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Veranstaltungsberichte

Die komplexen und sich verändernden Beziehungen zwischen dem Peronismus und der Demokratie

Die Veranstaltungsreihe “30 Jahre nach Rückkehr zur Demokratie: Eine Bilanz” resümiert die Entwicklung des Peronismus im Zusammenhang mit der Demokratie in Argentinien.

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Wie kann, soll und wird Demokratie in Argentinien angegangen? Radikalismus oder Peronismus? Der landesweit dominanten Partido Justicialista (PJ) steht die zweitgrößte Partei Unión Cívica Radical (UCR) gegenüber, die zusammen mit der PJ des Öfteren regierungsbeteiligt war. Regional sind Parteien wie die Coalición Cívica (ARI), Propuesta Republicana (PRO) und die älteste Linkspartei Partido Socialista von Bedeutung. Diese koalieren meist mit der UCR oder der PJ.

Das argentinische Parteiensystem lasse sich nicht in ein Links-Rechts-Schema einordnen, das man beispielsweise aus Deutschland kennt. Das liegt einerseits an den wechselnden Strömungen der Parteien, andererseits an der oft parteiübergreifenden Ideologie. Zudem sind die Ausrichtungen innerhalb der PJ sehr verschieden. Der aktuell vorherrschende Kirchnerismus (linkspopulistisch ausgerichtet) unterscheidet sich beispielsweise vom wirtschaftsliberal geprägte Menemismus, obwohl beide peronistisch sind. Argentinien habe seit jeher mit den Problemen des Parteiensystems zu kämpfen. Marcos Novaro, der Redner zum heutigen Seminar, sieht im Parteienproblem das grundsätzliche Demokratiedefizit der letzten 30 Jahre. Er ist der Meinung, dass Argentinien hier vor eine große Herausforderung stehe.

Insbesondere im Unterschied zu benachbarten Staaten, wie Chile und Uruguay, ermögliche das Parteiensystem dem zweitgrößten Land Südamerikas keinen konstanten Regierungsstil. Die Instabilität, so der studierte Soziologe, würde besonders durch die Fragmentierung und Zersplitterung der Parteienlandschaft verursacht. Dennoch betont Marcos Novaro, dass das argentinische Parteiensystem auch Stärken und Schwächen besitze.

Raúl Alfonsín, der nach der Beendigung der Militärdiktatur 1983 als Präsident hervorging, versprach Argentinien in die Demokratie zurück zu führen. Der Versuch den Peronismus durch institutionelle Reformen zu isolieren, scheiterte. Insbesondere die Resistenz von wirtschaftlichen Syndikaten beeinflusste diese Entwicklung. Das Jahr 1983 bot die Chance eine Veränderung herbeizuführen und das Parteiendilemma zu überwinden. In dem Versprechen die Demokratie wiederzugewinnen habe große Hoffnung gelegen- die enttäuscht wurde, sagte Novaro.

An dieser Stelle stelle sich die Frage: Kann Peronismus in einer Partei funktionieren und durch diese organisiert werden? „Peronismo competitivo“- so nennt der Professor den konstanten Wettbewerb innerhalb des Peronismus. Jeder berufe sich auf den Peronismus, was keine stabile Grundlage für ein Parteiensystem sei. Novaro bemerkte an dieser Stelle, dass das System nicht mit denen der USA oder Europa zu vergleichen sei. „Die Parteiendisziplin ist nicht die selbe.“

Doch liefert der Radikalismus der UCR eine andere und bessere Antwort? Nein, sagt Novaro. Die UCR versuchte eine starke repräsentative Wählerbasis zu schaffen, wie sie sie schon in der Mittelklasse besaß; der Peronismus ihn in den ärmeren Provinzen bereits hatte. Stattdessen schaffte es die PJ ihren Einfluss auch in der Mittelklasse zu erweitern und somit immer mehr an politischer Autorität zu gewinnen.

Die Vorstellung der Kirchners konnte sich durchsetzen. Der Peronismus habe sich so reformiert, so dass er von einer radikalen Strömung kaum zu unterscheiden sei.

Heute könne der Peronismus mit einem radikalen Populismus gleichgesetzt werden. Dies beinhalte auch, so Marcos Novaro, den Prozess der Radikalisierung in Bezug auf wichtige politische Themen in Argentinien: die Außenpolitik , die Kirche und das Ringen gegen die Unternehmen.

Die Abwendung von der ursprünglichen peronistischen Idee zeige sich deutlich. Heute sind einstige Partner die schärfsten Kritiker der radikalisierten Kirchners.

Novaros Thesen ließen eine anregende Diskussion im Anschluss seines Vortrags zu. Das junge Publikum lauschte gespannt. Schon während seinen Ausführungen gab es Zwischenfragen. Insgesamt war es eine anregende Diskussion.

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