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Überraschendes Ergebnis der Präsidentschaftswahl – „Phänomen Schwarzenberg“ mischte die Karten neu

od Dr. Werner Böhler, Alena Reslová
Seit diesem Wochenende kennt die Tschechische Republik die beiden Kandidaten für die Stichwahl des ersten direkt gewählten Staatspräsidenten in ihrer Geschichte. Der ehemalige sozialdemokratische Premierminister Miloš Zeman und Außenminister Karel Schwarzenberg (TOP 09) gewannen mit 24,2% bzw. 23,4% die erste Runde der Präsidentschaftswahl, die am Freitag und Samstag (11. und 12.1.2013) stattfand.

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Der in den Umfragen favorisierte unabhängige Kandidat, Jan Fischer, erreichte 16,3 Prozent und blieb mit großem Abstand hinter Karel Schwarzenberg zurück. Zu den Verlierern der Wahl zählt insbesondere der Kandidat der stärksten Regierungspartei ODS, Přemysl Sobotka, der mit 2,5% der Stimmen lediglich den vorletzten Platz unter den neun Kandidaten belegte.

Die Tschechen setzten bei der Wahl auf erfahrene Politiker. Miloš Zeman sowie Karel Schwarzenberg sind seit der Samtenen Revolution in der tschechischen Politik aktiv. Miloš Zeman etablierte nach der Wende die Sozialdemokratische Partei (ČSSD) in der tschechischen Parteienlandschaft. Von 1998-2002 war Zeman Premierminister der sozialdemokratischen Minderheitsregierung, die auf der Grundlage des sogenannten „Oppositionsvertrages“ durch die von Václav Klaus geführte Bürgerpartei (ODS) toleriert wurde. Im Jahr 2004 kandidierte Zeman ohne Erfolg für das Amt des Staatspräsidenten und zog sich danach aus der aktiven Politik zurück. Im Jahr 2009 gründeten seine Anhänger eine neue Partei – Partei der Bürgerrechte Zemanovci. Zeman, der die ČSSD verließ, wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Bei den Wahlen 2010 konnte die Partei kein Mandat erringen. Karel Schwarzenberg diente als Kanzler des ersten Präsidenten Václav Havel. Später wechselte er mehrmals seine Parteizugehörigkeit (US-DEU, ODA, SZ, TOP09). Von 2004 bis 2010 war er Senator in der oberen Kammer des tschechischen Parlaments. Danach wurde er als Abgeordneter ins Abgeordnetenhaus gewählt. Seit 2007 ist er Außenminister und gehört in dieser Funktion bereits der zweiten Regierung an. Beide Kandidaten sind eindeutig zwei unterschiedlichen politischen Lagern zuzurechnen. Während Miloš Zeman dem Mitte-Links-Spektrum zuzurechnen ist, repräsentiert Karel Schwarzenberg das Mitte-Rechts-Spektrum.

Städte wählten Schwarzenberg, Land wählte Zeman

Die Präsidentschaftswahl zeigte eine klare Polarisierung der tschechischen Gesellschaft. Die Wählergruppen von Miloš Zeman und Karel Schwarzenberg unterscheiden sich sowohl regional als auch sozioökonomisch sehr deutlich. Karel Schwarzenberg gewann in sechs böhmischen Regionen und – mit Ausnahme von Ostrava und Ústí nad Laben – in den großen Städten, während Miloš Zeman in acht Regionen in Mähren, Schlesien und Westböhmen sowie auf dem Land klare Mehrheiten erzielte. Schwarzenberg konnte auch weitgehend die Stimmen der im Ausland lebenden Tschechen für sich gewinnen. Paradoxerise wählten vor allem die jüngeren Bevölkerungsgruppen (18-35 Jahre) mit Karel Schwarzenberg den ältesten Kandidaten. Ebenso entschieden sich Wähler mit höherem Bildungsgrad mehrheitlich für Schwarzenberg. Die Wähler von Miloš Zeman sind eher ältere Menschen und Bevölkerungsgruppen mit niedrigerem Bildungsstand. Es ist zu erwarten, dass die Stichwahl die tschechische Bevölkerung weiter polarisieren wird.

„Phänomen Schwarzenberg“ und strategisches Wählerverhalten

Der überraschende Erfolg von Karel Schwarzenberg ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen verspielte der favorisierte Kandidat, Jan Fischer, im Laufe der Wahlkampagne viele Sympathien. Ausschlaggebend dafür waren seine Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei, umstrittene Sponsoren sowie sein nicht überzeugendes Auftreten in den öffentlichen Debatten.

Demgegenüber gelang es der frischen Kampagne des Teams von Karel Schwarzenberg, in den letzten Wochen das „Phänomen Schwarzenberg“ zu kreieren und dadurch jüngere städtische Wähler für den Kandidaten zu begeistern. Eine bedeutende Rolle spielten dabei vor allem die sozialen Medien. Das Konzept „Phänomen Schwarzenberg“ transportierte im Netz den jovial genanten „Karel“ als eine coole, humorvolle Kulturpersönlichkeit, die von zahlreichen bekannten Persönlichkeiten aus dem Kulturbereich unterstützt wurde. Zu einem Hit wurden die T-Shirts, Poster und Plaketten mit dem „Pink Mohawk Karel“. Hinzu kam die Konzertkette unter dem Motto: „Für einen rechtstreuen Präsidenten“, die viele Wähler auf den Versammlungsplatz lockte. Andererseits rückte die Kampagne sehr geschickt die Rolle von Schwarzenberg in der unbeliebten Regierung in den Hintergrund.

Als weiteres Element ist die Kampagne der bürgerlichen Aktivisten zu nennen, die eine Woche vor der Wahl in den sozialen Medien intensiv für ein „strategisches Wählen“ plädierten, um damit aus dem bürgerliche Lager der Mitte ein Gegengewicht zu den favorisierten Bewerbern Miloš Zeman und Jan Fischer zu machen, bei denen zugleich teilweise unklare und umstrittene Bindungen an gewisse Sponsoren und Machtkreise (bei Miloš Zeman die russische Firma Lukoil, bei Jan Fischer die tschechischen Unternehmer Tomáš Chrenek und Jaromír Soukup) aufgedeckt wurden. Um die Zersplitterung der Stimmen zu vermeiden, riefen die bürgerlichen Aktivisten das bürgerliche Mitte-Rechts-Spektrum zur Wahl von Karel Schwarzenberg und das Lager der linken Mitte zur Stimmabgabe zugunsten von Jiří Dienstbier auf.

Schließlich empfahlen die führenden tschechischen Print- und Online-Medien kurz vor der Wahl Karel Schwarzenberg als den besten Kandidaten. Dieses in Tschechien ungewöhnliche und mit Blick auf die Neutralität der Medien umstrittene Verhalten stärkte die Position von Schwarzenberg unmittelbar vor dem Wahltag. Die Vielzahl der unentschiedenen Wähler ließ sich offensichtlich in den beiden Wochen vor der Wahl durch diese Faktoren in ihrem Abstimmungsverhalten beeinflussen, was die starke Zunahme von Schwarzenberg in der Schlussphase des Wahlkampfes zum Ausdruck bringt.

Pro-europäische Ausrichtung des zukünftigen Präsidenten

Eine eindeutige Änderung in der Politik des künftigen Präsidenten ist schon jetzt auszumachen. Der neue tschechische Präsident wird sicher eine stärker pro-europäische Ausrichtung haben als der derzeitige Amtsinhaber Václav Klaus. Außenminister Schwarzenberg zählt zu den stärksten Europabefürwortern der jetzigen Regierung. In seiner Funktion als Außenminister kritisierte er das Nicht-Beitreten Tschechiens zum Euro-Plus Pakt und dem Fiskalpakt sowie die Abwesenheit eines tschechischen Vertreters bei der Übergabe des Friedensnobelpreises an die EU. Weiterhin fordert er einen Beitritt Tschechiens zur Eurozone ohne vorheriges Referendum. Miloš Zeman bezeichnet sich selbst als „Euroföderalist“. Er unterstützt eine weitere wirtschaftliche und fiskalische europäische Integration, lehnt aber gleichzeitig den EU-Rettungsschirm oder finanzielle Hilfe für überschuldete Staaten ab. Er unterstützt auch einen Beitritt von Russland zur EU innerhalb der nächsten 20 Jahre. Insgesamt dürfte von Zeman eine eher populistische pro-europäische Politik zu erwarten sein. Demgegenüber käme mit Schwarzenberg ein engagierter Befürworter der weiteren Integration Europas als Wertegemeinschaft auf den Hradschin.

Kein eindeutiger Favorit für die Stichwahl

Die beiden Wochen bis zur Stichwahl am 25. und 26. Januar werden bis zur letzten Minute dramatisch bleiben. Mit ihren Ergebnissen liegen beide Kandidaten sehr nah beieinander. In absoluten Zahlen erhielt Zeman lediglich ca. 41 000 Stimmen mehr als Schwarzenberg. Einige unterlegene Kandidaten wie Zuzana Roithová von der Partei KDU-ČSL (5 Prozent), die unabhängige Kandidatin Tatiana Fischerová (3,2 Prozent) und Přemysl Sobotka von der Partei ODS (2,5 Prozent) sprachen sich bereits am Samstag, als die Wahlergebnisse feststanden, für die Unterstützung von Schwarzenberg aus und empfahlen ihren Wählern, in der Stichwahl ihre Stimmen Schwarzenberg zu geben. Es ist zu erwarten, dass die Wähler des tätowierten Künstlers, Vladimír Franz (6,8 Prozent), ebenfalls überwiegend Schwarzenberg wählen werden. Der Kandidat der Sozialdemokraten Jiří Dienstbier (16,1 Prozent) gab für keinen Kadidaten eine Empfehlung ab, seine Partei, die ČSSD, forderte jedoch dazu auf, im zweiten Wahlgang Miloš Zeman zu wählen. Auch die Kommunistische KSČM rief zur Wahl von Zeman auf. Entscheidend wird sein, welchem Kandidaten die Wähler von Jan Fischer als Drittplazierten ihre Stimme geben werden. Fischer selbst hat noch keine Empfehlung für einen Kandidaten abgegeben. Gleichzeitig wird die Wahlbeteiligung eine bedeutende Rolle spielen. In der ersten Runde der Direktwahl blieb die Wahlbeteiligung mit 61 Prozent deutlich hinter den Erwartungen zurück und war damit geringer als bei den letzten Wahlen zum Parlament. Die Enttäuschung war nicht zuletzt deshalb groß, weil im Vergleich die Beteiligung an der ersten Wahl nach Einführung der Direktwahl in der Slowakei bei 73 Prozent lag. Miloš Zeman kündigte an, in den kommenden beiden Wochen insbesondere um die Stimmen der bisherigen Nichtwähler kämpfen zu wollen.

Zwei Wochen intensive Kampagne und scharfe Auseinandersetzungen

In den verbleibenden beiden Wochen bis zum Wahltermin ist in Tschechien ein harter Wahlkampf zu erwarten. Bereits wenige Minuten nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse bezeichnete Schwarzenberg seinen Gegner, Miloš Zeman, als den Kandidaten der Vergangenheit. Zeman konterte mit der Verantwortung Schwarzenbergs für die unbeliebte Regierungspolitik. Die Strategie von Zeman wird darauf abzielen, einen Lagerwahlkampf zu führen und die Rechts-Links-Trennlinie in den Fokus der Wahlauseinandersetzung zu stellen. Dabei wird die Rolle Schwarzenbergs in der Regierung von Ministerpräsident Petr Nečas eine Rolle spielen, vor allem seine Mitverantwortung für die umstrittene Amnestie von Václav Klaus, die Restitutionsgesetze, die Steuererhöhung und die zahlreichen Korruptionsverdachtsfälle bei Regierungsmitgliedern. Dagegen wird Schwarzenberg mit seiner Integrität werben, die Anforderungen an die Persönlichkeit und den Charakter des Staatspräsidenten als Repräsentant des Landes verdeutlichen und sich selbst als einen sozial- und zukunftsorientierten Kandidat mit einer klaren Werteorientierung darstellen.

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Matthias Barner

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Leiter des Auslandsbüros Vereinigtes Königreich und Irland

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