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"Der Ratifizierungsprozess zum Europäischen Verfassungsvertrag"

von Barbara Einhäuser

Sachstand und Stimmungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union

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Der Ratifizierungsprozess zum Europäischen Verfassungsvertrag - Sachstand und Stimmungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union

Aktualisierter Stand: 01.Juli 2005

1.Einführung

Am 29. Oktober 2004 unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Mitgliedsstaaten die EU–Verfassung, die sie am 18. Juni 2004 einstimmig angenommen hatten. Dieser Verfassungsvertrag, der alle derzeitigen europäischen Verträge durch einen einzigen Rechtsakt ersetzt, kann jedoch erst in Kraft treten, wenn er von allen 25 Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Durch das ablehnende Votum in Frankreich und den Niederlanden ist der Ratifikationsprozess in eine schwere Krise geraten.

Die Staats- und Regierungschefs beschlossen auf der Tagung des Europäischen Rates vom 16. und 17. Juni 2005, den ursprünglich anvisierten Termin für den Abschluss des Ratifikationsverfahrens (1. November 2006), auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Diese vereinbarte Denkpause, die für eine intensive Debatte genutzt werden soll („Plan D“), ist auch eine Absage an ein Nachverhandeln oder Aufgeben des Verfassungsvertrages. Wie lange diese Pause dauern soll wurde nicht genau festgelegt. Man schätzt bis Mitte 2007. Unter österreichischer Präsidentschaft, im ersten Halbjahr 2006, soll der Stand der Diskussion erneut überprüft werden. Den Mitgliedstaaten steht es nach der Entscheidung des Gipfels offen, souverän über den Zeitpunkt der Ratifizierung zu entscheiden.

Neben Großbritannien, das bereits in Folge der ablehnenden französischen und niederländischen Voten angekündigt hatte, das Referendum auf Eis zu legen, haben nach dem Gipfel auch Dänemark, Portugal, Polen und Irland beschlossen, ihre Referenden bis auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Zudem haben Finnland, Schweden und Tschechien das parlamentarische Ratifizierungsverfahren ausgesetzt.

In Luxemburg wird das Referendum hingegen wie geplant am 10.Juli 2005 stattfinden. In Belgien, Estland und Malta soll der parlamentarische Ratifizierungsprozess ebenfalls fortgesetzt werden.

In elf Mitgliedstaaten ist der Verfassungsvertrag bereits ratifiziert.

In regelmäßigen Abständen möchte der vorliegende Newsletter über die neuesten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Verfassungsdebatte und des Ratifizierungsverfahrens informieren.

2.Zur Ratifizierungsdebatte in den Mitgliedsstaaten

Belgien (parlamentarische Ratifizierung)

Belgiens Premierminister Guy Verhofstadt kündigte nach dem Gipfel an, der Ratifizierungsprozess werde in Belgien wie geplant fortgesetzt. Die Denkpause solle dafür genutzt werden, über das Schicksal der EU nachzudenken. Die EU müsse sich zwischen dem Konzept einer reinen Freihandelszone und einer politischen Union, wie er es befürworte, entscheiden. Verhofstadt hatte sich bereits im Vorfeld des Gipfels dafür ausgesprochen, den Ratifikationsprozess fortzusetzen. Konkrete Vorschläge, wie die Phase der Reflexion und Debatte in der EU zu gestalten sei, gab es nicht.

Das belgische Föderalparlament hat dem Verfassungsvertrag bereits zugestimmt. Der Senat nahm am 28.04.05 mit großer Mehrheit die Verfassung an (54 Ja-Stimmen, neun Nein-Stimmen, eine Enthaltung). Auch die zweite Kammer, das Abgeordnetenhaus, sprach sich am 19. Mai 05 deutlich für eine Annahme des Vertrages aus (118 Ja-Stimmen, 18 Nein-Stimmen, eine Enthaltung).

Während das flämische Regionalparlament die Abstimmung über die EU-Verfassung bis nach der Sommerpause verschoben hat, nahmen das Brüsseler Regionalparlament am 17. Juni 2005 (69 Abgeordnete pro, 10 Abgeordnete contra) und das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft am 20. Juni 2005 (mit 21 zu zwei Gegenstimmen) das Vertragswerk an. Um den Prozess der Ratifizierung abzuschließen müssen neben dem flämischen Regionalparlament noch das Regionalparlament der Wallonie und der französischsprachigen Gemeinschaft abstimmen.

Dänemark (obligatorisches, bindendes Referendum)

Ministerpräsident Fogh Rasmussen kündigte nach dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs an, das ursprünglich für den 27. September 2005 geplante Referendum zu verschieben. Einen neuen Termin gibt es nicht. Da es keine Klarheit über die Zukunft des Verfassungsvertrages gebe, mache es keinen Sinn, ihn nun zur Abstimmung freizugeben, so Rasmussen. Gleichzeitig erklärte der Ministerpräsident, er werde auf einen direkten Dialog mit den Bürgern hinwirken, in den alle Gruppen der dänischen Gesellschaft involviert werden sollten.

Im November letzten Jahres hatten sich die fünf stärksten Parteien des Landes auf einen „nationalen Kompromiss“ geeinigt, der die Ratifizierung per Referendum empfahl. Um auch die die Opposition führenden Sozialisten zu überzeugen, versicherten die übrigen Parteien, dass Dänemark trotz der durch die EU-Verfassung vorgesehenen Ausdehnung des Mehrheitsrecht ein Vetorecht hinsichtlich Sozial-, Arbeitsmarkt- und Besteuerungsfragen behält. Verfassungsgegner im Parlament sind die extrem rechte Dänische Volkspartei und die vormals kommunistische Rot-grüne Einheitsliste. Rasmussen hatte nach seinem Wahlsieg am 8. Februar 2005 angekündigt, die Volksbefragung bald durchzuführen.

Die europapolitischen Referenden in Dänemark über den Vertrag von Maastricht und auch den Beitritt zum Euro wurden bisher jeweils im ersten Anlauf negativ beschieden.

Deutschland (parlamentarische Ratifizierung: Bundestag am 12.05.2005, Bundesrat am 27.05.2005)

Bundeskanzler Schröder begrüßte die Entscheidung über eine Denkpause und eine gleichzeitige Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses. Dies sei ein Beschluss, der zu der Verfassung stehe und denen, die die Zeit bräuchten, die Möglichkeit gebe, den Vermittlungsprozess besser zu gestalten. Niemand dürfe den Ländern, in denen die Verfassung noch vor ihrer Verabschiedung stehe, eine Entscheidung vorschreiben. Schröder verteidigte auch die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Die enge Zusammenarbeit mit einem nicht fundamentalistischen islamischen Land sei wichtig für Europa.

Die Kanzlerkandidatin der Union Angela Merkel hatte hingegen vor dem Gipfel vor einer „inneren Überdehnung“ Europas gewarnt und forderte besonders im Hinblick auf Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eindringlich dazu auf, die Grenzen in Europa klar abzustecken. Auch das Übermaß an Bürokratie müsse abgebaut werden.

Regierungssprecher Anda gestand eine gewisse Ratlosigkeit ein, wie die EU aus der Krise finden könnte. „Es gibt noch keinen Plan, wie es weitergeht”, sagte er.

In Deutschland ist das parlamentarische Ratifizierungsverfahren abgeschlossen. Der deutsche Bundestag nahm am 12. Mai 2005 die EU-Verfassung mit der überwältigenden Mehrheit von über 95% an. 569 Abgeordnete hatten sich für eine Annahme, 23 dagegen ausgesprochen. Zwei enthielten sich der Stimme. 20 Parlamentarier aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion hatten das Vertragswerk abgelehnt, ebenso wie zwei Abgeordnete der PDS und ein unabhängiger Parlamentarier. Der Bundesrat hatte der Annahme der Verfassung am 27.Mai 05 mit einer Enthaltung zugestimmt. Die SPD/PDS-Regierung Mecklenburg-Vorpommerns enthielt sich der Stimme, um eine Koalitionskrise zu vermeiden.

Allerdings hat Bundespräsident Köhler die Ratifikationsurkunde noch nicht unterzeichnet. Er will mit seiner Unterschrift warten, bis das Bundesverfassungsgericht über die Klage des CSU-Politikers Peter Gauweiler entscheiden hat. Dieser hatte unmittelbar nach der Abstimmung im Bundesrat eine Verfassungsbeschwerde gegen die Ratifizierung einlegt. Er hält ein Referendum in dieser Frage für notwendig.

Estland (parlamentarische Ratifizierung)

In Estland wird der Ratifizierungsprozess wie geplant durchgeführt. Dies kündigte Premierminister Andrus Ansip nach dem Gipfel an. Die Regierung habe dem Parlament den Text vorgelegt und der Prozess im Parlament werde fortgesetzt. Zehn Mitgliedstaaten hätten den EU-Verfassungsvertrag bereits ratifiziert. Dies sei ein ausreichender Beweis dafür, dass es ein guter Text sei. Niemand könne den Mitgliedstaaten eine Entscheidung über die Ratifizierung diktieren. Die Ratifizierung in Estland war noch vor der Sommerpause geplant, soll aber bis spätestens Ende 2005 beendet sein.

In Estland war lange debattiert worden, ob die Ratifizierung der EU-Verfassung auch mit einem Referendum verbunden werden sollte. Strittig war dabei, inwieweit die EU-Verfassung als Eingriff in die Landesverfassung interpretiert werden kann und die Ratifizierung somit ein Referendum mit einschließen sollte. Am 05. Mai 05 kündigte Premierminister Ansip an, die Verfassung dem Parlament zur Ratifikation zu übergeben und beendete damit die Diskussionen.

In Estland ist die Zahl der Befürworter der EU-Verfassung nach Umfragen der baltischen Nachrichtenagentur BNS Mitte Juni drastisch gesunken. Demnach unterstützen nur noch 27% der Befragten das EU-Vertragswerk. Im März hatten noch 42% eine europäische Verfassung für gut befunden. Ende 2003 hatten 67% der Esten für den Beitritt ihres Landes zur EU gestimmt.

Finnland (parlamentarische Ratifizierung)

In Finnland hat die Regierung den ursprünglich für August oder September 2005 geplanten Prozess der parlamentarischen Ratifizierung ausgesetzt. Premierminister Matti Vanhanen kündigte an, den Gesetzentwurf dem Parlament nicht zur Ratifikation vorzulegen.

Niemand der Staats- und Regierungschefs habe die Notwendigkeit einer Verfassung in Frage gestellt, so Vanhanen. Es sei jedoch auch deutlich geworden, dass man keine weiteren Nein-Voten gebrauchen könne. Präzise Vorschläge zur Gestaltung einer Debatte gab es noch nicht.

Die Regierung hatte sich für eine Ratifizierung ohne Volksabstimmung ausgesprochen. Die konservative Kokoomus wie auch die Opposition aus Grünen, Linken und Nationalen setzten sich für eine Volksabstimmung ein. Eine „EU Informationskampagne“ wurde von der Regierung Mitte Februar eingeleitet.

Finnland wird in der zweiten Jahreshälfte 2006 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Mit deren Ende hätte die EU-Verfassung ursprünglich von allen Staaten ratifiziert sein müssen, um zum 01.01.2007 in Kraft treten zu können.

Frankreich (fakultatives, bindendes Referendum)

Jacques Chirac hatte auf dem Gipfel am 16. und 17 Juni ein gesondertes Treffen der Staats- und Regierungschefs gefordert, das sich speziell den Ängsten und Sorgen der europäischen Bürger in Bezug auf die Themen Globalisierung, Immigration, Arbeitsplätze, Sicherheit und auch Erweiterung widmen solle. Damit hatte Chirac zu Beginn des Gipfeltreffens die Aufnahme weiterer Mitglieder in die EU, ohne ausdrücklich die Türkei zu nennen, in Frage gestellt. Expliziter äußerte sich der neue französische Innenminister Sarkozy, der empfahl, den EU-Erweiterungsprozess nach dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jahr 2007 auszusetzen, bis die EU ihre interne Krise gelöst habe.

Zu dem weiteren Vorgehen in Frankreich sagte Chirac, auch wenn eine Veränderung des Klimas erwartet werde, sei in Frankreich eine Entscheidung gefallen und er sehe nicht, auf welcher Basis das Referendum zum Europäischen Verfassungsvertrag wiederholt werden könne.

In Frankreich ist die Ratifikation der Verfassung gescheitert. Am 29.05.05 lehnte eine Mehrheit von 55% der französischen Wähler die Verfassung ab. Nur 45% hatten mit Ja gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag bei 70% und damit knapp über der Beteiligung beim Referendum zum Maastricht-Vertrag 1992.

Noch am selben Abend hatte Chirac einen neuen Impuls in der Regierungspolitik angekündigt. Wie erwartet trat dann zwei Tage später Jean-Pierre Raffarin von seinem Posten als Premier zurück. Neuer Regierungschef ist der frühere Innenminister Dominique de Villepin. Außerdem ist Nicolas Sarkozy als Staatsminister mit dem Ressort Inneres in die Regierung zurückgekehrt. Neuer Außenminister ist der Chirac Vertraute Philippe Douste-Blazy. Der bisherige Amtsinhaber und ehemaliger Kommissar für Regionalpolitik Michel Barnier musste somit neben Raffarin die Hauptverantwortung für das französischen „Nein“ übernehmen.

Die Ablehnung der französischen Bevölkerung gründete sich hauptsächlich auf eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik. Die Gegner waren auf Seiten der radikalen Linke – Trotzkisten und kommunistischer PCF, der größten Gewerkschaft CGT und bei Teilen der französischen Sozialisten bis zur globalisierungskritischen Organisation Attac – zu finden sowie bei der „souveränistischen“ Rechten der rechtsextremen FN und Teilen der Regierungspartei.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CSA sprechen sich 61 Prozent der Franzosen für eine Neuverhandlung der EU-Verfassung aus. Vor allem die linken Verfassungsgegner hatten argumentiert, ein französisches Nein werde zu Neuverhandlungen führen, in denen dem „sozialen Teil“ der Verfassung neues Gewicht gegeben werden könne.

Griechenland (parlamentarische Ratifizierung am 19.04.2005)

Die griechische Regierung hatte sich bereits im Vorfeld dafür ausgesprochen, die Ratifizierungsverfahren fortzusetzen. Der Sprecher des Außenministeriums erklärte auch, die Bemühungen um den europäischen Integrationsprozess müssten fortgeführt werden.

Der griechische Premier Costas Karamanlis hatte in seiner Reaktion auf das französische Nein daran erinnert, dass die europäische Integration nie ungehindert verlaufen sei. Die EU habe sich trotz Widerspruch und Krisen ihren Weg gebahnt.

Griechenland hatte am 19.April 2005 mit überwältigender Mehrheit als fünfter EU-Staat die Verfassung ratifiziert. Dabei sprachen sich im Parlament 268 der 300 Abgeordneten für das Vertragswerk aus, 17 stimmten dagegen, 15 weitere enthielten sich. Das positive Votum war erwartet worden, nachdem sowohl die regierende konservative Nea Dimokratia (ND) als auch die sozialistische Oppositionspartei PASOK eine Annahme befürwortet hatten. Ablehnung bestand bei der Koalition der progressiven Linken Synaspismos (SYN) und der Kommunistischen Einheitspartei (KKE).

Vor der parlamentarischen Abstimmung hatten alle drei linken Oppositionsparteien einen Vorschlag für ein Referendum eingereicht, dessen Annahme jedoch nicht zustande kam, da die Regierung unter Ministerpräsident Kostas Karamanlis es ablehnte. Die Regierung, seit 2004 im Amt, hat im vergangenen Jahr eine Reihe von Maßnahmen zur Konsolidierung der griechischen Staatsfinanzen verabschiedet und fürchtete wohl eine innenpolitische Instrumentalisierung des Referendums.

Irland (obligatorisches, bindendes Referendum)

In Irland ist das ursprünglich für Ende 2005 geplante obligatorische, bindende Referendum zur EU-Verfassung verschoben worden. Premierminister Bertie Ahern erklärte, er glaube die EU-Verfassung könne noch gerettet werden. Wenn man nun mi t der Ratifizierung fortfahre, werde es allerdings sechs oder sieben Nein-Voten geben. Damit wäre die Verfassung jedoch ohne Zweifel gestorben. Außenminister Dermot Ahern sieht einen großen Teil der Verantwortung für die Zukunft des Verfassungsvertrages bei den Niederlanden und Frankreich. Man könne nicht von den anderen Staaten verlangen, mit Ja zu stimmen, wenn bestimmte Länder sich grundsätzlich weigerten, ihren Bevölkerungen die EU-Verfassung zu einem späteren Zeitpunkt erneut vorzulegen. Er forderte die politischen Entscheidungsträger auch auf, sich voll für eine Überzeugungskampagne einzusetzen, wie es die irische Regierung nach dem gescheiterten ersten Votum zum Vertrag von Nizza in Irland getan habe.

Die Regierungsparteien Fianna Fail und Progressive Democrats befürworten die Verfassung ebenso wie die oppositionelle Labour Partei und die Grünen. Zu den Ablehnern gehören lediglich die Sinn Fein Partei, sowie einige unabhängige Abgeordnete.

Italien (parlamentarische Ratifizierung: Unterhaus am 25.01.2005, Senat am 06.04.2005)

Staatspräsident Ciampi begrüßte die vereinbarte Pause im Ratifizierungsprozess. Es sei nun essentiell, sich den Kräften entgegenzustellen, die sich gegen die Einheit Europas aussprächen. Konkrete Impulse zur Ausgestaltung einer Debatte gab es nicht.

Italien selbst hatte am 6. April 2005 als erstes Gründungsmitglied der Europäischen Union den europäischen Verfassungsvertrag ratifiziert. Am 25. Januar stimmte das Unterhaus mit einer großen Mehrheit von 436 Stimmen dem Verfassungsvertrag zu, während allein 28 Parlamentarier ihre Ablehnung aussprachen. Die Gegner kamen vor allem aus den Reihen der oppositionellen Kommunisten und der Regierungspartei Lega Nord. Die Zustimmung des Senats, erfolgte dann am 6. April 2005, mit 217 gegen 16 Stimmen.

Lettland (parlamentarische Ratifizierung am 02.06.2005)

Präsident Vike-Freiberga hatte sich im Vorfeld des Gipfels dafür ausgesprochen, den Ratifikationsprozess fortzuführen. Nur wenn dieser in allen Ländern beendet sei, wüsste die EU wo sie stünde.

In Lettland wurde die Ratifizierung der EU-Verfassung nur kurz nach den beiden negativen Voten in Frankreich und den Niederlanden erfolgreich durchgeführt. Am 02.06.05. stimmten 71 der 100 Abgeordneten des lettischen Parlamentes für die EU-Verfassung. Fünf Parlamentarier stimmten gegen den Vertrag, sechs enthielten sich der Stimme. Die notwendige 2/3-Mehrheit wurde so problemlos erreicht.

Das Parlament hatte den Vorschlag der grünen PCTVL für eine Volksbefragung zurückgewiesen und am 14. Dezember mit der Ratifizierungsdebatte begonnen. Bereits im Januar war der Vertrag dem Parlament zur Ratifikation übergeben, aufgrund zahlreicher Übersetzungsfehler jedoch wieder zurückgezogen worden. Obwohl nur sehr wenige dieser Fehler korrigiert waren, ließ die Regierung am 10.Mai 2005 die Verfassung erneut dem Parlament zukommen. Aus dem Außenministerium war dazu zu hören, diese technischen Fehler veränderten nicht den Inhalt des Vertrages und seien daher zu vernachlässigen.

Litauen (parlamentarische Ratifizierung am 11.11.2004)

In Litauen hat die Regierung die Entscheidung des Gipfels zur EU-Verfassung begrüßt und die Mitgliedstaaten aufgefordert, der Öffentlichkeit die gemeinsamen Werte der EU zu erklären und die wahren Gründe für die Nein-Voten zu analysieren. Im Vorfeld des Gipfels hatte Außenminister Antanas Valionis erklärt, nach den beiden „Nein“-Voten müsse man sich die Frage stellen, ob die EU-Verfassung unannehmbare Klausel beinhalte.

Litauen hat als erstes Land den Verfassungsvertrag am 11. November 2004 ratifiziert. Bei vierundachtzig Ja-Stimmen sprachen sich nur vier Parlamentarier dagegen aus, drei enthielten sich. Auf ein Referendum hatte man angesichts der überwältigenden Zustimmung im Parlament verzichtet. Nachdem Staatspräsident Adamkus mit seiner Unterschrift am 19. November 2004 das Votum gebilligt hatte, wurde die Ratifikationsurkunde am 17. Dezember 2004 hinterlegt.

Luxemburg (fakultatives, bindendes Referendum)

In Luxemburg wird das Referendum zum EU-Verfassungsvertrag wie geplant am 10. Juli 2005 stattfinden. Darauf hatten sich alle im Parlament vertretenen Parteien nach der Entscheidung des Gipfels geeinigt. In einer Reaktion auf die Entscheidung des Parlaments erklärte Vize-Außenminister Nicolas Schmitt auch die Regierung sei dafür, am Referendumstermin festzuhalten. Premierminister Jean-Claude Juncker erklärte im Parlament, er sei zuversichtlich, dass Luxemburg die richtige Entscheidung treffen werde: Ja für Europa, Ja für Luxemburg und Ja zur Harmonie zwischen den beiden, so Juncker. Er hat sein Verbleiben im Amt von einem positiven Ausgang des Referendums in Luxemburg abhängig gemacht. Am 29. Juni 2005 hat das luxemburgische Parlament den Entwurf für die EU-Verfassung verabschiedet. Alle 55 anwesenden Abgeordneten stimmten bei der Sitzung mit "Ja“. Juncker sprach sich wiederholt gegen Neuverhandlungen: „Einen besseren Vertrag gibt es nicht.“

Eine erfolgreiche Ratifizierung galt lange als sicher, da der Verfassungsvertrag nicht umstritten war. In einer am 01.Juni durchgeführten Umfrage, der letzten vor dem Referendum, befürworteten 46% der Luxemburger die EU-Verfassung. Diese Zahl blieb somit im Vergleich zur Umfrage im Mai unverändert. Andererseits nahm die „Nein“-Front um 6%, auf nunmehr 38% zu. 16% der Befragten waren immer noch unentschieden.

Malta (parlamentarische Ratifizierung)

Lawrence Gonzi, Premierminister, bekräftigte auch in der Folge des Gipfels, die parlamentarische Ratifizierung in Malta werde weitergeführt. Gonzi erklärte, Malta glaube das Recht und die Pflicht zu haben, seine eigene Meinung zur europäischen Verfassung auszudrücken. Das Parlament wird nach Regierungsabgaben die Debatte am 6. Juli 2005 aufnehmen. Die Regierung habe, so Justizminister Tonio Borg, die Haltung innerhalb der politischen Parteien sorgfältig geprüft bevor sie sich auf den Termin festgelegt habe.

Inzwischen hat auch die oppositionelle Labour-Partei (PL) erklärt, sie werde für die EU-Verfassung stimmen. Allerdings ist die regierende christdemokratische PN nicht auf die Opposition angewiesen, da für die Annahme eine einfache Mehrheit genügt.

Die Regierung lehnt mit Hinweis auf das im März 2003 durchgeführte Referendum zum EU-Beitritt eine Volksbefragung ab, sodass einer Ratifizierung im Parlament nichts im Wege steht.

Niederlande (fakultatives, nicht-bindendes Referendum)

Ministerpräsident Balkenende erklärte, nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in anderen Ländern bedürfe es einer Periode der Reflexion. Er begrüßte daher das Signal, das von dem beschlossenen „Plan D“ ausgesandt werde. Zur Zukunft des Verfassungsvertrages in den Niederlanden wollte er sich nicht äußern.

Außenminister Bot erklärte, die Wähler seien beunruhigt über die EU-Erweiterung. „Wir sollten langsamer voranschreiten“ sagte Bot, fügte jedoch hinzu, die Pläne für Rumänien und Bulgarien und auch die Entscheidung der EU über den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stünden fest. Er sehe immer noch eine EU mit mehr als 30 Ländern in der Zukunft, auch wenn dies 20 Jahre dauere.

Wie in Frankreich lehnte auch in den Niederlanden eine große Mehrheit der Bevölkerung die EU-Verfassung ab. Im ersten nationalen Referendum in der Geschichte der Niederlande stimmen 62% mit Nein. Nur 38% entschieden sich für das Vertragswerk. Die Wahlbeteiligung lag mit knapp 64% um über zwanzig Prozent höher als bei der Wahl zum Europäischen Parlament im vergangenen Jahr. Mit dem Ergebnis war nach den Meinungsumfragen und auch dem französischen Votum bereits im Vorfeld gerechnet worden.

Der christdemokratische Ministerpräsident Balkenende hatte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Referendums gezeigt. Er erklärte allerdings auch, das Ergebnis des Referendums sei unmissverständlich. Die Europäische Union müsse dem Rechnung tragen.

Untersucht man die Gründe für die Ablehnung des EU-Vertragswerkes so nennen Wähler an erster Stelle, die hohen finanziellen Beiträge der Niederlande an die EU. Über 60% sind der Meinung, die Niederlande bezahle zu viel an die Union. Weiter sei man mit der EU-Verfassung weniger Herr im eigenen Land, die Niederlände bekämen zu wenig Einfluss in der EU und auch die Angst vor dem eigenen Identitätsverlust wird als wesentlicher Ablehnungsgrund angeführt. Die Gegner des Vertragswerks lehnen laut Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts de Hond also nicht die europäische Idee an sich, sondern vielmehr die Integration in den vergangenen Jahren ab. Diese sei zu schnell vorgenommen worden.

Die Kampagne der niederländischen Regierung und der die Verfassung unterstützenden Parteien hatte den Argumenten der Gegner inhaltlich wenig entgegenzusetzen. Es gelang vor allem den beiden kleineren Koalitionspartnern (D66 und VDD) und den oppositionellen Sozialdemokraten nicht, die eigenen Wähler zu überzeugen. Darüber hinaus wurde die Kampagne viel zu spät begonnen.

Als Gegnern der Verfassung im Parlament hatten sich vor allem die oppositionellen Sozialisten und die Pim Fortyun Partei, wie auch der unabhängige Abgeordnete Geert Wilders und die ChristenUnie mit ihrem Vorsitzenden André Rouvoet exponiert.

Österreich (parlamentarische Ratifizierung: Nationalrat am 11.05.2005, Bundesrat am 25.05.2005)

In Österreich erklärte Kanzler Schüssel nach dem Gipfel, der Beschluss, eine tief greifende Diskussion über die Zukunft Europas zu starten, sei positiv. Österreich werde sich intensiv daran beteiligen. Man wolle gemeinsam mit den Sozialpartnern, Parlamentariern und der Bevölkerung einen vertiefenden Dialog führen. Einen konkreten Vorschlag über den Verlauf der Debatte werde man im Herbst vorlegen, so Schüssel.

Zur Türkei-Frage erklärte Schüssel, er sei bereits auf dem Gipfel im Dezember skeptisch gegenüber EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, damit damals jedoch „ziemlich isoliert“ gewesen.

In Österreich ist die EU-Verfassung bereits ratifiziert. Der österreichische Nationalrat hat am 11.Mai 2005 mit nur einer Gegenstimme die EU-Verfassung angenommen. Am 25. Mai 2005 stimmte auch der Bundesrat der EU-Verfassung zu. Von den 62 Mitgliedern sprachen sich nur drei gegen die Verfassung aus. Sowohl die Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ als auch die oppositionellen Sozialdemokraten und Grünen hatten die Verfassung unterstützt. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel brachte in seiner Rede vor dem Plenum auch die Vorbehalte vieler österreichischer Parlamentarier zum Ausdruck, als er betonte, mit der EU-Verfassung habe man einen vorläufigen Höhepunkt erreicht, sei aber noch nicht am Ende des Prozesses angekommen.

Die Gegenstimmen in beiden Kammern kamen aus den Reihen der FPÖ und der neugegründeten BZÖ. Deren Chef, der Kärtner Landeshauptmann Jörg Haider, hatte vor der Abstimmung im Bundesrat erneut ein Referendum in Österreich gefordert. Er hatte zudem das französische und niederländische „Nein“ als „Revolte gegen Brüsseler Bürokraten“ gelobt. Auch der FPÖ-Parteivorsitzende Heinz-Christian Strache hatte sich erfreut über das negative Votum in den Niederlanden gezeigt.

Polen (fakultatives, bindendes Referendum)

In Polen wurde das, ursprünglich für den 9.Oktober anvisierte Referendum zur EU-Verfassung auf unbestimmte Zeit verschoben. Nach einem Treffen mit Premierminister Belka und Parlamentssprecher Cimoszewicz sagte Staatspräsident Kwasniewski, zwar solle immer noch ein Referendum abgehalten werden, der Zeitpunkt dafür sei jedoch unklar. Kwasniewski, der im Oktober aus dem Amt scheidet, erklärte, er werde es seinem Nachfolger überlassen, ein Datum für ein Referendum anzusetzen. Die Entscheidung werde nicht mehr dieses Jahr fallen.

Belka hatte zuvor erklärt, es sei besser die EU-Verfassung nun doch rein parlamentarisch zu ratifizieren.

Jan Rokita, Fraktionsvorsitzender der größten Oppositionspartei, der liberal-konservativen Bürgerplattform (PO), hatte gefordert, die Ratifizierung auf Eis zu legen und ein Jahr abzuwarten, um zu sehen, ob es eine Chance gebe, zumindest manche Elemente des Verfassungsvertrages zu implementieren. Diejenigen, die blind eine Ratifizierung verlangten liefen in eine Sackgasse.

Wie man die Denkpause in Polen nutzen will ist noch unklar.

Kwasniewski warnte davor, das Thema Erweiterung zu vernachlässigen. Europa solle die Türen offen halten und sich neuen Ländern öffnen. Man brauche ein vereintes Europa in dem Gebiet des gesamten Kontinents.

Kwasniewski und auch die von den Sozialisten tolerierte sozialdemokratische Regierung unter Marek Belka befürworten eine Annahme der Verfassung. Sowohl die rechtsgerichtete „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) als auch die populistische, agrarische „Selbstverteidigung“ (SO) und die ultra-konservative „Liga der polnischen Familien“ (LPR) lehnen die EU-Verfassung hingegen ab. Die PO hat sich von einer kritischen Haltung, wie sie auch die polnische Bauernpartei (PSL) vertritt, eher hin zu einer neutralen Position bewegt. Rokita hatte jedoch kritisiert, der Verfassungsvertrag gebe kein Antwort auf Europas fundamentale Herausforderungen.

Um Gültigkeit zu erlangen, bedarf das Referendum in Polen einer Beteiligung von 50%. Dieses hohe Quorum erscheint auch vor dem Hintergrund besonders kritisch, als die Wahlbeteiligung bei den letzten Europawahlen mit 20,87% in Europa den zweitniedrigsten Wert erreichte.

Nach den Voten in Frankreich und den Niederlanden war die Zustimmung zur EU-Verfassung in Polen von 54% auf 40% gefallen und die Zahl der Gegner von 19% auf 35% angestiegen.

Portugal (fakultatives, bindendes Referendum)

In Portugal wurde das Referendum verschoben. Dies kündigte Premierminister José Socrates nach dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs an. Er betonte gleichzeitig, dass Referendum sei nicht abgesagt, sondern lediglich auf ein noch unbekanntes Datum verschoben worden. Konkrete Vorschläge, wie die vereinbarte Denkpause auch in Portugal genutzt werden soll, gibt es noch nicht.

Mit dem Entschluss zur Verschiebung des Referendums ist in Portugal auch der bisherige Streit um das Datum der Volksabstimmung beendet.

Der regierende Partido Socialista (PS) mit Ministerpräsident José Sócrates, der einer Volksabstimmung zunächst kritisch gegenübergestanden war, hatte darauf gedrängt, das Referendum aus organisatorischen und finanziellen Gründen im Oktober 2005 zeitgleich mit den Kommunalwahlen am 09.Oktober 2005 abzuhalten. Die portugiesische Verfassung stand diesem Plan jedoch entgegen. Demnach müssen mindestens drei Monate zwischen Wahlen und einem Referendum liegen, was einen Termin noch im Jahr 2005 angesichts der Lokalwahlen im Herbst und der Präsidentschaftswahl im Januar 2006 nahezu unmöglich machte. Die Verfassung sieht zudem bislang kein Referendum über internationale Abkommen vor.

Zwar befürworten alle Parlamentsparteien ein Referendum zum EU-Vertragswerk, doch bedarf es zu einer Änderung dieser Regelung einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

Damit ein Referendum in Portugal bindende Kraft hat, müssen laut Verfassung mindestens 50% der Wahlberechtigten zu den Urnen gehen.

Schweden (parlamentarische Ratifizierung)

In Schweden kündigte Ministerpräsident Göran Persson an, den Ratifizierungsprozess auf „absehbare Zukunft“ zu verschieben. Man werde im Herbst entscheiden, ob und wie mit der Ratifizierung weiter verfahren werde. Das Votum des Parlaments war ursprünglich für Dezember 2005 erwartet worden. Auch in Schweden gibt es noch keine Vorschläge, wie die Denkpause genutzt werden soll.

Persson hatte vor dem Gipfel von Frankreich und den Niederlanden gefordert, zu erkennen zu geben, ob sie Neuverhandlungen wünschten. Es wäre völlig sinnlos, Stellung zu etwas zu beziehen, das andere längst abgehakt hätten, so der Ministerpräsident in einem Interview am 03.Juni 2005.

Mit der Entscheidung, die Ratifizierung aufzuschieben, entledigt sich Persson vorerst auch der innenpolitischen Debatte, ob ein Referendum durchgeführt werden soll oder nicht. Die sozialdemokratische Minderheitsregierung, die ein Referendum ablehnte, war in dieser Frage zuletzt zunehmend unter Druck geraten. Die Grünen (Miljöpartiet de Gröna) und auch die linke Vänsterpartiet sprachen sich für ein Referendum aus und haben damit eine große Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Laut Umfragen der schwedischen Zeitung Aftonbladet wollten 65% ein Referendum über die EU-Verfassung abhalten.

Die Werte für eine Unterstützung der EU-Verfassung waren in der schwedischen Bevölkerung äußerst gering: Nur 27% der Schweden befürworten die europäische Verfassung, 25% lehnen sie ab und 48% waren noch unentschieden (Eurobarometerstudie vom Januar 2005). Die „Juniliste“, eine europakritische Bürgerbewegung, war bei den Europawahlen letztes Jahr auf Anhieb drittstärkste Partei in Schweden geworden. Die Schweden hatten zudem im September 2003 die Einführung des Euro mehrheitlich abgelehnt.

Slowakei (parlamentarische Ratifizierung am 11.05.2005)

Premierminister Mikulas Dzurinda zeigte sich erleichtert, dass kein Mitgliedstaat erklärt habe, die Ratifizierung nicht durchführen zu wollen. Er hatte vor dem Gipfel bereits erklärt, es sei notwendig den Ratifikationsprozess in jedem einzelnen Mitgliedsland weiterzuführen. Darüber hinaus hatte er im Vorfeld Frankreich und die Niederlande aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass eine Ratifizierung beim zweiten Mal erfolgreich sei. Die gegenwärtige Situation könne in einer Verlangsamung der Aktivitäten der Union, einschließlich der Erweiterung, resultieren, die EU befinde sich jedoch nicht in einer unüberwindbaren Krise. Vorschläge für eine Gestaltung der Denkpause gab es nicht.

Das slowakische Parlament nahm die Verfassung am 11.Mai 2005 mit 116 zu 27 Stimmen an. Vier Abgeordnete enthielten sich. Damit wurde ohne Schwierigkeiten die notwendige Mehrheit von 60% erreicht. Die regierende Slowakische Demokratische und Christliche Union (SDKU) erklärte, der Vertrag sei ein wichtiges Dokument, das zur positiven Entwicklung der EU beitrage. Zwar hatten auch Präsident Gasparovic und Außenminister Euduard Kukan einige „problematische Punkte“ der Verfassung bemängelt. Sie traten jedoch deutlich für eine Annahme ein. Im Parlament hatte sich zuvor besonders Pavol Hrusovsky, Parlamentspräsident und Vorsitzender der konservativen KDH (Christlich Demokratische Bewegung) als Kritiker der Verfassung exponiert. Die KDH, die mit ihrer Forderung nach einem Referendum gescheitert war, bemängelte, die Verfassung schwäche die Kompetenzen des nationalen Gesetzgebers und verkompliziere die Beziehungen zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Von Beginn an hatte sie zudem kritisiert, die Präambel des Vertrages lasse die christlichen europäischen Wurzeln unerwähnt. In der parlamentarischen Opposition lehnten die Slowakischen Kommunisten (KSS) die EU-Verfassung ab.

Slowenien (parlamentarische Ratifizierung am 01.02.2005)

Der slowenische Premierminister Jansa hat den Entschluss zur Fortsetzung des Ratifikationsprozesses begrüßt. Er hatte sich bereits im Vorfeld dafür ausgesprochen. Die Ergebnisse in Frankreich und den Niederlanden hätten gezeigt, dass eine große Lücke zwischen den politischen Eliten, welche die Verfassung unterstützten und den Bürgern klaffe. Diese Lücke müsse als Herausforderung sehr ernst genommen werde. Wie dieser Herausforderung konkret begegnet werden soll sagte Jansa nicht.

Slowenien hat am 1. Februar als drittes Mitgliedsland die EU-Verfassung ratifiziert. 79 Abgeordnete gaben dem Vertragswerk ihre Stimme, vier lehnten es ab und sieben enthielten sich. Politiker der Regierungskoalition haben angekündigt, die Zeit bis zum Inkrafttreten des Vertrages zu nutzen, um die Bevölkerung besser über die Inhalte der Verfassung aufzuklären.

Spanien (fakultatives, nicht bindendes Referendum am 20.02.2005, Abgeordnetenkammer am 28.04.2005, Senat am 18.05.2005)

Der für Europafragen zuständige Staatssekretär Alberto Navarro hat es als „exzellente Neuigkeit“ bezeichnet, dass die Frist für die Ratifizierung der EU-Verfassung verlängert wurde. Die EU-Verfassung sei „gesund und munter“. Er glaube auch, dass die Situation im Jahr 2006 eine ganz andere sein werde als derzeit. Eine Verbesserungen der wirtschaftlichen Situation in den Mitgliedstaaten werde zu einer veränderten Einschätzung der Verfassung beitragen.

In Spanien ist der Ratifizierungsprozess bereits erfolgreich abgeschlossen. Als erstes Land in Europa hatte Spanien am 20. Februar 2005 ein Referendum über den europäischen Verfassungsvertrag durchgeführt. Dabei stimmten 77% der Wähler für und 17% gegen die EU-Verfassung. In der Abgeordnetenkammer wurde das Vertragswerk am 28. April mit großer Mehrheit von 311 zu 19 Stimmen angenommen. Auch der Senat billigte die EU-Verfassung am 18. Mai 2005 mit einem deutlichen Votum (225 Ja, sechs Nein, eine Enthaltung). Die spanische Regierung unter José Luis Zapatero gehörte mit zu den größten Befürwortern einer raschen Ratifizierung des europäischen Verfassungsvertrages. Auch der Partido Popular (PP) sprach sich für eine Ratifizierung und Annahme der Verfassung aus, ebenso wie die Christdemokraten aus Katalonien (UDC) und die baskischen Nationalisten (PNV).

Zapatero hatte das Wahlergebnis des Referendums als „großen Tag für alle Europäer“ interpretiert.

Die Opposition wertete die Volksabstimmung aufgrund der geringen Wahlbeteiligung von unter 43% der Wahlberechtigten jedoch als einen Fehlschlag. Tatsächlich war die Wahlbeteiligung bei der Volksabstimmung niedriger als bei der Europawahl im Juni 2004 (45%). Die geringe Teilnahme an den Wahlen lässt sich auch auf die allgemeine Unwissenheit der Bevölkerung über Bedeutung und Inhalt des Verfassungstextes zurückführen. Dass sich nach einer Studie Ende März 2005 drei Viertel der jungen Wähler nicht an der Wahl beteiligt haben, wird mit dem gleichen Faktor begründet. Als weiterer Indikator für die geringe Wahlbeteiligung und relativ hohe Ablehnung in manchen Regionen Spaniens kann die Verweigerung von Teilen der PP-Wählerschaft zur Zapatero-Regierung gesehen werden.

Tschechien (parlamentarische Ratifizierung oder Referendum)

In Tschechien ist der Ratifizierungsprozess ebenfalls ausgesetzt worden. Jirí Paroubek, sozialdemokratischer Ministerpräsident, kündigte an, den Parteien vorzuschlagen, den Prozess bis Ende 2006 oder Anfang 2007 zu vertagen. Er betonte, die Abhaltung eines Referendums sei eine Aufgabe für die neue Regierung, die im späten Frühjahr 2006 neu gewählt wird. Paroubek deutete das Scheitern des Finanzverhandlungen als Zeichen dafür, dass Europa die Erweiterung noch nicht verdaut habe.

Tschechien gehört zu den kritischen Ländern. Paroubek hatte in einer Regierungserklärung am 13.Mai 2005 die Ratifizierung der EU-Verfassung als wichtigstes Ziel bezeichnet. Die Regierung sieht sich in der proeuropäischen Tradition der Vorgängerregierungen Spidla und Gross. Die ODS sprach sich hingegen bereits auf ihrem Parteitag Ende November 2004 gegen die Verfassung aus und sieht sich in ihrer negativen Haltung zur Verfassung bestärkt Der Präsident der Republik und frühere Vorsitzende der ODS, Václav Klaus, reagierte daher auch erfreut auf das französische und niederländische „Nein“ zur EU-Verfassung. Es sei nun überflüssig, den Ratifizierungsprozess fortzusetzen. Auch Oppositionsführer Topolanek und andere Politiker der größten Oppositionspartei ODS hatten sich in diesem Sinne geäußert. Auch die Kommunisten bekämpfen die Verfassung vehement. Eine parlamentarische Ratifizierung wäre aufgrund der notwendigen Dreifünftelmehrheit daher nahezu ausgeschlossen.

Zwar unterstützt die sozialdemokratische CSSD wie auch alle übrigen im Parlament vertretenen Parteiein ein Referendum zur EU-Verfassung. Sie ist inzwischen der Opposition auch in dieser Frage entgegengekommen: So erklärte Paroubek, die Sozialdemokraten würden nicht weiter auf einem allgemeinen Volksabstimmungsgesetz beharren, sondern den Vorschlag der ODS unterstützen, nur ein Referendum zur EU-Verfassung abzuhalten. Allerdings war der Zeitpunkt eines möglichen Referendums in Tschechien bisher umstritten. Die Sozialdemokraten wollten das Referendum aus Kostengründen zusammen mit den Parlamentswahlen im Juni 2006 abhalten. Die ODS befürchtete jedoch, die Regierung könnte die Referendumskampagne und die damit verbundenen Mittel für ihren eigenen Wahlkampf instrumentalisieren.

Im April, also noch vor den beiden Referenden in Frankreich und den Niederlanden war auch in Tschechien die Anzahl der Gegner gestiegen (von 21 auf 26%). 58% der Befragten befürworteten die Verfassung. 15% waren unentschieden.

Ungarn (parlamentarische Ratifizierung am 20.12.2004)

Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány erklärte nach dem Gipfel, die EU stehe in den Herzen vieler Menschen nur noch für einen technokratischen Rahmen, mit dem man sich unmöglich gefühlsmäßig identifizieren könne. Die ungarische Regierung äußerte sich nicht dazu, wie die Denkpause in der EU genutzt werden solle.

Ungarn hatte als zweiter Mitgliedsstaat dem Verfassungsvertrag zugestimmt. Am 20. Dezember 2004 votierten 322 Abgeordnete für die Verfassung, 12 stimmten dagegen, acht enthielten sich. Die nötige Zweidrittelmehrheit wurde demnach ohne Probleme erreicht. Der ehemalige Premierminister Péter Medgyessy engagierte sich auf Anfrage des französischen Präsidenten Chirac auch in Frankreich für eine Annahme der Verfassung.

Vereinigtes Königreich (fakultatives, bindendes Referendum)

Die britische Regierung zeigte sich zufrieden, dass die Staats- und Regierungschefs die veränderte Situation akzeptiert und eine Periode der Reflexion eingeleitet hätten. Die EU-Verfassung sei, so Tony Blair in seiner Rede vor dem Europäischen Parlament, das Vehikel der umfassenden und tieferen Unzufriedenheit der Menschen mit dem Stand der Dinge in Europa geworden.

Douglas Alexander, Europaminister, erklärte, diese Phase müsse nun genutzt werden, um nicht nur über die institutionelle Architektur, sondern auch die Zukunft Europas angesichts der Herausforderungen der Globalisierung nachzudenken und ein neues Europa aufzubauen. Großbritannien, das seit 01.Juli 2005 die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, werde daher seinen Vorsitz dazu nutzen, sich hauptsächlich auf die europäische Wirtschaft zu konzentrieren.

Blair bekannte sich in seiner Rede vor dem Europäischen Parlament auch zur Erweiterung. „Wir sehen die Erweiterung nicht als Gefahr an“. Werde sie aufgehalten, würde langfristig kein einziger Arbeitsplatz gerettet, so Blair.

Die Regierung Blair hatte sich bereits nach dem „Nein“ der Niederländer dazu entschlossen, das ursprünglich für März 2006 geplante Referendum im eigenen Land vorerst auf Eis zu legen. Der britische Außenminister Jack Straw sagte in seiner Erklärung vor dem Unterhaus, nach dem „Nein“ der Franzosen und Niederländer sei es nicht vernünftig, mit dem Ratifikationsprozess im Parlament fortzufahren. Die Regierung behalte sich ausdrücklich das Recht vor, den Gesetzentwurf, der ein britisches Referendum vorsieht, erneut zur Beratung vorzulegen, wenn sich die Umstände änderten. Derzeit sehe er jedoch keinen Zweck damit weiterzumachen. Straw erklärte darüber hinaus, bestimmte Klauseln der Verfassung könnten auch ohne den Weg einer Ratifikation implementiert werden.

Die Regierung Blair wurde bei den Unterhauswahlen am 05. Mai 05 trotz Stimmenverlusten zum dritten Mal mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Nach den Wahlen und dem auch darin deutlichen gewordenen Denkzettel der Briten für Tony Blair, wurde das Referendum über die EU-Verfassung in den Diskussionen zunehmend mit seiner Person verbunden. Auch wurde über einen frühzeitigen Wechsel im Amt des Premierministers spekuliert.

Nach einer Umfrage Anfang Juni lag der Anteil der Verfassungsgegner in Großbritannien bei 57%, während nur 30% die Verfassung befürworteten.

Zypern (parlamentarische Ratifizierung am 30.06.2005)

In Zypern ist die EU-Verfassung ratifiziert. Am 30. Juni 2005 stimmte das Parlament dem Vertragswerk zu. Es gab 30 Ja-Stimmen, 19 Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Die kommunistische Oppositionspartei AKEL hatte gegen die EU-Verfassung gestimmt, ein Abgeordneter der Grünen enthielt sich der Stimme und protestierte damit gegen die rein parlamentarische Ratifizierung.

Zypern ist der elfte Mitgliedstaat, in dem die EU-Verfassung ratifiziert ist. Zur Gestaltung der Denkpause in der EU äußerte sich die Regierung nicht explizit.

Die politische Klasse lehnte ein Referendum, für das es keine Rechtsgrundlage gibt, ab. Das Parlament hatte die ursprünglich für Ende Mai geplante Ratifizierung im Parlament auf Ende Juni 05 verschoben.

Nachdem die EU-Verfassung und ihre Inhalte auch in Zypern der Bevölkerung weitestgehend unbekannt sind, hatte das zyperngriechische Informationsministerium eine Werbe- und Aufklärungskampagne gestartet.

3.Die europäischen Institutionen

Die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen auf dem Gipfel am 16. und 17. Juni 2005, die EU-Verfassung nicht aufzugeben, sondern dem Ratifikationsprozess mehr Zeit einzuräumen.

In einer gemeinsamen Erklärung zur Verfassung hielten sie fest, durch das französische und niederländische „Nein“ sei das Engagement der Bürger für das europäische Aufbauwerk nicht in Frage gestellt. Die Bürger hätten jedoch Bedenken und Ängste zum Ausdruck gebracht, denen Rechnung getragen werden müsse. Es sei daher notwendig, die Lage gemeinsam zu überdenken.

Diese Zeit der Reflexion solle in jedem Mitgliedstaat für eine ausführliche Diskussion genutzt werden, an der die Bürger, die Zivilgesellschaft , die Sozialpartner, die nationalen Parlamente sowie die politischen Parteien teilnehmen würden.

Die Staats- und Regierungschefs vereinbarten, im ersten Halbjahr 2006 eine Bewertung aller einzelstaatlichen Diskussionen vorzunehmen und den weiteren Fortgang des Ratifizierungsprozesses zu besprechen.

Inzwischen könne jedes Land, so der ehemalige EU-Ratspräsident Juncker, in souveräner und autonomer Weise entscheiden, ob es ein Referendum oder eine parlamentarische Ratifizierung wie geplant durchführen werde. Neuverhandlungen über das umstrittene Vertragswerk schloss er aus. Einen besseren Vertrag als die EU-Verfassung gebe es nicht. Europa wolle seinen Bürgern nun intensiver zuhören.

Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, er beobachte die Anfänge einer sehr ehrlichen Diskussion und begrüßte den Plan D für „Demokratie“ und „Dialog“. Die Denkpause sei auch eine Möglichkeit, Zeit zu gewinnen. Er unterstrich, dass 13 Staaten noch nicht die Möglichkeit erhalten hätten, ihre Position zum EU-Verfassungsvertrag deutlich zu machen.

Wie die von allen geforderte Debatte angestoßen bzw. konkret durchgeführt werden soll, dazu gab es noch keine konkreteren Vorschläge.

Viviane Reding, Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, forderte in einer Rede im Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung, einen Dialog der Zivilgesellschaften anzuregen, der sowohl den privaten, religiösen als auch kulturellen Bereich umfasse. Das hauptsächliche Problem sah sie in der Vermittlung Europas. Die Argumente der Vergangenheit griffen heute nicht mehr. Sie forderte deswegen dazu auf, in zukunftsträchtige Bereiche zu investieren. Es bedürfe darüber hinaus standfester Politiker, die sich vor Ort den unangenehmen Fragen stellten. Dazu sei auch keine neue Kommunikationsstrategie nötig.

Josep Borrel, Präsident des Europäischen Parlamentes, betonte, die Mehrheit der Europaparlamentarier stimme mit dem Beschluss des Europäischen Rates überein, den Prozess der Ratifizierung mit zeitlicher Verzögerung fortzuführen. Die Debatte, an dem sich das Parlament aktiv beteiligen werde, müsse sich mit zwei wesentlichen Punkten befassen: Dem europäischen Gesellschaftsmodell angesichts der Globalisierung und den geographischen Grenzen Europas.

Die Stellungnahmen der Fraktionschefs im Europäischen Parlaments reflektieren diese Akzentuierung:

Hans-Gert Pöttering, Fraktionsvorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, der sich bereits vor dem Gipfel für eine Denkpause ausgesprochen hatte, bestand darauf, dass die Debatte über die Zukunft Europas nicht hinter verschlossenen Türen geführt werde. Er mahnte auch eine Diskussion über die Grenzen Europas an.

SPE-Fraktionschef Martin Schulz erklärte, die Zeit der Reformen und für den Wechsel sei gekommen. Dabei dürfe das europäische Sozialmodell jedoch nicht ins Museum gestellt werden.

Graham Watson, Vorsitzender der liberalen ALDE-Fraktion forderte eine Abkehr von ausschließlich nationaler Politik und forderte Tony Blair dazu auf, sich für mehr Transparenz in der Funktionsweise des Ministerrates einzusetzen.

Der Chef der Grünen Daniel Cohn-Bendit forderte, die Modernisierung Europas müsse auch sozial und ökologisch gestaltet werden.

In der Frage der Erweiterung hielten die Staats- und Regierungschefs an bisherigen Entscheidungen fest. Die vereinbarten Beitritte von Rumänien und Bulgarien wurden begrüßt. Im Bezug auf die Türkei wurden keine neuen Aussagen getroffen. Der Europäische Rat verwies lediglich auf den vergangenen Gipfel im Dezember, der die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen beschlossen hatte und unterstrich die Notwendigkeit, die Entscheidungen vollständig umzusetzen.

Der luxemburgische Ministerpräsident Juncker sagte, es habe während des Gipfels „einige Aufforderungen gegeben, den Rhythmus und die Grenze des Erweiterungsprozesses zu besprechen, aber wir sind zu keinem Schluss gekommen“.

Kommissionspräsident Barroso kündigte an, die Kommission werde einen umfassenden strategischen Fahrplan zur zukünftigen Ausrichtung der Union, einschließlich ihrer künftigen Außengrenzen ausarbeiten. Bestehende Verpflichtungen würden jedoch eingehalten.

Zwar stimmt man auch in der Kommission darin überein, dass im „Nein“ zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden die Furcht vieler Bürger vor einer schnellen Erweiterung zum Ausdruck gekommen sei, es setzte sich jedoch die Ansicht durch, dass die Entscheidung über den Verlauf des Prozesses bei den Staats- und Regierungschefs liege, die sich für den Beginn von Beitrittsverhandlungen ausgesprochen hätten.

In einem von der Kommission als „rigoros“ bezeichneten Mandat für die Verhandlungen mit der Türkei, das sie nun vorschlug, wird das Ziel einer Mitgliedschaft demnach nicht relativiert. Eine privilegierte Partnerschaft, wie sie auch einige Kommissare befürworten, wird nicht erwähnt.

Das Gremium spricht sich für eine Grundsatzdebatte über die EU-Mitgliedschaft der Türkei aus, hält aber am vereinbarten Termin (3.Oktober) für den Beginn der Beitrittsverhandlungen fest. Gemeinsames Ziel bleibe die Vollmitgliedschaft Ankaras in der Union, so der für Erweiterung zuständige Kommissar Olli Rehn.

Die EVP-ED Fraktion kritisierte den Vorschlag der Kommission. Der Fraktionsvorsitzende Pöttering hatte in einem Brief an die Präsidenten Borrel, Barroso, Juncker und Blair erklärt, es sei nicht zu übersehen, dass die Erweiterung und insbesondere die Perspektive noch weiterer Schritte zu erheblichen Ängsten und Besorgnissen vor unkontrollierter Migration, Verlust von Arbeitsplätzen und Gefährdung sozialer Standards geführt habe. Diese müssten ernst genommen werden, wenn die Unterstützung für die europäische Integration insgesamt nicht gefährdet werden solle. Deswegen müsse jetzt jeder weitere Schritt von breiter Unterstützung getragen sein.

Der Beschluss der Kommission zur Türkei zeige, so Elmar Brok, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, dass die Kommission ihre Pflicht nicht wahrnehme, die EU aus der Krise herauszuführen. Sie ziehe keine Schlussfolgerungen aus der öffentlichen Meinung gegen eine Erweiterung und mache statt dessen weiter wie bisher.

Martin Schulz, Fraktionsvorsitzender der SPE-Fraktion, begrüßte das Mandat der Kommission. Bevor weitere Erweiterungen auf die Tagesordnung gesetzt würden, seien interne Reformen der Europäischen Union notwendig. Man müsse die Möglichkeit der Erweiterung offen halten, aber auch der Gesellschaft zuhören und den Menschen das Vertrauen geben, dass es ein Projekt sei, das sich lohne. Die EU müsse sich an ihre Verpflichtungen halten und das Datum des 3. Oktobers für die Eröffnung der Verhandlungen mit der Türkei sei eine davon.

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