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„Zur Lösungsfindung gehören zunächst auch Fehler“

Julián Wilches, Politologe an der Universidad de los Andes in Bogota, Robson Rodrigues da Silva, ehemaliger Chef der Policía Pacificadora in Rio de Janeiro und aktuell Leiter des Forschungsinstituts Igarapé, und Félix Murazzo, peruanischer Innenminister a.D. und früherer Direktor von Interpol in Lateinamerika, berichteten anlässlich des „Kongresses über Drogenhandel und verwandte Straftaten“ am 20. August 2014 über Entwicklungen und Herausforderungen in Kolumbien, Brasilien und Peru.

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Unter den lateinamerikanischen Staaten zählt Kolumbien zweifelsohne zu den Krisengebeuteltsten. In den 80er und 90er Jahren hatte das Land alle Kräfte mobilisiert, um das Gewaltmonopol von Drogenkartellen, Guerillakämpfern und Paramilitärs zu brechen. Bogotá, Medellín, Cali und Barranquilla zählten jedoch immer noch zu den Hauptumschlagsplätzen für illegale Substanzen jeder Art, so Julián Wilches. Auch wenn die Kokainanbauflächen in Kolumbien seit den 90er Jahren halbiert werden konnten, stieg der Drogenkonsum im Gegenzug zwischen 2008 und 2013 um fast 50 Prozent. Das Problem sei daher alles andere als gebannt: „Kokain finden wir überall dort, wo sich der Staat nicht behaupten kann.“

Ähnliches widerfuhr Brasilien in den vergangenen Jahrzehnten. Der Drogenkrieg hatte zwischen 1991 und 2008 über 128 000 Tote gefordert, berichtete Robson Rodrigues da Silva. Den Höhepunkt erreichten die Zahlen mit Beginn der „Politik der harten Hand“ in den 90er Jahren. Mit Empathie, Sozialisierungsprozessen und einer humaneren Herangehensweise konnte der Wandel schlieβlich mit der Policía Pacificadora eingeleitet werden. 1,5 Millionen Brasilianer profitieren mittlerweile davon. Der Weg dahin sei jedoch nicht einfach gewesen: „Zur Lösungsfindung gehören zunächst auch Fehler.“

„Indem wir das Thema beschönigen, lassen wir zu, dass die Länder Lateinamerikas weiter an Entwicklungspotenzial und Regierbarkeit einbüßen“, kritisierte Félix Murazzo. Die geostrategische Bedeutung Perus für den Drogenhandel basiere im Wesentlichen auf seiner 2500 Kilometer langen Küstenlinie. Während mehr als 90 Prozent des in Peru fabrizierten Kokains für die internationalen Märkte bestimmt seien, werde im Inland vorwiegend Kokapaste, ein Zwischenprodukt in der Kokainproduktion, konsumiert.

Eine klare Absage erteilte Julián Wilches der Legalisierung von Marihuana: „Ein daraus resultierender Rückgang der alltäglichen Gewalt erscheint mir sehr unwahrscheinlich.“ Zudem gab Félix Murazzo zu bedenken: „Die Kollateralschäden einer solchen Entscheidung sind nicht absehbar und die Grenze zwischen Legalität und Illegalität verschwimmt zunehmend.“ Ohne einen Paradigmenwechsel in den Konsumländern könne das Problem langfristig ohnehin nicht bezwungen werden.

Anna-Lena Schmidt

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