem Forschung und Wissenschaft einen zentralen Platz einnehmen. Zum Leitmotiv der zionistischen Einwanderer gehörte, das teils von Sümpfen und Ödnis geprägte Land mithilfe wissenschaftlicher Methoden fruchtbar zu machen, die Wüste sprichwörtlich zum Blühen zu bringen. Eine solche praxisgeleitete Forschung, die sich nicht in den „Elfenbeintürmen“ der Universitäten versteckt, sondern ihre Ergebnisse sofort nutzbar machen will, ist bis heute wesentlicher Teil des Selbstverständnisses israelischer Forschung.

Die Gründungsgeneration Israels, die bereits Jahrzehnte vor der Staatsgründung 1948 einwanderte, zeichnete sich durch einen hohen Bildungsgrad aus, war an europäischen Universitäten sozialisiert worden und gründete in diesem wissenschaftsfreundlichen Geist Hochschulen wie etwa die Hebräische Universität in Jerusalem im Jahr 1925. Antisemitismus, Pogrome und die systematische Vernichtung in Europa – ausgehend vom nationalsozialistischen Deutschland – führten in den 1930er-Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg zu weiteren Einwanderungswellen mit einem erneut hohen Anteil an Akademikern. Als 1991 das Sowjetimperium zusammenbrach, wurde Israel zur neuen Heimat von mehr als einer Million russischsprachiger Juden. Ingenieure, Mediziner und Naturwissenschaftler kamen zahlreich ins Land und bewirkten einen brain gain, vom dem die israelische Forschung und Wirtschaft weiterhin profitieren.

Heute studieren an den sieben Universitäten und Dutzenden Einrichtungen der Hochschulbildung ungefähr 300.000 Israelis; sechs von zehn Abiturienten beginnen ein Bachelor-Studium, etwa ein Fünftel aller Immatrikulierten besucht ein Master-Programm und vier Prozent streben die Promotion an. Trotz der geringen Bevölkerungszahl von rund 7,5 Millionen Einwohnern ist das Land führend bei Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Medizin sowie in den Natur-, Ingenieur- und Agrarwissenschaften. Der Anteil öffentlicher Gelder, die jährlich in Forschung und Entwicklung fließen, beträgt 4,25 Prozent der Wirtschaftsleistung (2010) – ein Spitzenplatz im globalen Vergleich. Auch die wettbewerbsorientierte Forschung wird vom Staat unterstützt: So stehen der Israel Science Foundation sechzig Millionen US-Dollar pro Jahr zur Verfügung, um herausragende wissenschaftliche Projekte zu fördern.

Ein Markenzeichen Israels ist die Fähigkeit, innovative Ideen rasch in markt fähige Produkte für den Agrar- und Energiesektor, die Biotechnologie und Elektroniksparten zu entwickeln. Hinzu kommt die in den letzten Jahren gestiegene Bedeutung der IT- und Softwarebranche sowie der Internetanwendungen. Israelische Ingenieure haben den USB-Stick erfunden oder waren verantwortlich für die Entwicklung medizinischer Diagnosegeräte wie des Computertomografen.

Zu Recht trägt das Land den Titel „Start up-Nation“. Unterschiedliche staatliche Förderinstrumente wie das Technological Incubators Program oder das MAGNET Program zielen auf die Unternehmensgründung im Anschluss an ein Forschungsprojekt. Gleichzeitig vernetzen sie öffentliche Wissenschaftseinrichtungen mit der Privatwirtschaft.

Immer wichtiger ist inzwischen die umwelt- und klimabezogene Forschung. Dies geschieht im Bewusstsein, dass Israel aufgrund seiner geografischen Lage die Folgen des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten stark zu spüren bekommen wird. Mittel und Wege müssen gefunden werden, wie mit den knappen Ressourcen – insbesondere Nutzflächen, Wasser und Energie – umzugehen ist. Die Forschung leistet bereits heute einen essenziellen Beitrag, um mit hochwertigen Technologien die Anpassung an den Klimawandel zu bestreiten. Gleichzeitig zieht sie aus diesen Innovationen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen: Bewässerungsanlagen, die auf Tröpfchenbewässerung basieren, sind beispielsweise eine Säule des israelischen Exports. Zu den Leuchttürmen der umweltbezogenen Wissenschaft und Forschung gehören die Solar Research Facilities des Weizmann-Instituts und die Jacob Blaustein Institutes for Desert Research der Ben-Gurion-Universität. Hier sind die leistungsstärksten Solarzellen der Welt in Betrieb. Die zionistische Pionierarbeit von einst lebt somit ungebrochen fort.

Dr. Nadine Mensel

Dieser Beitrag sowie alle weiteren Artikel "Der Politischen Meinung" (Ausgabe März/April 2013) sind online abrufbar.

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