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Veranstaltungsberichte

Diskussion zum Tag der Journalisten an der Universidad del Salvador

ANGST UM PRESSEFREIHEIT IN ARGENTINIEN

Am 6. Juni 2013 luden die Universidad del Salvador in Buenos Aires und die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien ein, um am nationalen Tag des Journalismus dessen Lage zu diskutieren. Mittelpunkt der Veranstaltung, an der hochrangige argentinische Medienvertreter teilnahmen, war die Diskussion um das umstrittene Gesetz und der Machtkampf zwischen der Regierung und der Mediengruppe Clarín.

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Die Regierung von Christina Kirchner will offen gegen die Clarín-Gruppe vorgehen, einem medialen Kritiker der Regierung und Argentiniens größter Medienkonzern. Man will Medienmonopole zerschlagen, heißt es in den Reihen der Regierung.

Das hierzu verabschiedete Mediengesetz wirft jedoch seinen Schatten auf der Pressefreiheit. Befürworter sprechen von einer Demokratisierung der Medienlandschaft.

Am 6. Juni 2013 luden die Universidad del Salvador in Buenos Aires und die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien ein, um am nationalen Tag des Journalismus dessen Lage zu diskutieren. Mittelpunkt der Veranstaltung, an der hochrangige argentinische Medienvertreter teilnahmen, war die Diskussion um das umstrittene Gesetz und der Machtkampf zwischen der Regierung und der Mediengruppe Clarín. Debattiert wurde die soziale und politische Verantwortung der Massenmedien sowie über Ethik im Journalismus. Die geladenen Journalisten boten den Studenten der Kommunikationswissenschaft lebhafte Einblicke in ihren Berufsalltag und standen ihnen mit praxisnahen Tipps zur Seite.

„Momentan sprechen wir nicht vor zukünftigen Journalisten, sondern von der Zukunft des Journalismus“, sagte die bekannte Journalistin und aktuelle Senatorin Norma E. Morandini. „Wir laufen Gefahr bald Schreibern und Propagandisten, Instrumenten der Regierung, gegenüber zu stehen.“ Was ein Mangel an Meinungsfreiheit für Argentinien bedeute, brachte sie auf den Punkt: „Ohne Demokratie gibt es keine Pressefreiheit. Beide sind eng miteinander verflochten.“ Wer das Recht auf Information einschränkt, könne nicht von einer Demokratie sprechen. Freie Berichterstattung gehöre zur Demokratie und sei auch nur in ihr lebensfähig. „Nach Qualität und Abhängigkeit der Presse kann man Demokratien beurteilen“, sagte Morandini. Sie sorge sich, dass trotz fester Verankerung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, dieser Grundsatz in Argentinien derzeit zur Debatte stünde.

Die ethischen Prinzipien im Journalismus bestünden laut Morandini darin, das Recht der Bevölkerung auf Information zu wahren. Glaubwürdigkeit sei dabei das nützlichste Werkzeug der Presse, Verantwortungsbewusstsein die Voraussetzung. Nur diese allein dürfe die Presse begrenzen - kein Gesetz, keine Zensur. Das beste Mediengesetz sei immer noch kein Mediengesetz. Sie habe das Gefühl Argentinien mache erhebliche Rückschritte bei der freien Meinungsäußerung. Positiv sei allerdings, dass viele argentinische Medienunternehmen ihren regierungskritischen Journalisten den Rücken deckten.

„Ihr seid die erste Generation, die hier in Freiheit erzogen wurde, appellierte die Schriftstellerin abschließend. Repressionen seinen ihnen daher fremd. „Vergesst nicht, dass eine Demokratie Schutz bedarf. „Demokratie ist ein Prozess. Lenkt ihn in die richtige Richtung.“

Auf die aktuelle Justizreform in Argentinien anspielend fragte der Fernsehjournalist Pablo Rossi: „Was für eine Demokratie hatten unsere Väter vor Augen? Eine verkleidete Monarchie, eine Königin ohne Thron?“ Freiheit und Demokratie seien der Rohstoff des Journalismus. Während sich die Regierung die Justiz zu eigen mache und sich nahe an den Grenzen der Legalität und demokratischer Normen bewege, würde dieser Rohstoff immer knapper.

„Wir befinden uns in einer komplizierten Lage, aber dies birgt auch die Chance neu zu definieren, was unser Land sein möchte und sein kann.“

Soziale Netzwerke seien zudem zu einem wichtigen Werkzeug für die Verteidigung der Meinungs- und Pressefreiheit geworden. So würde eine Horizontalisierung der politischen Führung möglich. Die Ursache hierfür sieht Rossi in den fehlenden hierarchischen Strukturen und der Abwesenheit von Autoritäten, durch die diese Plattformen gekennzeichnet werden. Als Beispiel für solch einen dezentralen Führungsstil auf Augenhöhe nannte er den neuen Papst. Politische Führungsstile a la Kirchner, Chávez oder Castro hätten demgegenüber nur eine relativ kurze Überlebensdauer, aber großes Potential aus ihren Ländern eine Armenfabrik zu machen.

Marcos Barroca, Fernsehreporter bei Canal 13, betonte die Bedeutung der Zivilgesellschaft und der Medien als vierte Säule der Demokratie. Journalisten seien darüber hinaus Zeugen der Geschichte. Man dürfe jedoch nicht vergessen: „Medienunternehmen sind Unternehmen wie alle anderen auch. Sie müssen Nachrichten verkaufen.“ Nachrichten seien Konstruktionen. Neutral seien diese nie. Natürlich spielten hier Bildungshintergrund, Religion, Weltanschauung, Ideologie und politische Einstellung eine Rolle. Neue Kommunikationstechnologien und soziale Netzwerke ermöglichen aber, sich unabhängiger zu Informieren. Einige Blogs seien sogar qualitativ besser als herkömmliche Medien und würden noch nicht durch den Krieg zwischen den Medienkanälen in ihrer Arbeit und Produktivität gehemmt.

In einer abschließenden Diskussion standen die Experten den Studenten für Fragen offen. Neben praxisnahen Tipps für den Berufseinstieg in die Welt der Medien wurde lebhaft der Sinn und Zweck des neuen Mediengesetzes diskutiert. Der Fernsehjournalist Ignacio Gonzales Prieto bejahte die Frage, ob es denn nötig sei. Nachdem er das Für und Wider abgewogen hatte, befand er es als grundsätzlich notwendig. Initiativen zur Demokratisierung der Medien würden seit Jahren bereits von der Zivilgesellschaft vorangetrieben. Das bisher gültige Mediengesetz stamme noch aus Zeiten der Militärdiktatur (von 1976 bis 1983). Die Medienlandschaft konzentriere sich auf Kosten der kleinen lokalen Zeitungen, Radios und Sender, welche nun nach und nach verschwanden. Prieto zweifle jedoch nicht daran, dass die Regierung das Gesetz dazu nutze, um ihren schärfsten medialen Gegner zu schwächen. Dieses Schema habe man schon in Venezuela beobachten können.

Argentinien nimmt nach der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit, der Organisation Reporter ohne Grenzen, den Rang 54 ein und ist im Vergleich zum Vorjahr um sieben Plätze zurückgefallen.

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Olaf Jacob

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Leiter des Auslandsbüros Chile

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