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Veranstaltungsberichte

Die Provinzen des Nordens und die Realität

von Mónica Bing

Das Seminar „Bundesstaatliche Verbesserungsvorschläge“

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien organisierte zusammen mit der Partei Propuesta Nacional (PRO) und dem Think Tank Pensar ein Forum zum Thema „Bundesstaatliche Verbesserungsvorschläge“. In zwei Seminaren wurde am 22. März 2013 in Tucumán die Realität der nordargentinischen Provinzen analysiert.

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In kaum einem anderen Land in Lateinamerika existieren so viele Ungleichheiten wie in Argentinien. Verpasste Chancen, falsche Entscheidungen und fehlende Maßnahmen würden die Region kennzeichnen, so meinen die Redner.

Ökonomische Realität

Ricardo Guzmán analysierte im ersten Panel die ökonomische Realität der Nordöstlichen Provinzen von Argentinien (NOA): Salta, Jujuy, Tucumán, Catamarca, La Rioja und Santiago del Estero. Der einstige Gouverneur von Catamarca, kennt seine Provinz und ihre Nachbarn. „Der Finanzausgleich zwischen der Provinz und der Nation Zentralisierung muss wieder verstärkt werden“, so Guzmán. Dieser habe in den letzten Jahren stark gelitten.

Castor López, der Abgeordnete der Provinz Santiago del Estero, erklärte die Vorteile, die es für seine Region geben würde, wenn die Eisenbahn Ferrocarril Belgrano wieder in Betrieb genommen werden würde. Die Infrastruktur würde wieder gestärkt. „Die Provinz hat einen sehr interessanten Wachstumsmarkt“, stellte er fest, „auch wenn er nur einen Prozent des nationalem BIP entspricht“. Auch eine Herausforderung die Region: Sie misst eine Fläche von 14 Millionen Hektar. Die Bevölkerungsanzahl kommt aber nicht über die Millionenmarke. Das macht eine Bevölkerungsdichte von nur 5,9 Einwohnern pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: Das am dünnsten besiedelte Bundesland Deutschlands ist Mecklenburg-Vorpommern mit 71 Einwohnern pro Quadratkilometer. Santiago del Estero kämpfe aus diesem Grund gegen Effizienzverluste und teure Dienstleistungen.

Der nächste Redner, Rogelio Frigerio, schilderte die makroökonomische und steuerliche Situation des Nordens. „Es gibt in der südlichen Hemisphäre kein einziges Land, in dem die Gebühren in den letzten 10 Jahren nicht gestiegen sind“, so der Abgeordnete der Stadt Buenos Aires. Während die anderen Länder jedoch ohne Inflation wachsen würden, sei Argentinien das zweite Land hinter Sudan mit der höchsten Inflationsrate. Er orientiert sich an einem Wert, der noch vor der Teilung des Sudans erhoben wurde. Hinzu komme: Argentinien sei das einzige Land der Welt, dem Dollar fehlten. Schwarzmärkte und ein starker Kurs des sogenannten Blue Dollars sind die Folge. Der Ökonom sagte, es sei wichtig, das Wachstum Argentiniens mit offenen Märkten zu stärken und international zu kooperieren.

„Tucumán hat viele Möglichkeiten verpasst, seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern“, sagt Eduardo Robinson mit starker Stimme. Der Wirtschaftswissenschaftler sprach über die ökonomische Realität in Tucumán. Es sei nun wichtig, die Steuerlast zu verringern, in Transport und Logistik zu investieren und die Bildungspolitik und das Export-Profil zu verbessern.

Soziale Realität

Das zweite Panel begann mit der Reflektion der Armutssituation von Guillermo Durand Cornejo. Der Abgeordnete der Provinz Salta beschrieb, den Norden als ärmste Region des Landes. „Es ist schade, dass die Regierung die letzten zehn Jahre vergeudet hat, anstatt das Land vorwärts zu bringen.“ Die Finanzkrise von 2002 habe den Norden hart getroffen. Sei dieser vorher schon die ärmste Region gewesen, sei die Armutsrate – berechnet nach einem Warenkorb – nun auch noch auf fast 50 Prozent angestiegen. Ursache dafür sei auch das rapide Bevölkerungswachstum der Region.

„Nach 30 Jahren der Demokratie gibt es immer noch zu viele Ungleichheiten!“, sagte José Cano. Der Senator der Provinz Tucumán betonte, wie wichtig es sei, dies zu erkennen. Man schaue nur auf die Säuglingssterblichkeitsrate. Diese sei in den Nordöstlichen Provinzen von Argentinien deutlich höher als im Rest des Landes. Diese Rate verrät aber vieles im direkten Zusammenhang mit Armut, Ausgrenzung, Obdachlosigkeit, Mangel in der Gesundheitspolitik, Bildung, etc. stehe.

„Am traurigsten ist jedoch“, betont Cano, „dass obwohl die Haushaltseinnahmen über die letzten 10 Jahre gestiegen sind, man es aber nicht geschafft hat, die Säuglingssterblichkeitsrate um drei Punkte zu senken.“ Der Senator kritisierte offen die argentinische Regierung und warf ihr vor, die statistischen Daten nicht richtig Handhaben zu können. „Es ist wichtig Richtlinien für die Gesundheitspolitik einzuführen, die eine Amtszeit überdauern.“

Die Situation der touristisch sehr beliebten Provinz Jujuy erklärt Isolda Calsina. Die Abgeordnete stützt ihre Analyse auf der Grundschulbildung der Provinz und der NOA. Sie bezog sich auf den Volkshelden Manuel Belgrano, der das Konzept der Bildung förderte und es als Werkzeug der Menschen sah. Calsina fügte hinzu, dass Bildung heutzutage wahrscheinlich das beste Mittel für Gleichheit und soziale Gerechtigkeit ist.

Auch die Vizepräsidentin der Stadt Buenos Aires, María Eugenia Vidal, gab einen Überblick über die politische, ökonomische, und soziale Entwicklung. In der Vergangenheit hat die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien schon eine Bundespressekonferenz veranstaltet, in der Vidal sich umfassend zu sozialen Themen äußerte. Armut, Obdachlosigkeit, Unterernährung, fehlender Zugang zum Bildungssystem führen wiederum zu Studienabbrüchen oder Teenager-Schwangerschaften. „So entsteht ein Teufelskreis, aus dem man alleine und ohne Hilfe nicht wieder herauskommt.“

María Vidal erklärte die Perspektiven der sozialen Probleme und äußerte sich kritisch zu den Aktionen der nationalen Regierung. Sie meint jedoch, dass die Erfahrung mit der Regierung von der Stadt Buenos Aires hoffnungsvoll sei. Wie etwa der Plan Sarmiento: Kinder erhalten Computer und somit Zugang zu Information und Bildung, die Infrastruktur an Schulen solle verbessert werden, Englisch werde der ersten Klasse unterrichtet, etc.

Am Ende wird eines klar: Die Probleme des Nordens sind die Probleme des ganzen Landes. Jede Inflation, die das Land traf, schlug Wellen auf die soziale und ökonomische Situation der Region. Die Verbesserungsvorschläge der Redner zeigen nicht nur, wo man ansetzen kann, sondern auch, dass man sich des Problems bewusst ist. Diese Vorschläge müssten nun flexibel und lang anhaltend umgesetzt werden, um die Situation zu verbessern.

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