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Veranstaltungsberichte

Klimawandel und seine Folgen

von Dr. Silke Bremer
Was wissen wir über den Klimawandel? Welche Herausforderungen kommen auf uns zu? Welche sicherheitspolitischen Risiken sind damit verbunden?

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Unterschiedlichste Fragestellungen bildeten den Rahmen eines Vortrags mit Diskussion über den Klimawandel und seine Folgen. Dem Referenten

Dr. Daniel Klingenfeld

war es wichtig, nicht nur einen Überblick zu geben, sondern auch konkrete Impulse zu vermitteln.

Zunächst ging es um die Frage, welche relevanten

Messergebnisse

über Klimaveränderungen überhaupt vorliegen. Klingenfeld bezog sich auf Messungen des CO2-Gehalts in der Erdatmosphäre, die seit den 60er Jahren auf Hawai erhoben werden. Über die Jahrzehnte hinweg sei ein kontinuierlicher Anstieg festgestellt worden. Dieser sei mit natürlichen Prozessen nicht zu erklären, müsse vielmehr auf Verbrennungsprozesse von Kohle, Öl, Gas zurückgeführt werden. Klingenfeld wies auf die Existenz von Meßmethoden hin, die Entwicklungen der letzten Jahrhunderte nachgezeichnen könnten. Die Analyse von Eisbohrkernen ermögliche es z. B. , Informationen über das Klima der Vergangenheit zu erhalten. Es konnte nachgewiesen werden, dass etwa bis zur industriellen Revolution der CO2–Gehalt kaum geschwankt habe, erst danach sei es zu einem rasanten Anstieg gekommen.

Klingenfeld betonte, dass es auch eine starke

natürliche Klimavariabilität

gebe. Der Ausbruch des Vulkans Pinatubo z. B. in den 90er und der damit verbundene Ausstoß von Schwefelstaub in die Atmosphäre habe einen kühlenden Effekt gehabt, in dessen Folge die globale Mitteltemperatur im Folgejahr etwas gesunken sei.

Ein anderes Phänomen sei das regelmäßig wiederkehrende Wetterphänomen El Nino. Dieses verhindere, das im Pazifik kaltes Tiefenwasser an die Oberfläche transportiert werde, was zu einer Erwärmung größerer Meeresteile führe.

Die Erwärmung der Erdatmosphäre werde sich nicht gleichmäßig vollziehen, vielmehr ergeben sich regionale Unterschiede

. Der Wandel manifestiere sich eher auf den Kontinenten und noch stärker in den Polargebieten. Da abschmelzendes Eis weniger Licht reflektiert, fänden in der Arktis selbstverstärkende Prozesse statt.

Welche Folgen hat der Klimawandel?

Langfristig höchst problematisch sei ein

Anstieg des Meeresspiegels. Neueste Forschungsergebnisse zeigten, dass bei ungebremsten Treibhausgasemissionen ein Meeresspiegelanstieg von bis zu 1,90m zum Ende des 21. Jahrhunderts zu erwarten sei. Wie sich derartige Szenarien z. B. auf Küstenstädte auswirkten, könne man sich kaum ausmalen. Ebenso welche Konflikte entstehen, wenn Delta-Gebiete und fruchtbare Äcker geflutet werden und wohin Menschen ausweichen und welche Migrationsströme entstehen.

Der fortschreitende Klimawandel führe auch zur

Verschiebung von Klimazonen und begünstige Extremwetterereignisse

. In bestimmten Gebieten sei es sehr wahrscheinlich, dass sich die Niederschlagsmengen deutlich reduzierten, der Zugang zu Wasser sich verschlechtere und Ernteausfälle zunähmen.

Bestimmte Regionen (sog. Hotspots) seien für mögliche Konflikte besonders gefährdet. Ein

Hotspot sei z. B. die Himalaya- Region. Von dem Schmelzwasser ihrer Gletscher, das sich den Weg bis nach Indien bahnt, hänge sehr viel ab. Gingen die Gletschermassen verloren, wäre akute saisonale Wasserknappheit in den großen Flüssen die Folge. Nicht vorstellbar, was dies für die außerordentlich dicht besiedelte Region bedeute.

Ein unbedingtes politisches Ziel müsse es sein, bestimmte

Großrisiken

zu vermeiden. Z. B. dürfe es nicht zu einem Abschmelzen des grönländischen Eisschildes kommen, da dieser enorm viel Wasser bindet. Wenn Tauprozesse begännen, stellten sich selbst verstärkende Effekte ein: das hoch gelegene Eis würde in niedrigere und wärmere Regionen verschoben, Felsgestein würde freigelegt, mehr Sonnenlicht würde absorbiert werden. Der bisherige Zustand sei nicht wieder herstellbar. Ein dramatischer Anstieg des globalen Meeresspiegels um langfristig bis zu 7 m sei die Folge.

Die in politischen Diskussionen häufig erwähnte

2-Grad Leitplanke

(Bezugsgroße ist die vorindustrielle Zeit) könne in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden, da bei einem Überschreiten dieser Linie das Risiko für das Eintreten bestimmter Großrisiken überproportional zunähme. Große Anstrengungen seien daher erforderlich: Wenn die Weltgemeinschaft das 2-Grad-Ziel einhalten wolle, müsse das bisherige hauptsächlich auf Kohle-Erdöl-Gas basierte Weltenergiesystem umfassend umgebaut werden.

Ein wichtiger Faktor für eine globale Transformation sei der Ausbau

erneuerbarer Energien

. Erneuerbare Energien gehörten zu den lernenden Technologien: je mehr sie ausgebaut werden, desto mehr technische Entwicklung würden angestoßen, desto größere Skaleneffekte könnten erzielt werden.

Klingenfeld gab sich durchaus optimistisch, dass eine Transformation des weltweiten Energiesystems im Hinblick auf das 2-Grad-Ziel erreicht werden könne. Die Trendwende müsse aber bald erfolgen.

Unzählige unmittelbare

praktische Handlungsmöglichkeiten seien zu nutzen. Ein überaus wichtiger Faktor sei z. B. die Endnutzungseffizienz. Es sei eben nicht unerheblich, welche Beleuchtungssysteme verwendet, welche Elektrogeräte eingesetzt werden etc. Jeder könne (und solle) mit gutem Beispiel vorangehen.

Einen wichtigen Zukunftsvorschlag sah Klingenfeld in der

CO2-Abscheidung und –speicherung

. Mit einer Züchtung von Energiewäldern, einer sich anschließenden Verbrennung, Verpressung und Speicherung könne der Atmosphäre effektiv CO2 entzogen werden.

Eine weitere überaus wichtige Option in der Klimapolitik sei die globale Ausweitung des

Emissionshandels

. Das Europäische Emissions-Handels-System, das sich bislang auf den Kraftwerkssektor und Großindustrie beziehe, müsse um die Bereiche Transport und Wärme erweitert werden. Und es müsse ein ehrgeizigeres CO2-Minderungsziel gesetzt werden.

Essentiell für die globale Perspektive sei es, die größten Emittentenländer - dazu zählten auch die Schwellenländer Brasilien, Indien, Südafrika, China – in ein derartiges Emissions-Handels-System einzubeziehen. Politisch äußerst schwierig sei dabei die Frage nach einer gerechten Verteilung der Emissionszertifikate.

Am Ende gehe es um die Akzeptanz neuer Wege.

Sind wir bereit, uns auf neue Modelle einzulassen?

Sind wir bereit, global zu denken?

Die Realität des Nationalstaates tauge nur begrenzt für die Lösung eines derart umfassenden Problems. Erforderlich sei ein

Gesellschaftsvertrag

, der die Übernahme von Zukunftsverantwortung sowie die Unterstützung konsequenter politischer Schritte sichere.

Vorzubeugen sei zwar kurzfristig kostenintensiv, langfristig aber besser als zu heilen.

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2012 - 09 VA Schwerin Bremer

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