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Bucerius Lecture: Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Vielfalt und Respekt

Über Offenheit und Haltung

Am 07. Mai 2018 hatte die Konrad-Adenauer-Stiftung Israel die Ehre, Bundespräsident a.D. Christian Wulff zur Bucerius Lecture im King David Hotel in Jerusalem begrüßen zu dürfen. Wulff sprach über die Herausforderungen und Chancen multikultureller Gesellschaften und betonte die Bedeutung eines respektvollen Miteinanders für einen gelungenen gesellschaftlichen Zusammenhalt.

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Dr. Alexander Brakel, Leiter des KAS Auslandsbüros in Israel, eröffnet den Abend, wobei er Arbeit und Ziele der Stiftung in Israel vorstellte und ihre besonderen Bemühungen um die deutsch-israelische Freundschaft als einen Grundpfeiler der Auslandsarbeit herausstellte, in deren Programm sich auch der Besuch und der Vortrag des Bundespräsidenten a.D. Christian Wulff eingliedert. Im Anschluss brachte Prof. Dres. h.c. Manfred Lahnstein, Kuratoriumsvorsitzender der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, seine Glückwünsche zum 70-jährigen Bestehen des Staates Israel zum Ausdruck und lobte seine Entwicklung hin zu einer liberalen, rechtsstaatlichen Demokratie.

Wulff begann seinen Vortrag mit einer Warnung vor dem Irrglauben, dass sich die Demokratie als vor-herrschende Regierungsform unerschütterlich durchgesetzt hat. Der „Wind of Change“, der vor dem Fall des Eisernen Vorhangs von den Scorpions besungen wurde, wehe heute aus einer anderen Richtung. Hass, Egoismus und Protektionismus seien weltweit wieder auf dem Vormarsch und es gäbe keinerlei Garantie dafür, dass der Liberalismus auf immer erhalten bleibt und die Demokratie breiten Rückhalt in der Bevölkerung hat. Wulff betonte ferner, dass die Verankerung der Menschenwürde, Gewaltenteilung, Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz für ihn die wichtigsten Charakteristika eines demokratischen Staates seien. Gegenwärtig sei eine Erosion internationaler Rechtsstrukturen zu beobachten, was unter anderem dazu führe, dass multilaterale Abkommen, wie etwa der Atomvertrag mit Iran, nicht mehr eingehalten werden. Die fortschreitende, unsteuerbare Globalisierung habe überdies zur Folge, dass sich viele Bürger abgehängt fühlten und mit einem Vertrauensentzug in staatliche Institutionen reagierten. Ein weiteres großes Problem für die moderne Gesellschaft sei auch der nicht bewältigte Prozess der Digitalisierung, da das Internet neben seinen Vorteilen auch eine enorm negative Sprengkraft, beispiels-weise in Form von Fake News, entfalten könne.

Hierauf kam Wulff auf das Thema Zuwanderung zu sprechen, die seiner Ansicht nach für eine vielfältige Gesellschaft unabdingbar sei. Die Empirie zeige, dass Einwanderungsländer die wissenschaftlich innovativsten seien. Dies offenbare sich auch am Beispiel Israels, das in der Forschung und Entwicklung weltweit eines der führenden Länder sei. Die gesellschaftliche Vielfalt sei allerdings zunehmend gefährdet. Hier verwies Wulff explizit auf das Beispiel des wachsenden Antisemitismus in Deutschland und mahnte, dass die Bundesregierung hier Versäumnisse nachholen müsse. Toleranz sei dabei nicht ausreichend, man müsse sich gegenseitig mit Respekt und Wertschätzung begegnen, um den Multikulturalismus und seine Erfolge erhalten zu können. Wulff betonte, dass es für ihn keine Alternative zum gesellschaftlichen Pluralismus gebe. Deutschland sei in seinen historischen Fundamenten christlich-jüdisch geprägt, der Islam nehme jetzt auch einen festen Platz ein.

Mit Blick auf Jerusalem äußerte Wulff, dass die gelebte Vielfalt hier eigentlich eine Konsequenz der Weltgeschichte sein müsste. Er beklagte, dass es stattdessen Mauern der Vorurteile gebe und wünschte sich eine Chance auf freundschaftliche Beziehungen, so wie die jüdische Gemeinschaft sie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben hätte. Entscheidend für Meilensteine in der Geschichte wären jedoch Menschen, die sagen was gesagt werden muss und nicht was gerade populär ist. Hierfür nannte er einige historische Beispiele wie Winston Churchill und Michail Gorbatschow und lobte das Engagement israelischer Friedensaktivisten in Nahost.

Im Anschluss an seinen Vortrag stellte sich Wulff den Fragen des Moderators Dr. Alexander Brakel, wobei unter anderem die Themen Terrorbekämpfung, aufkeimender Rechtspopulismus in Europa sowie Grundwerte einer Kulturgemeinschaft angesprochen wurden. Eine Fragenrunde mit dem Publikum bildete den Abschluss der Veranstaltung.

Zusammengetragen von Julia Gronenberg

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