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Veranstaltungsberichte

"Die Gesellschaft ist müde"

Am 14. Juli luden die Asociación de Amigos de la Fundación Adenauer und die KAS Argentinien gemeinsam zu einer abendlichen Diskussionsveranstaltung mit dem Politikanalysten Carlos Fara ein. Traditionell bieten die Treffen des Vereins der Freunde einen Raum, in dem bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft, Sport und Kultur ihre Ideen und Perspektiven mit den geladenen Gästen teilen und diskutieren.

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Sichtlich stolz präsentierte Roberto Caldo, Präsident der Asociación de Amigos de la Fundación Adenauer, den Ehrengast der Veranstaltung: Carlos Fara gilt als einer der bekanntesten und scharfsinnigsten politischen Analysten Argentiniens. Seit vielen Jahren schon beobachtet er die politische Stimmung im Land und erhöht mit seinen Untersuchungen die politische Transparenz in Argentinien. Das macht Fara zu einem gern gesehenen Gast des gemeinnützigen Vereins der Freunde der Konrad Adenauer Stiftung Argentinien, der seit 1989 die gesellschaftspolitischen Ziele der KAS – besonders Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit und Solidarität – unterstützt. Im Superwahljahr 2015 sind die Einschätzungen eines Experten natürlich besonders gefragt. Anlässlich des Treffens am 14. Juli referierte Fara zum Thema „Wahlen: Die Zukunft Argentiniens“. Das Ziel des Vortrags bestand darin, den Zuhörern ein besseres Verständnis möglicher Szenarien der Präsidentschaftswahl am 25. Oktober 2015 zu vermitteln.

Die Wahlabsicht wird vor allem durch Meinungen zu Politikern und Parteien bestimmt, erklärte Fara. Dabei müsse der politische Analyst jedoch auch im Hinterkopf behalten, dass Bürger nicht zwangsläufig für ihren Lieblingskandidaten, sondern oft aus strategischen Gründen für ein Bündnis oder eine Partei stimmten. So spielen laut Fara drei Meinungselemente für die Wahlabsicht bei der Präsidentschaftswahl eine zentrale Rolle. Von großer Bedeutung ist zunächst, inwiefern die Bürger der Staatspräsidentin Cristina Kirchner und ihrer Politik zustimmen. Das zweite Element betrifft den Wunsch des Wählers nach einem politischen Wechsel. Ausschlaggebend ist drittens, wie sich der Bürger die Präsidentschaft der verschiedenen Kandidaten konkret vorstellt.

Bei der Analyse dieser drei Einzelmeinungen hat Fara beobachtet, dass die Zustimmung zu Kirchner seit rund sechs Monaten steigt und das Image der Präsidentin sich kontinuierlich verbessert. Dazu passt, dass der Wunsch nach einem politischen Wechsel im Verlauf des aktuellen Mandats zwar erst zu-, inzwischen aber wieder abgenommen hat. Heute besteht faktisch ein Gleichgewicht zwischen dem Wunsch nach Wechsel und dem nach Kontinuität. Fara zog an dieser Stelle eine klar negative Bilanz aus zwölf Jahren Kirchnerismus: „Die Gesellschaft ist müde und resigniert. Es fällt ihr schwer, sich aufzuregen. Die Menschen sind Problemen gegenüber indifferent geworden. Man will vielleicht den Wechsel, weiß aber nicht wie. Und der Wechsel macht Angst.“ Es verwundert demnach nicht, dass sich das Volk eine mögliche Präsidentschaft des Peronisten Daniel Sciolis (Frente para la Victoria) überwiegend positiv vorstellt. Ein Mandat des Cambiemos-(„Lasst uns verändern!“)-Kandidaten Mauricio Macri (Propuesta Republicana) bewerten zwar immer noch viele positiv, doch die negativen Stimmen nehmen zu. Die Präsidentschaft des progressiven Peronisten Sergio Massa (Frente Renovador) stellt sich eine klare Mehrheit negativ vor. Da alle drei Kandidaten inhaltlich auffallend moderat seien, stimme das Wahlvolk am 25. Oktober weniger für das politische Programm als für den Führungsstil oder die Erfahrung des Kandidaten.

Die Präsidentschaftswahlen 2015 stellten Argentinien vor eine außergewöhnliche Situation, schlussfolgerte Fara: Während mit Massa ein besonders junger Kandidat Staatspräsident werden könnte, bräche das Land mit Macri erstmalig das starre Zweiparteiensystem aus peronistischer Gerechtigkeitspartei und radikaler Bürgerunion auf Staatsebene auf. Nach derzeitiger Einschätzung räumte Fara sowohl Scioli als auch Macri gute Chancen auf einen Wahlsieg ein. Genau wissen könne es aber niemand, denn „die Meinungen sind flüchtig“.

Sabine Volk

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