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Country reports

Uganda: Presse- und Versammlungsfreiheit auf dem Prüfstand

by Peter Girke, Marta Majewska

Die Entwicklung im Vorfeld der Wahlen

Unter der Führung von Präsident Museveni präsentiert sich Uganda im regionalen Vergleich als ein sich dynamisch entwickelndes Land, das Armutsbekämpfungsstrategien umsetzt und die wirtschaftliche Entwicklung vorantreibt. Hinsichtlich Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten ratifizierte die Regierung verschiedene internationale Konventionen. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind in der Verfassung garantiert. Es gibt eine Reihe von Zeitungen, darunter auch einige durchaus regierungskritische. Lokale Radiosender spielen eine wichtige Rolle in der Informationsverbreitung und Meinungsbildung.

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Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen im Februar 2011 gewinnen Fragen nach Presse- und Versammlungsfreiheit an Bedeutung, zumal verschiedene Tendenzen auf (geplante) Einschränkungen in diesen Bereichen hinweisen.

Der Länderbericht basiert neben ugandischen und internationalen Presse- und, Konferenzberichten auf Interviews mit:

  • Ibrahim Semujju Nganda – Journalist, Gründer der regierungsunabhängigen Zeitung „The Observer“, zur Zeit Pressesprecher der Inter Party Cooperation (IPC) – dem Zusammenschluss von vier Oppositionsparteien in Uganda;
  • Henri Maina – Ostafrika-Direktor von Article 19, einer internationalen NGO, die sich weltweit für Meinungsfreiheit einsetzt;
  • Kayima Emiliana – Zenrale Polizeistation, Kampala/ Politischer Kommissar
Entwicklungen im Presse- und Medienrecht

Ein wichtiger Referenzpunkt in der Entwicklung der freien Medien Ugandas war die Verabschiedung der Verfassung von 1995. Artikel 29 garantiert Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit. Der freie Zugang zu Informationen ist gesetzlich verankert. Aktuell erscheinen im Land täglich über 20 Zeitungen, vor allem die englischsprachigen Blätter New Vision und Daily Monitor sind auf nationaler Ebene von Bedeutung. Die zahlreichen Radiosender, die häufig in lokalen Sprachen und mit beschränktem Radius senden, spielen in der Medienlandschaft die wohl bedeutendste Rolle, da sie den größten Teil der Bevölkerung erreichen. Auch verschiedene Fernsehsender sind registriert. Diese quantitativen Aspekte sollten allerdings laut Ibrahim Semujju Nganda nicht automatisch dazu führen, die Berichterstattung als gänzlich frei und unabhängig zu bewerten. Zwar gäbe es eine Vielzahl von Zeitungen, von denen jedoch viele in unterschiedlicher Weise regierungsabhängig seien. Andere haben weder die Ressourcen noch das Wissen, um professionellen und qualitativ hochwertigen Journalismus zu betreiben.

Das Presse- und Journalistengesetz aus dem Jahr 1995 regelt unter anderem die Voraussetzungen für Journalisten- bzw. Verlegerzulassungen, die Einrichtung eines Medienrates, der für die Regulierung der Massenmedien zuständig ist sowie einen Ethikkodex für Journalisten. Dem Medienrat kommt eine entscheidende Rolle zu. Er erteilt die Zulassungen für Zeitungen, überwacht die journalistischen Verhaltensgrundsätze und Qualitätsstandards und dient bei Streitigkeiten als Einigungsstelle zwischen den Medien und dem Staat. Der Rundfunkrat nimmt entsprechende Aufgaben im Rahmen des Electronic Media Act (1996) wahr.

Eine kontroverse Diskussion löste Anfang 2010 ein von der Regierung vorgelegter Gesetzesentwurf aus (Press and Journalist Amendment Bill), dessen Bestimmungen erhebliche Änderungen des Presse- und Journalistengesetzes mit sich bringen sollen. Ofwono Opondo, Sprecher des regierenden National Resistance Movement (NRM), begründete das Gesetzesvorhaben damit, dass Journalismus in Uganda im Hinblick auf Objektivität, Fairness und Ausgeglichenheit versagt hätten und daher ein restriktiveres Recht und externe Kontrollorgane notwendig seien.

Die vorgeschlagenen Regelungen verpflichten Verleger, ihre Zeitungen jährlich genehmigen zu lassen. Die Behörden können ihre Erlaubnis verweigern, wenn der Verleger keinen Zugang zu moderner Technik hat. Weiterhin sollen die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Werte einer Zeitung in Zukunft bewertet werden. Werden die Berichte der Zeitungen als Gefahr für die nationale Sicherheit, Stabilität und Einheit oder als wirtschaftliche Sabotage wahrgenommen, hat der Medienrat das Recht, den Verlängerungsantrag abzulehnen. Auch die Zusammensetzung des Medienrates soll neu geregelt werden. In Zukunft soll nicht nur eine Mehrheit der Ratsmitglieder vom Informationsminister ernannt werden, sondern auch der Vorsitzende des Rates.

Die Regierung argumentiert, dass mit den vorgeschlagenen Änderungen die Qualität des Journalismus erhöht werden soll. Laut Medienanalyst Peter Mwesige jedoch sind diese restriktiven Regelungen eine Bedrohung für die Vielfalt der Medien und den Meinungspluralismus. Sollten die Änderungen gebilligt werden, so sähen sich Journalisten und Verleger dazu gezwungen, sich in der Berichterstattung einer regierungsnahen Haltung unterzuordnen. Zudem wird von Medienseite wird in Frage gestellt, ob die Unabhängigkeit des Medienrates noch gewährleistet wäre, sollten die Vorschläge umgesetzt werden. Die Article 29 Coalition weist darauf hin, dass Bedingungen wie moderne Ausstattung und eine Werteprüfung gegen die verfassungsmäßig garantierte Meinungsfreiheit verstoßen und zudem Gegenstand willkürlicher Auslegung werden können. Besonders bedenklich findet die Article 29 Coalition, dass die Verlängerung von Verlagslizenzen von subjektiven Begriffsinterpretationen wie beispielsweise nationale Sicherheit oder wirtschaftliche Sabotage abhängt, zumal das öffentliche Mandat Zeitungen legitimiere, sich in verantwortlicher Art und Weise zu solche Sachverhalten zu äußern, auch (und gerade) wenn sie von den Meinungen der Regierung oder Politikern abwichen. Zudem liefere der geplante Berufungsmechanismus der Medienratsmitglieder den Rat dem Willen und der Kontrolle des Informationsministeriums aus – der Medienrat könne dann nicht mehr als unabhängiges Organ angesehen werden.

Allerdings hat der Medienrat in jüngerer Vergangenheit durchaus auch unter Beweis gestellt, dass er seine Aufgaben kritisch wahrnehmen kann. Im November verweigerten sechs Radiosender im Distrikt Bunyoro Kizza Besigye, Präsidentschaftskandidat des größten Oppositionsbündnisses Inter Party Cooperation, den Zugang zu ihren Programmen. Sie verwiesen teilweise darauf, dass sie negative Konsequenzen von staatlicher Seite befürchteten. Ein weiterer Sender schaltete eine eigentlich einstündige Talkshow mit Besigye nach knapp 20 Minuten ab und begründete dies mit technischen Problemen. Der Medienrat gab daraufhin eine Erklärung ab, in der er private und öffentliche Medienhäuser davor warnte, Kandidaten den Zugang zu ihren Medien zu verweigern und erinnerte die Sender daran, dass die ihnen zugeteilten Funkwellen öffentliches Gut seien, dass sie nicht wie Privateigentum verwenden dürften.

Im Oktober veröffentlichte die Zeitschrift „Rolling Stone“ die Bilder oder Namen von 100 angeblich homosexuellen Personen. Auf der Titelseite wird dazu aufgerufen sie zu hängen („hang them“). Dieser Artikel kommt in einer Zeit, in der im Land die Stimmung gegen Homosexuelle ohnehin angeheizt ist, seit sich Politiker und evangelikale Priester für ein Gesetz einsetzen, das homosexuelle Akte unter bestimmten Bedingungen unter Todesstrafe stellt. Der Medienrat verbot daraufhin – unter Angabe von technischen Gründen – bis auf weiteres die Herausgabe der Zeitschrift. Der Fall ist inzwischen auch vor Gericht, das einstweilig die Einstellung des Blattes verfügt hat und sich nun mit den inhaltlichen Fragen des Falles auseinandersetzen wird.

Ein wiederkehrendes Thema in der öffentlichen Diskussion und bei Auseinandersetzungen zwischen Journalisten und staatlichen Organen stellen auch Gesetze und Gesetzesvorhaben dar, die Bereiche des Journalismus nur indirekt betreffen. Das Strafgesetzbuch und das Gesetz zur Volksverhetzung enthalten vage formulierte Klauseln, die laut Henri Maina selektiv und willkürlich gegen Journalisten angewandt werden können. Auch nach Klauseln aus dem Anti-Terror-Gesetz von 2002, dem nach den Bombenanschlägen vom Juli 2010 besondere Bedeutung zukommt, können je nach Interpretation Journalistenhandlungen strafbar sein – so zum Beispiel die Veröffentlichungen von Informationen, die der Verbreitung von Terrorismus dienen.

Das Gesetz zur Volksverhetzung, das noch aus der Kolonialzeit stammt, wurde in der Vergangenheit angewandt, um kritische Journalisten zu bremsen und nichtkonforme politische Meinungen zu verhindern. Allerdings hat das Verfassungsgericht im August 2010 entschieden, dass Bestimmungen dieses Gesetzes gegen die verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten verstoßen. Die Initiatoren der NGO Article 19 sowie weitere Bürgerrechtsaktivisten begrüßten diese Entscheidung, auch wenn andere Gesetze und Vorschriften weiterhin das Potential hätten, Journalisten in ihrer Arbeit einzuschränken.

Das Human Rights Network for Journalists (HRNJ) Uganda spricht von abnehmender Beschwerdebereitschaft seitens der Zivilgesellschaft gegen staatliche Organe, auch bei als willkürlich beschriebenen Entscheidungen des Medien- oder Rundfunkrates. In Fällen, in denen Journalisten tätlich angegriffen wurden, wurden die Täter nur in einzelnen Fällen zur Rechenschaft gezogen. In der ersten Hälfte des Jahres 2010 berichtete HRNJ-Uganda über mehr als 30 Fälle, in denen Journalisten zum Opfer von Schikane oder Gewalt durch Repräsentanten staatlicher Organe wurden. Der Abschlussbericht des vom International Freedom of Expression Partnership (IFEX) berufenen Ausschusses in Uganda beschreibt die Anwendung von Gewaltmethoden durch ugandische Sicherheitskräfte, die überdurchschnittlich oft Journalisten und politische Oppositionsvertreter betreffen. Derartige Fälle können zu steigender Selbstzensur führen, der sich die Verleger unterwerfen um negative Konsequenzen ihrer Berichterstattung zu vermeiden, so dass IFEX in Bezug auf die Wahlen deren Freiheit und Fairness in Gefahr sieht.

In einer Zeit, als die Terroranschläge vom Juli 2010 die politische Tagesdebatte dominierten, wurde das umstrittene „Interception of Communication“-Gesetz verabschiedet. Es gestattet der Regierung, private Gespräche abzuhören sowie Emails und SMS’ zu lesen. Journalisten fürchten insbesondere um den Schutz ihrer Informationsquellen. Der Gesetzesentwurf wurde bereits vor drei Jahren vorgelegt, vom ugandischen Parlament jedoch unter anderem deswegen abgelehnt, weil er dem Sicherheitsminister unangemessene Macht einräumen würde. Die Bombenangriffe verschafften der Regierung dann die Möglichkeit, das kontroverse Gesetz ohne weitere öffentliche Debatte durchzubringen, allerdings in einer entschärften Fassung, laut derer nun nicht das Sicherheitsministerium, sondern ein Richter über Abhöranträge entscheidet.

Versammlungsfreiheit

Die Versammlungsfreiheit, die im Hinblick auf den laufenden Wahlkampf von großer Bedeutung ist, wird in der ugandischen Verfassung in Artikel 29 d geregelt. Jeder hat danach das Recht, sich friedlich mit anderen zu versammeln und zu demonstrieren. Diese Freiheit wird durch Vorschriften des Strafgesetzbuches sowie von Polizeigesetzgebung weiter reglementiert und gleichzeitig beschränkt. Beispielsweise werden staatliche Organe ermächtigt, Versammlungen zu verhindern oder aufzulösen, sollte die öffentliche Sicherheit gefährdet werden. Situationen, in denen die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, sind nicht präzise geregelt und überlassen der zuständigen Gewalt einen Auslegungs- und Handlungsspielraum. Gegenwärtig ist die Aufmerksamkeit auf einen neuen Gesetzesentwurf, den Public Order Management Bill, gerichtet. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass jede öffentliche Versammlung, die drei oder mehr Personen umfasst und in der politische Themen besprochen werden, eine Erlaubnis des Generalinspektors der Polizei erfordert. Dieser kann die Erlaubnis aus „vernünftigen Gründen“ verweigern, die nicht weiter spezifiziert werden müssen. Damit würde nicht nur die Durchführung von Versammlungen, sondern auch deren Inhalt kontrolliert werden dürfen. Offen bleibt, wie praktikabel die Umsetzung eines Gesetzes, das auf Treffen ab drei Personen abzielt, sein würde – befürchtet wird jedenfalls eine selektive Anwendung, die zur Aushöhlung der Versammlungsfreiheit führen würde.

Nach Regierungsansicht sollen damit Gewaltausbrüche während Versammlungen verhindert und die Sicherheit der Bürger allgemein verbessert werden. Besonders während des Wahlkampfes sei vermehrt mit Versammlungen mit Gewaltpotential zu rechnen. Kritiker jedoch halten den Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Versammlungsfreiheit für nicht verhältnismäßig und daher auch für nicht rechtmäßig. Oppositionsparteien befürchten, dass der Wahlkampf 2011 durch den Public Order Management Bill erstickt werden könnte und werfen der Regierung vor, in erster Linie Macht über die Versammlungen der politischen Opposition ausüben zu wollen.

Herausforderungen

Die Dezentralisierung der politischen Verhältnisse (1993), die Verabschiedung der Verfassung (1995) sowie die Entscheidung für ein Mehrparteiensystem (2005) stellen Meilensteine der politischen Veränderungen in Uganda dar. Ein wichtiger Aspekt der demokratischen Struktur – die Garantie der Menschenrechte und der bürgerlichen sowie politischen Freiheiten – bleibt jedoch nach wie vor unvollkommen. Anfang 2011 finden in Uganda die Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen statt, zum zweiten Mal im Rahmen eines Mehrparteiensystems. In der Tendenz lässt sich aus den neuen Gesetzen und Gesetzesentwürfen ablesen, dass eine verstärkte staatliche Kontrolle über Medien und öffentliche Versammlungen angestrebt wird. Kurzfristig ist beispielsweise auch der Wahlkampf unmittelbar betroffen, für die Parteien und deren Kandidaten zeichnen sich Schwierigkeiten in der Durchführung ihres Wahlkampfes ab, wenn die Versammlungsfreiheit eingeschränkt wird, und auch die freie und ausgewogene Berichterstattung im Rahmen des Wahlkampfes wird zumindest auf Oppositionsseite als gefährdet angesehen.

Bürger benötigen eine eindeutige Gesetzgebung, die sie in ihren Rechten bestärkt und schützt. Alle politischen Akteure, unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit, müssen gleichen gesetzlichen Regelungen unterliegen, deren Auslegung eindeutig und durch regierungsnahe staatliche Organe nicht beeinflussbar ist. Der politischen Opposition muss der Raum für einen offenen, demokratischen Wahlkampf gegeben werden. Dieser umfasst einen unbeschränkten Zugang zu Medien, die Möglichkeit, öffentliche Debatten zu führen sowie die Mobilisierung von Wählerstimmen während des Wahlkampfes. Der Rahmen für die freie Berichterstattung und auch die Sicherheit von Journalisten muss gewährleisten werden.

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