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Demokratieentwicklung in Afghanistan

от Dr. Babak Khalatbari

Demokratie? Ja, bitte - aber nicht mit den gegenwärtigen Akteuren.

Vor rund sieben Jahren begann der militärische Konflikt mit der Talibanbewegung in Afghanistan. Am 13. November 2001, exakt 63 Tage nach den Anschlägen von 9/11, wurden schließlich die Radikal-Islamisten aus der Hauptstadt Kabul vertrieben. Was als Aufbruch des kriegsgeschundenen Landes in eine bessere Zukunft begann, droht nun schlimmstenfalls zu scheitern.

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Zu Anfang des Jahres 2005 ergab sich noch der Eindruck, dass die im Petersberg Prozess geschaffenen Institutionen mit demokratischem Leben gefüllt werden könnten. Doch das demokratische Potential des Landes konnte sich seitdem nicht wie gewünscht, erhofft und dringend notwendig entfalten. Politische Parteien nach westlichen Standards gibt es in Afghanistan weder de jure noch de facto. Mit der Begründung, Parteien seien für den Bürgerkrieg verantwortlich gewesen, wurde der Entwurf für ein Parteiengesetz bis zum Jahr 2003 zurückgehalten. Das Gesetz für die Parlaments- und Provinzratswahlen aus dem Jahr 2005 konzentrierte sich zudem auf Einzelkandidaten und nicht auf Parteien oder Listen. Auch wurde die Angabe einer ggf. möglichen Parteienzugehörigkeit auf den Wahlunterlagen nicht gestattet. Somit erscheint das Spektrum der marginalisierten Parteien weit gefächert, und ein zerstrittenes wie auch fragmentiertes Parlament wird von der Majorität der Bevölkerung bislang nicht als „Volksvertretung“ wahrgenommen. Dies verwundert auch unter dem Gesichtspunkt nicht, dass rund 80 der gewählten 240 Parlamentarier Kommandeure bewaffneter Milizgruppen sind. Ebenso findet man auf den Sitzen des Parlaments Drogenbarone, Kriegsverbrecher und radikale Islamisten. Nur eine Gruppe von etwa 35 Parlamentariern kann als demokratisch, moderat und liberal beschrieben werden.

Herausforderungen

Speziell die Schwächung traditioneller, tribalistischer Bindungen (seit 2002), die gescheiterte Demilitarisierung (2002-) und das damit verbundene Widererstarken der Miliz-Kommandeure und Warlords (2002-), die Etablierung einer landesweit agierenden Drogenmafia (2002-), die ausufernde Korruption (2003-) sowie die immer mehr Zulauf verzeichnende militante Opposition (2005-) sind die großen Herausforderungen für die afghanische Regierung und die internationale Staatengemeinschaft. Mittlerweile scheint die Intensität des militärischen Konflikts im Land zwischen Hindukusch und Sefid-e-Koh sogar selbst die Gewaltspirale im Irak zu übertreffen. Diese negativen Entwicklungstendenzen der letzten Monate rekapitulierend, erscheinen die bislang erzielten Erfolge beim Wiederaufbau massiv gefährdet.

Zweifellos nicht die besten Rahmenbedingungen für die in 2009 und 2010 angesetzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Afghanistan. Ein Großteil der afghanischen Bevölkerung scheint dennoch die anstehenden Wahlen als »window of opportunity« wahrzunehmen und will sich aktiv einbringen, wie kürzlich eine Meinungsumfrage belegte. Die Konrad-Adenauer-Stiftung und das National Centre for Policy Research (NCPR) befragten in der Provinz Kabul vom 27.-29.07.2008 insgesamt 1.050 Personen zu 11 aktuellen Themengebieten. Der Zusammenfassung der Umfrageergebnisse schließt sich ein Ausblick sowie eine Empfehlung an.

Demokratie? Ja bitte…

Rund jede zweite befragte Person (53%) schätzt trotz aller Schwierigkeiten die grundsätzliche Einführung und Entwicklung der Demokratie in Afghanistan positiv ein. Die in den Jahren 2002 bis 2005 im Rahmen des Peterbergs-Prozesses eingeführten Grundpfeiler der Demokratie (Verfassungsgebung, Präsidentschaftswahl, Parlamentswahl) werden größtenteils als Erfolg bewertet, dennoch erfährt dem politischen System derweil auf Grund schlechter Regierungsführung auch eine zunehmende kritische Betrachtung. Insgesamt 47 Prozent der befragten Personen gaben demnach an, mit der Entwicklung der Demokratie in Afghanistan unzufrieden zu sein. So äußerte sich auch der politische Sprecher der Solidaritätspartei, Dr. Masood Mateen, gegenüber der KAS. Er führt an, dass „die Meinungsfreiheit immer mehr vom Staat beschnitten wird, wie die letzten Verhaftungen von regimekritischen Journalisten belegen.“ Interessantes Ergebnis der KAS-Umfrage ist ferner, dass trotz der beschriebenen schwierigen Rahmenbedingungen politische Parteien von 48% der Befragten für den weiteren Entwicklungsverlauf als wichtig erachtet werden. Gegenwärtig sehen 52 Prozent der Befragten das anders. Einer von ihnen ist der aus Kabul stammende Unterhausabgeordnete Mir Ahmad Joyenda, der der Meinung ist, „dass politischen Parteien keine wirkliche Führungsrolle für sich beanspruchen können, weil viele der größeren Parteien aus ethnischen Gruppierungen hervorgehen.“

Ebenso wurde in der KAS-Umfrage der geplanten Präsidentschaftswahl 2009 eine hohe politische Bedeutung beigemessen, speziell was das eigene Wahlverhalten angeht. Insgesamt 79 Prozent der Befragten gaben an, die Wahl zur Stimmabgabe nutzen zu wollen. Diesbezüglich scheint ein kontinuierlicher Trend vorzuliegen, da bei der letzten Präsidentschaftswahl am 09.10.2004 eine Wahlbeteiligung von rund 80 Prozent verbucht wurde. Eine ähnlich gute Wahlbeteiligung zeichnet sich für die Parlamentswahlen 2010 ab; bei der Umfrage gaben 78 Prozent der Personen an, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Im Vergleich zu den letzten Parlamentswahlen vom 18.09.2005 stellt dies eine Verbesserung von 28 Prozentpunkten dar, da damals nur etwa 50 Prozent der registrierten Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben.

… aber nicht mit den gegenwärtigen Akteuren

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass mehr als ¾ der Befragten die Arbeitsleistung der Regierung (81%) und des Parlaments (75%) als unzureichend und nicht zufriedenstellend bewerten. Die in Afghanistan seit April 2008 stark spürbare Energie- und Nahrungsmittelkrise scheint diesen Trend noch zu verschärfen. Der afghanische Politiker Masood Mateen bedient sich einer klaren Wortwahl, wenn er darauf hinweist, dass „am Anfang der Regierungszeit die Leute noch Brot aßen und nun mit Gras auskommen müssen.“ Die Chancen einer Wiederwahl für den amtierenden Präsidenten, Hamid Karzai, stehen laut Umfrageergebnisse denkbar schlecht. Lediglich 17 Prozent gaben an, ihn erneut wählen zu wollen. 83 Prozent der befragten Personen wollen Karzai nicht mehr wählen. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2004 konnte Hamid Karzai noch 55,4 Prozent der abgegebenen Stimmen für sich verbuchen.

ISAF: Freund oder Feind?

Die International Security Assistance Force (ISAF) scheint von etwas weniger als der Hälfte der Befragten (47%) als Sicherheitsgarantie für Afghanistan wahrgenommen zu werden. Das Ergebnis der Umfrage ist im Rahmen der letzten Ereignisse als gut zu bewerten, stellt es doch eine Steigerung von exakt 7% zu Umfrageergebnissen aus dem November 2006 dar. Kritisch stellt sich die Perzeption von ISAF bei der afghanischen Bevölkerung dar: 51% der befragten Personen empfinden die ISAF mittlerweile als militärische Besatzer, 49% tun dies nicht. Das ISAF-Engagement wird nach wie vor von großen Teilen der afghanischen Bevölkerung als notwendig erachtet, da ansonsten die Gefahr eines neuen Bürgerkriegs bestehen würde. Ein solcher Bürgerkrieg birgt ihrer Meinung nach ein wesentlich größeres Risiko für Zivilisten, als die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der ISAF und den regierungsfeindlichen Kräften.

Umgang mit Nachbarstaaten

Eine große Mehrheit der befragten Personen wünscht sich auch eine Intensivierung der politischen Beziehungen zu den islamischen Republiken Pakistan (75%) und Iran (86%). Im Kontext der G8 Afghanistan-Pakistan Initiative und der letzten Vorkommnisse in Süd- und Ostafghanistan und der damit verbundenen unversöhnlich wirkenden Verbalrethorik ist es interessant und erwähnenswert, dass ¾ der befragten Personen in Afghanistan sich eine Intensivierung der bilateralen Beziehungen zu Pakistan wünschten.

Afghanistan vor der Präsidentschafts- und Parlamentswahl

Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass anscheinend eine Majorität in Afghanistan an der Demokratie als politisches System festhalten möchte. Allerdings scheint durch die Wahl zwielichtiger Personen ins Parlament und das korrupte, klientelistische und kriminelle Verhalten vieler Funktionsträger ein „innenpolitischer Flurschaden“ entstanden zu sein. Das hohe politische Interesse des Einbringens der eigenen Wählerstimme, um so einen Politikwechsel anzusteuern, kann als demokratische, friedvolle Konfliktlösung und somit der partiellen Etablierung des demokratischen Systems an sich betrachtet werden. Es fehlen sozusagen bislang zu den anstehenden Wahlen nur noch die geeigneten Kandidaten und Parteien. Sollten neben dem amtierenden Präsidenten Karzai keine weiteren qualifizierten Kandidaten zur Wahl antreten, könnte eines der Ergebnisse eine schwache Wahlbeteiligung sein, die nicht nur den Demokratisierungsprozess, sondern auch die politische Legitimität der Legislative weiter aushöhlen würde.

Da in Afghanistan ohne eine fortschreitende Demokratisierung keine nachhaltige Stabilität einziehen kann, kommt den anstehenden Wahlen eine strategische Bedeutsamkeit zu. Sollten die Wahlen nicht stattfinden oder nicht frei und fair durchgeführt werden, kann dieser Sachverhalt enorme gesellschaftliche Rückwirkungen erzeugen, die zu einer weiteren Destabilisierung des Landes beitragen könnten.

Empfehlung

Um in diesem Kontext mögliche Negativentwicklungen zu reduzieren oder aufzuheben, muss kurz bis mittelfristig sichergestellt werden, dass transparente Wahlen mit verschiedenen Kandidaten stattfinden können. Da die anstehenden Wahlen mitunter eine der letzten Chancen zur politischen Stabilisierung des Landes bedeuten könnten, müssen unbedingt die Lehren aus den Fehlern der Jahre 2004 und 2005 gezogen werden. Faire und freie Wahlen sowie die Kandidatur von Personen mit aus afghanischer Sicht authentischem Hintergrund und unbefleckter Vergangenheit sind dringend notwendig, ansonsten wird schlimmstenfalls der „innenpolitische Flurschaden“ in eine „unglaubwürdige Fassadendemokratie“ münden. Im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen kann an Hand der Umfrageergebnisse und der gegenwärtigen politischen Lage in Afghanistan davon ausgegangen werden, dass sich der amtierende Präsident, Hamid Karzai, bislang keine Garantie auf eine Wiederwahl erhoffen kann. Das mag vielleicht kurzfristig für die internationale Staatengemeinschaft politisch unbequem sein, je schneller man sich aber mit dieser Entwicklung auseinandersetzt und sich auf mögliche Alternativszenarien konzentriert, desto nachhaltiger wird sich der Demokratisierungsprozess in Afghanistan etablieren können. Dieser Zeitabschnitt wird noch viele Jahre andauern und sich zudem auch mit großer Wahrscheinlichkeit sehr kostenintensiv gestalten. Man benötigt demnach verstärktes Engagement und eine planbare Kontinuität in der Partnerschaft zu Afghanistan. Bei diesem schwierigen Post-Petersberg-Prozess sollte man sich ein Zitat Goethes verinnerlichen, das besagt, dass „Demokratie nicht rennt, aber sicherer zum Ziel kommt“.

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