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Länderberichte

Regionalwahlen in Belgien

von Andrea Haberkamp

Vorbericht

Am 7. Juni finden in Belgien sowohl die Europawahlen als auch die belgischen Regionalwahlen statt, deren Durchführung an ein und demselben Tag in Artikel 117 der belgischen Verfassung verankert ist. An diesem Tag werden sich rund sieben Millionen belgische Wähler, zum dritten Mal innerhalb der letzten drei Jahre, zu den Urnen begeben. Die Regionalwahlen spielen dabei in Belgien fast eine größere Rolle als die Föderalwahlen.

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Belgien ist in drei Regionen untergliedert: die Region Flandern, die Region Wallonien und die Region Brüssel-Hauptstadt. Darüber hinaus gibt es eine weitere Untergliederung in Gemeinschaften. Die französische, flämische und deutschsprachige Gemeinschaft sind kultur- bzw. personenbezogen, die Regionen dagegen beziehen sich auf ein Territorium.

Mit der Ausnahme von Flandern, besitzt jede Region und jede Gemeinschaft ein Parlament. Bei den kommenden Regionalwahlen werden die Abgeordneten der regionalen Parlamente Flanderns, Walloniens und Brüssel-Hauptstadt, sowie die Vertreter des Parlamentes der deutschsprachigen Gemeinschaft, direkt gewählt. In Flandern hat man beschlossen, das Parlament der flämischen Gemeinschaft sowie das der Region Flandern mit ihren jeweiligen Kompetenzen zusammen zu fassen, um mehr Transparenz in der Institutionenlandschaft zu schaffen. Auch die Finanzierung der Gemeinschafts- und Regionalpolitik läuft über ein und denselben Haushalt. Dieses Parlament setzt sich aus der Gesamtheit der Abgeordneten der flämischen Region (118), sowie den ersten sechs, in der Region Brüssel-Hauptstadt direkt gewählten, flämischen Vertretern aus dem Brüsseler Regionalparlament zusammen. Die Fusion beider Parlamente setzt allerdings voraus, dass sich letztere beispielsweise bei Abstimmungen über Maßnahmen, die in die Kompetenz der Region Flandern fallen, enthalten müssen. Die Regionalwahlen haben in Belgien eine große Bedeutung. Dies lässt sich unter anderem durch die Vielzahl der Kompetenzen erklären, die den Regionen im Laufe der Zeit übertragen wurden. So fallen unter anderem neben der Wirtschafts- und Energiepolitik, die Beschäftigungspolitik, Raumordnung und Städtebau, Flurbereinigung, Transport und Verkehr sowie öffentliche Arbeiten in ihren Aufgabenbereich.

Insgesamt wurden für die Regionalwahlen etwa 277 Listen abgegeben, davon 165 in Wallonien, 33 in Brüssel-Hauptstadt (21 für den französischen und 12 für den flämischen Wahlkreis), 73 in Flandern, davon zehn allein für die sechs Brüsseler Mitglieder für das flämische Parlament, und sechs Listen für das Parlament der deutschsprachigen Gemeinschaft.

Zur belgischen Parteienlandschaft sei zu sagen, dass sie sich durch zahlreiche Namensänderungen, Abspaltungen, gemeinsame Listen und Neugründungen charakterisiert. So wurde beispielsweise aus dem „Vlaams Blok“ der „Vlaams Belang“, aus dem VLD wurde der Open VLD und neue Gruppierungen kamen auf wie beispielsweise in Flandern die rechtsliberale, populistische Lijst Dedecker. Darüber hinaus haben sprachlichbedingte Spaltungen traditioneller Parteien in den vergangenen Jahrzehnten, die Parteienzahl deutlich erhöht und eine Zusammenarbeit zwischen beispielsweise flämischen und frankophonen Parteien der gleichen „Familie“ erschwert. Diese Parteienvielzahl führt daher zwangsläufig zur Bildung von Koalitionen; sei es auf föderaler, regionaler oder Gemeinschaftsebene.

Letztendlich dürfen die Europawahlen nicht außen vor gelassen werden, bei welchen die drei Sprachgemeinschaften insgesamt 22 Vertreter statt bisher kurzzeitig 24 in das Europaparlament wählen. Im Einzelnen wählt die bevölkerungsreichste flämische Gemeinschaft 13 und die französische Gemeinschaft 8 Abgeordnete. Trotz der Reduktion der belgischen Abgeordnetenzahl ist es der deutschsprachigen Gemeinschaft gelungen, einen dieser Sitze für ihren Vertreter beizubehalten.

Die Region Flandern

Laut einer im Mai von „Ispos“ realisierten Umfrage, würde der CD&V bei den kommenden Regionalwahlen in der Region Flandern auf 21,6% der Stimmen kommen. Die Christdemokraten, die in Flandern gut eingebettet sind und unter anderem den derzeitigen regionalen Ministerpräsidenten Kris Peeters und aktuellen Premierminister Herman van Rompuy stellen, blieben somit stärkste politische Partei Flanderns. Die CD&V nannte darüber hinaus Kris Peeters, der auch Spitzenkandidat des Wahlkreises Antwerpen ist, als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Die Wahrscheinlichkeit, dass er seine eigene Nachfolge antritt, ist mit Blick auf die Umfrageresultate sehr hoch. Weitere Spitzenkandidaten der CD&V in den verbleibenden Wahlkreisen sind Tom Dehaene, Sohn von Jean-Luc Dehaene, Joke Scheuvliege, Hilde Crevits und Jo Vandeurzen, ehemaliger Parteivorsitzender.

Die rechtsliberale, populistische Lijst Dedecker käme auf 11,9% und würde somit ihr Resultat der Parlamentswahlen von 2007 um rund 5% verbessern. Darüber hinaus würde der rechtsextreme Vlaams Belang auf 16,2% kommen und die Liberalen der Open VLD auf 17,2 und wären somit zweitstärkste Partei. Der Vlaams Belang würde bei einem derartigen Ausgang einen deutlichen Rückgang der noch in den Regionalwahlen von 2004 erzielten Ergebnisse verzeichnen, bei welchen sie mit 24,15% der Stimmen noch zweitstärkste Partei Flanderns war. Vollends eingebrochen scheinen die flämischen Sozialisten der SP.a (Socialistische Partij Anders) zu sein. Sie erzielen in der Umfrage mit 14,3 % ein noch schlechteres Ergebnis als den in den Parlamentswahlen 2007 erreichten historischen Tiefstand von 16,3%. Die NVA, die in den Föderalwahlen 2007 mit der CD&V und einer gemeinsamen Liste angetreten ist, würde bei einem derartigen Ergebnis 9,2 % der Stimmen erhalten. Mittlerweile hat sich das Wahlbündnis zwischen der CD&V und der NVA wegen Uneinigkeiten bezüglich einer Staatsreform aufgelöst. Groen! pendelt sich mit 6,3 % leicht über der Fünfprozenthürde ein.

Überschattet werden sowohl die Europa- als auch die Regionalwahlen durch die Ereignisse in den Gemeinden rund um Brüssel. Die frankophonen Medien berichten von Diskriminierungen französischsprachiger Kandidaten in den in der Provinz Flämisch-Brabant (und somit der Region Flandern) gelegenen Gemeinden der Brüsseler Peripherie. Einige Gemeinden sollen angeordnet haben die Plakate frankophoner Kandidaten abzukleben oder reservieren die Wahlplakatierung einzig und allein den flämischen Parteien. Hintergrund: In der Brüsseler Peripherie, befinden sich Gemeinden mit teils hohem frankophonen Bevölkerungsanteil, die sogenannten Fazilitäten-Gemeinden. Entsprechend stellt sich auch ein frankophoner Parteienzusammenschluss, die „Union des Francophones“ (UF), in der Region Flandern zur Wahl, angeführt von Spitzenkandidat Christian Van Eyken, ehemals Bürgermeister der Fazilitätengemeinde Linkebeek, und seit 1995 einziger frankophoner Abgeordneter im flämischen Parlament, um die Interessen dieser Minderheit zu vertreten. Die UF umfasst den CDH, die FDF (Front démocratique des francophones), den MR-LB sowie die PS.

Dieser Konflikt, der schon seit Jahrzehnten vorherrscht und immer wieder durch derartige Aktionen an Brisanz gewinnt, wirkt sich nicht nur auf die Bevölkerung der Provinz und der Fazilitätengemeinden aus, sondern belastet dauerhaft auch die flämisch-wallonischen Beziehungen auf föderaler Ebene.

Die Region Wallonien

Großer Verlierer der kommenden Regionalwahlen in Wallonien wird die PS sein, obwohl sie traditionell in Wallonien dominiert hat. Umfragen und Analysen zufolge, werden die im Vergleich zu den vergangenen Regionalwahlen 2004 verlorenen Stimmen fast ausschließlich den Grünen der Ecolo zugute kommen.

Im Einzelnen erreichen laut einer „Ispos“- Umfrage vom Mai 2009 in der Region Wallonien der PS 26,2 %, der MR 25,8 % und die CDH 15,8 %. Letztere muss somit den Platz der drittstärksten Partei in Wallonien aller Voraussicht nach an Ecolo (21,3%) abgeben.

Bei den Regionalwahlen werden 75 Abgeordnete des Parlamentes der wallonischen Region direkt gewählt. Zusammen mit 19 Brüsseler Abgeordneten formen sie das Parlament der französischsprachigen Gemeinschaft.

Zwar scheint es eindeutig zu sein, dass die Liberalen ihre Vorherrschaft in der Region Brüssel-Hauptstadt beibehalten werden, es ist aber noch fraglich ob nun der PS oder der MR stärkste Partei sowohl der Region Wallonien als auch der französischen Gemeinschaft wird und Koalitionsverhandlungen beginnen kann. Denkbar ist auch, dass die PS stärkste Partei der Region Wallonien und der MR, durch die Ergebnisse der Region Brüssel-Hauptstadt, stärkste Partei der französischen Gemeinschaft werden könnte. Sollte die PS wirklich stärkste Partei der Region Wallonien bleiben, so stehen die Zeichen für eine Koalition PS-Ecolo-CDH, auch „olivier“ genannt und dies nicht zuletzt aufgrund der vorherrschenden Rivalität zwischen der PS und den Liberalen des MR. Eine Verlängerung der seit 2004 bestehenden Koalition zwischen der PS und der aus der ehemaligen christlich-sozialen Partei (PSC) hervorgegangenen CDH wäre alles andere als abwegig, da die Parteien einerseits gemeinsame Werte aus dem sozialen Bereich miteinander teilen und andererseits ein gutes Verhältnis zwischen den Parteivorsitzenden Joëlle Milquet (CDH) und Elio di Rupo (PS) besteht. Diese Konstellation würde aber - Umfrageergebnissen zufolge - zu keiner (stabilen) Mehrheit im Parlament führen. Darüber hinaus werde sich die PS davor hüten, die Ecolo in der Opposition weiter wachsen zu lassen. Der CDH, dessen christdemokratische Identität mit seinem wachsenden Anspruch, modernistisch zu sein, in den Hintergrund rückt, stellt unter anderem Catherine Fonck, Maxime Prévot, André Antoine, Michel Lavaux, Melchior Wathelet und Benoît Lutgen als Spitzenkandidaten einzelner Wahlkreise auf. Letzterer wird bereits als möglicher Nachfolger von Joëlle Milquet als Parteivorsitzender gehandelt.

Die Region „Brüssel-Hauptstadt“

Als einzige zweisprachige Region besitzt das Brüssel-Hauptstadt-Parlament eine Unterteilung in eine niederländische und in eine französische Sprachgruppe. Von insgesamt 89 Sitzen sind 72 für die französische Sprachgruppe und 17 für die niederländische vorgesehen. Die Mehrheiten der Sprachgruppen liegen entsprechend bei 37 bzw. 9 Sitzen.

Diese Aufteilung steht nur in ungefährer Relation zu den Bevölkerungsanteilen, vielmehr ist sie gesetzlich vorgeschrieben. Mit der Abschaffung der Volkszählung nach Sprachgruppen, gibt es diesbezüglich keine offiziellen Angaben, die jünger sind als die der letzten Zählung von 1947. Darüber hinaus ist eine klare Unterteilung der Bevölkerung in Sprachgruppen schwer zu vollziehen, nicht zuletzt da sich ein Teil der Einwohner Brüssels zu beiden Sprachgruppen zugehörig fühlt. Trotz des zweisprachigen Status’ der Region Brüssel-Hauptstadt, lässt sich aber mit Bestimmtheit sagen, dass sie frankophon dominiert ist.

Laut einer letzten Umfrage vom Mai 2009, wird der liberale MR mit 27,1% der Stimmen stärkste Kraft im Brüsseler Parlament - und dementsprechend auch in der französischen Sprachgruppe - gefolgt von Ecolo mit 19,6%. Großer Verlierer der Regionalwahl ist der PS. Er erreicht bei einem derartigen Ausgang nur noch 18,6% der Stimmen statt in den vergangenen Regionalwahlen 28,75%. Der CDH käme auf ein Ergebnis von 14,8% statt zuvor 12,14%. Darüber hinaus fiele der FN von 4,67% auf 3% zurück und würde somit nicht den erneuten Einzug in das Brüsseler Parlament schaffen. Die Brüsseler CDH-Liste wird von Benoît Cerexhe angeführt, gefolgt von der Parteivorsitzenden Joëlle Milquet.

Alle Koalitionen mit drei Parteien wären theoretisch möglich, um eine regionale frankophone Mehrheit von über 37 Sitzen zu erreichen. Eine Zwei-Parteien-Koalition würde bei diesem möglichen Wahlausgang die Beteiligung des MR voraussetzen. Die Wahrscheinlichkeit einer Koalition MR-CDH ist sehr gering, da sie, ausgehend von den Umfrageergebnissen, keine Mehrheit im Parlament erreichen würde.

Stärkste Partei der niederländischen Sprachgruppe wäre gemäß oben genannter Umfrage der Open VLD mit 3% der Stimmen, gefolgt von der Vlaams Belang mit einem gewaltigen Stimmrückgang von den in den Regionalwahlen 2004 erzielten 4,69% auf 2,8%. Der CD&V könne bei diesem möglichen Wahlausgang mit 1,4%, die SP.a mit 1,9% sowie Groen! mit 1,7% der Stimmen rechnen . Die regionale Mehrheit liegt bei 9 Sitzen. Analysen zufolge wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach eine Koalition zwischen der CD&V - die Steven Vaneckere als Spitzenkandidaten, gefolgt von Brigitte Grouwels stellen - dem Open VLD, Groen! sowie der SP.a. bilden.

Es ließe sich bei dieser Prognose festhalten, dass lediglich der Open VLD die aktuelle, aber zeitnah endende Koalition mit der CD&V und der SP.a. stabilisiert/gefestigt verlassen wird.

Die deutschsprachige Gemeinschaft

Spitzenkandidaten der Christlichsozialen der CSP ist Patricia Creutz und nicht Mathieu Grosch, wie seitens der Medien erwartet wurde. Grosch entschied sich, nochmals für den Sitz der deutschsprachigen Gemeinschaft des Europaparlamentes zu kandidieren. Seitens der CSP ist man zuversichtlich, dass man in den kommenden Wahlen den Sprung in die Mehrheit schafft und der Opposition nach zehn Jahren den Rücken kehren kann. Großes Wahlkampfthema in der deutschsprachigen Gemeinschaft ist nicht nur der Umzug des Parlamentes, sondern auch die Rückkehr zu drei Ministern. Derzeit gibt es vier Ministerposten in der Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft, die dieses Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feiert. Laut Patricia Creutz genügen aber drei Ministerstellen allemal, da seitens der wallonischen Schwesternparteien nichts auf eine weitere Übertragung von Kompetenzen an die deutschsprachige Gemeinschaft hindeute (nur der CDH habe sich zu einer weiteren Kompetenzübertragung bekannt) und da in Zeiten der wirtschaftlichen Krise auch die Regierung ein Zeichen setzen müsse. Darüber hinaus wird mit Spannung verfolgt, ob es gelingt, Ministerpräsidenten Lamberts (SP) nach zehnjähriger Amtszeit abzulösen.

Europawahlen 2009

Die erwartete Wahlbeteiligung an den Europawahlen ist in Belgien wie auch in Luxemburg im europäischen Vergleich sehr hoch. In der Vergangenheit lag die Wahlbeteiligung der Belgier an den Europawahlen seit den ersten Wahlen im Jahre 1979 bei über 90%. Dieses Interesse lässt sich nicht nur dadurch erklären, dass zahlreiche europäische Institutionen und Agenturen in diesen beiden Staaten ihren Sitz haben, sondern auch durch die Tatsache, dass in besagten Staaten Wahlpflicht herrscht. Darüber hinaus spielt wohl im Falle Belgiens der Zusammenfall der Europawahlen mit den Regionalwahlen an ein und demselben Tag eine entscheidende Rolle.

Seitens der flämischen Christdemokraten werden Marianne Thyssen, Jean-Luc Dehaene und Ivo Belet erneut als Europaabgeordnete kandidieren. Ex-Premier Yves Leterme taucht als 8. Stellvertreter auf der CD&V Liste auf. Open VLD tritt mit Guy Verhofstadt, Ex-Premier und laut Umfragen der derzeit populärste Politiker in Belgien, als Spitzenkandidaten zur Wahl an. Der Europaabgeordnete der französischsprachigen Gemeinschaft der Legislaturperiode 2004-2009, Raymond Langendries (CDH) kandidiert nicht für ein weiteres Mandat.

Prognosen zufolge wird bei den Europawahlen im Juni der CD&V von den insgesamt 13 Sitzen der flämischen Gemeinschaft vier Sitze im Parlament erhalten. Vlaams Belang, VLD, SP.a und Lijst Dedecker erh ielten jeweils zwei und Groen! einen der Sitze. In der französischsprachigen Gemeinschaft würden aller Voraussicht nach von insgesamt 8 Sitzen jeweils zwei Sitze an MR, PS und Ecolo gehen und jeweils ein Sitz an den CDH und den FN. In der deutschsprachigen Gemeinschaft werde bei einem derartigen Wahlausgang Martin Grosch (CSP) erneut seine Nachfolge antreten und zum bereits vierten Mal ins Europaparlament einziehen können.

Aufregung wenige Wochen vor dem Gang zu den Wahllokalen

Zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, so kurz vor der Wahl, macht die PS in Wallonien unter anderem durch die Affäre Donfut von sich reden: Donfut, wallonischer Minister für Gesundheit und Soziales (PS), kassierte neben seinem Ministergehalt Zuwendungen aus Beratertätigkeiten. Nicht nur Donfut selbst, der zwar von seinem Amt zurückgetreten ist, aber dennoch als dritter der Liste im Wahlkreis Mons erscheint, wird in der Gunst der Bevölkerung sinken, auch PS-Vorsitzender Elio Di Rupo könnte das Vertrauen der Wähler weiter verlieren, soll er doch von Donfuts Nebentätigkeit bereits seit März gewusst haben.

Bereits 2005 machten die Sozialisten durch Betrugsfälle, die vor allem große Städte in Wallonien betrafen, darunter Charleroi, von sich reden. Auch die Affäre Lizin (PS), Ex-Bürgermeisterin von Huy, sorgte für Aufsehen, wie auch die horrenden Kosten, die durch eine „Dienstreise“ nach Kalifornien einer vom Sozialisten José Happart angeführten Parlamentarierdelegation, entstanden waren. Letztendlich meldete die belgische Presse den Rücktritt Richard Biefnot (PS), Schöffe/Ratsherr von Mons und ehemaliger Abgeordneter, nachdem bekannt wurde, dass er für den Besitz von kinderpornographischem Material angeklagt wird.

Mit der Affäre Donfut wurde ein Streit zwischen den Erzrivalen PS und MR ausgelöst. Der stellvertretende Vorsitzende des PS, Philippe Moureaux, sagte der Presse, dass die PS nicht einzig und allein von diesem Phänomen betroffen sei. In rechten Parteien sei diese Praxis natürlich und Teil ihrer „Ideologie“.

Beide Parteien sind zwar auf föderaler Ebene Koalitionspartner, führen aber auf regionaler Ebene einen erbitterten Kampf. Der belgische Nachrichtendienst BELGA sorgte zudem mit der Meldung für Aufregung, dass der Vorsitzende des Mouvement Réformateur, Didier Reynders, gesagt habe, man solle der PS aus dem Weg gehen, bzw. nicht mit ihr verkehren. Es stellte sich heraus, dass er seine Aussage auf einige Vertreter der sozialistischen Partei bezog, insbesondere Philippe Moureaux. Die Regierung Van Rompuy wird durch diese Affäre immer mehr in Mitleidenschaft gezogen. Die Vize-Premierministerin Laurette Onkelinx (PS) reagierte beleidigt auf die Aussagen von Reynders und erklärte, falls die Werte die der PS vertrete tatsächlich unzumutbar seien und man nicht mit ihr verkehren solle, werde sie keine Sekunde länger in der föderalen Regierung bleiben.

Auch auf flämischer Seite macht man durch Skandale vor der Wahl von sich reden. So hat der Vorsitzende der flämischen Liberalen der Open VLD, Bart Somers, dem ehemaligen Liberalen Karel Vijnck für seine Rückkehr von der Lijst Dedecker zur Open VLD einen Abgeordnetenposten oder vergleichbare Stelle angeboten. Karel Vijnck erklärte zu seinem Verlassen der Lijst Dedecker, dass er es nicht akzeptieren konnte, dass Jean-Marie Dedecker einen Privatdetektiv für die Observierung des Außenministers Karel de Gucht angeheuert habe.

Der große Gewinner dieser „Schlammschlachten“ wird in Wallonien aller Voraussicht nach die grüne Partei Ecolo sein, die sich aus den Streitigkeiten und Beschuldigungen, sowie aus den Skandalen wie z.B. der Abgeordnetenreise nach Kalifornien, weitestgehend rausgehalten hat.

Die Christdemokraten der CD&V sowie der CDH riefen zur Vernunft auf. So forderte die ehemalige Ministerin und aktuelle Abgeordnete der CD&V, Inge Vervotte die streitenden Parteien MR und PS dazu auf, sich auf die Inhalte zu konzentrieren. Der Wähler erwarte von der Politik, dass sie zur Lösung seiner Probleme in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten beitrage. Außerdem haben sowohl PS, als auch MR als Partner der föderalen Regierung eine Verantwortung zu tragen. In der Tat sind die Inhalte und Programme der einzelnen Parteien, wie unter anderem die Frage um eine mögliche Staatsreform, durch diese Streitereien in den Hintergrund gerückt.

Auf flämischer Seite wird weiter prognostiziert, dass die Christdemokraten der CD&V sowie Groen! von der Affäre „Vijnck“ (Open VLD) profitieren werden.

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