Vortrag
Details
Die Geschichte Europas ist auch eine Geschichte von
Grenzverschiebungen, von Kriegen um Vorherrschaft und
Territorien. Doch scheint der fest umgrenzte Territorialstaat
ein inzwischen überholtes Modell zu sein. Im Zeitalter der
Digitalisierung verbreiten sich Informationen und Ideen in
rasantem Tempo - nahezu ungehindert. Die Internationalisierung
der Politik, die Globalisierung der Handels- und
Finanzströme oder politische Systemumbrüche stellen
unser grundlegendes Verständnis von Grenzen in Frage.
Die aktuelle Flüchtlingskrise führt uns die weitreichende
Bedeutung dieses Themas vor Augen.
Die schwindende Bedeutung territorialer Grenzen berührt
die Verfasstheit der Staaten selbst. Zum einen lassen sie
sich nicht mehr in gleicher Weise sichern, wie dies bis zur
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts selbstverständlich war.
Zum anderen hat das Gefühl der „Entgrenzung“ Auswirkungen
auf die sozialen und kulturellen Aspekte unseres
Zusammenlebens. Da sich Identität in der Erfahrung des
Anderen ausbildet, konstituiert sich auch die Identität von
Nationen aus der Wahrnehmung eines Gegenübers. Es
verändern sich also nicht nur die geografischen und
politischen Verhältnisse, sondern auch Einstellungen,
Vorstellungen und Weltbilder. Wie gehen wir damit um?
Welche Rolle spielen Grenzen für die heutige Gestalt
Europas und gewinnen sie angesichts der aktuellen
Konflikte mit Russland wieder an Bedeutung? Wo liegen
die Grenzen von Staatlichkeit und wie gehen Gesellschaften
mit der Zuwanderung aus anderen Kulturen um? Gibt es
grenzenloses Wachstum? Wo endet der medizinische und
technische Fortschritt?
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe wollen wir die
vielfältigen Dimensionen des Begriffes „Grenzen“
gemeinsam mit namhaften Referenten erschließen. Zu den
Vorträgen mit anschließender Diskussion laden wir Sie
recht herzlich ein.
Prof. em. Dr. Hannes Adomeit (Jg. 1942) studierte Politikwissenschaften an der FU Berlin und promovierte an der Columbia University. Danach lehrte er an verschiedenen Institutionen in London, Glasgow, Kingston, Santa Monica, Boston und Harvard. Bis 2007 war er Senior Research Associate und zeitweise Leiter der Sektion Forschung über Russland und Eurasien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Einer seiner Forschungsschwerpunkte war der Zusammenbruch der Sowjetunion und die deutsche Einheit. Von Adomeit liegen zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema Russland und Europa vor, so etwa: „Putins Westpolitik“, zusammen mit Rainer Lindner, „Die gemeinsamen Räume Russlands und der EU“ sowie gemeinsam mit Anders Äslund: „Russia versus the United States and Europe – or “Strategic Triangle”?. Adomeit war Berater im Rahmen des EU’s Conflict Prevention Network (CPN).