Die Wahlen in Sierra Leone vor dem Hintergrund geopolitischer Instabilität
Julius Maada Bio wurde am 24. Juni 2023 als Staatsoberhaupt von Sierra Leone wiedergewählt, um das Land mit knapp 9 Millionen Einwohnern durch stürmische Zeiten zu führen
Zum Hintergrund: Das ressourcenreiche, englischsprachige Land am Golf von Guinea wird in den kommenden zwei Jahren eines von zehn nichtständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sein. Sierra Leone hat gemeinsame Grenzen mit Guinea und Liberia und entspricht der Fläche nach in etwa Bayern. Die Republik verfügt über bedeutende Bauxit-, Diamanten-, Eisenerz-, Titan- und Rutilvorkommen. Letztere machen einen Großteil der deutschen Importe aus Sierra Leone aus. Nach seiner Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1961 nahmen bald autoritäre Tendenzen zu, die in eine Einparteienherrschaft führte. Korruption, schlechte Regierungsführung, immer brutalere Repressionen und Vetternwirtschaft mündeten im Jahr 1991 in einen langjährigen Bürgerkrieg. Dieser Krieg hatte fast zwei Millionen Vertriebene zur Folge und forderte zwischen 100.000 und 200.000 Tote. Seit 2002, nachdem der Krieg offiziell für beendet erklärt wurde, ist das Land um einen Wiederaufbau bemüht. Es gehört jedoch bis heute zu den ärmsten Ländern der Welt.
Damit ist nicht verwunderlich, dass Sierra Leone von den Schocks der Covid-19-Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine besonders schwer getroffen wurde. Die Folgen des Bürgerkrieges klingen weiter nach und auch der Ausbruch von Ebola 2014-2016 behinderte die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig. Die Bevölkerung leidet unter hoher Inflation (derzeit 43%) und wachsender Armut. Vor einem Jahr kam es als Folge zu gewaltsamen Unruhen, die Dutzende Menschen das Leben kosteten. Entsprechend gespannt war die Lage vor den Wahlen im Juni 2023.