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"Die Europawahlen in den Benelux-Ländern"

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Die Europawahlen in den Benelux-Ländern

I. Allgemeine Trends

Die Ergebnisse der Europawahl 2004 in den traditionell europafreundlichen Gründungsstaaten der Europäischen Union, Belgien ,Luxemburg und den Niederlanden, weisen wenig Gemeinsamkeiten auf, sieht man davon ab, dass sie sich vom allgemeinen Trend etwas absetzen.

Aufgrund der Wahlpflicht und der Kombination mit Nationalwahlen in Luxemburg und bedeutenden Regionalwahlen in Belgien lag die Wahlbeteilung in diesen Ländern mit über 90 Prozent weit über dem Durchschnitt (45.5% in der EU). In den Niederlanden blieb sie zwar noch unterhalb der Schwelle, war aber um zehn Prozent höher als bei der Vorwahl 1999.

Generell war das Interesse an den europapolitschen Fragen im Wahlkampf nicht sehr hoch, und es bleibt bemerkenswert, dass mit Ausnahme Luxemburgs, europakritische Parteien beachtliche Stimmenzuwächse verzeichnen konnten. Den größten Erfolg verbuchte in den Niederlanden die Partei Europa Transparent des ehemaligen Kommssionsbeamten van Buitenen, die aus dem Stand mit zwei Abgeordneten (7 %) in das Europaparlament einziehen. In Belgien konnte der Vlaams Blok sich um fast fünf Prozentpunkte verbessern (3 Sitze), blieb aber hinter dem beunruhigende Ergebnis bei den Regionalwahlen (24.4.%; ein Zugewinn von 8.2 %) etwas zurück.

In Luxemburg und den Niederlanden fällt auf, dass die führenden Regierungsparteien keinen Denkzettel für die nationale Politik erhielten. Die CSV Jean Claude Junckers gewann sechs Prozent hinzu. Der CDA blieb mit leichten Einbußen stärkste Partei in den Niederlanden, auch wenn die Koalitionspartner, die in europakritischen Gewässern fischen wollten erhebliche Einbußen erlitten. Auch die in der wallonischen Region und in Brüssel mitregierenden belgischen Sozialisten konnten erhebliche Stimmenzuwächse verzeichnen. Nur in Flandern musste die regierende Regenbogenkoalition herbe Verlust hinnehmen, während die oppositionellen Christdemokraten wieder Fuß fassten (Zuwachs von fast vier Prozent und 1 Sitz mehr).

Die Europa-Wahlen in den Beneluxländern hatten ihren besonderen Reiz auch deshalb, weil sich hier gleich vier potentielle bzw. in der Diskussion stehende Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten – Jean Claude Juncker, Guy Verhofstadt, Luc Dehaene und Jan Peter Balkende - ihrer nationalen Wählerschaft stellten. Eindeutiger Sieger in diesem Test ist der luxemburgische Ministerpräsident, der als Spitzenkandidat für die Europawahl sogar ein Prozent mehr Stimmen einfuhr, denn als Ministerpräsident. Der belgische Premier Luc Verhofstadt und Listenführer der Liberalen, der anders als Juncker, seine Ambitionen um das Amt nur oberflächlich kaschiert, erlitt dagegen herbe Stimmverluste, ohne dass seine Partei dabei Sitze verloren hätte. Im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger, Jean Luc Dehaene, Spitzenkanditat der flämischen Christdemokraten (CD&V und NVA, plus 3,89 Prozent) erreichte er etwas mehr als die Hälfte der auf diesen entfallenden Stimmen (630 681 vs. 364 528). Der vierte im Bunde, Jan Peter Balkenende, blieb mit seiner Partei knapp vor der stärksten Oppositonspartei.

Im neuen Europäischen Parlament verfügen die Beneluxländer über insgesamt 57 von 732 Sitzen. Die Niederlande haben mit 27 Sitzen vier Mandate weniger zu vergeben als in der letzen Legislaturperiode, die Belgier mit 24 Sitzen 1 Mandat weniger. Luxemburg behält sechs Sitze. Die Mitgliedsparteien der EVP-ED Gruppe bringen 17 Mandate ein, wobei der Verlust des niederländischen CDA durch den Zugewinn von CD&V und CSP mit jeweils einem Sitz ausgeglichen wurde. Insgesamt war es ein erfolgreicher Wahltag für die Mitgliedsparteien der EVP.

II. Die Ergebnisse im Einzelnen

1. Niederlande

Bei den Europawahlen in den Niederlanden am 10. Juni ging die christdemokratische Partei CDA als Sieger hervor. Mit 24.7% der Stimmen behaupteten sie sich mit 1.1 Prozentpunkten vor dem sozialdemokratischen Herausforderer PvdA (23.6%), verloren aber im Vergleich zu den Wahlen in 1999 2.2% der Stimmen und zwei Sitze. Beide kommen mit diesem Ergebnis auf sieben Sitze im Europäischen Parlament. Die liberale Partei VVD, Koalitionspartner in der Regierung Balkenende, verliert zwei von sechs Sitzen und kommt auf 13.2% der Stimmen. Die Demokraten D66, die dritte Regierungspartei, bekam 4.2% der Stimmen und hat nur noch einen Sitz.. Überraschend war der Erfolg der neuen euroskeptischen Partei Europa Transparant. Die Partei des ehemaligen Kommissionsbeamten Paul van Buitenen, der Korruption einzelner Mitglieder der Kommission Santer an die Öffentlichkeit brachte und diese so letztlich zu Fall brachte, errang auf Anhieb 7.4% der Stimmen und damit 2 Sitze. Auch die GroenLinks verliert zwei Sitze und erreicht nur noch 7.4% der Stimmen und nur noch zwei Sitze. Auch die eurokritische SP kann sich auf 7% verbessern und hat nun zwei Sitze im EP. Die Christen Unie/SGP kann ihre zwei Sitze trotz Stimmverlusten verteidigen. Sie kommt auf 5.9% der Stimmen. Alle anderen Parteien, die sich zu Wahl stellten - Democratisch Europa, Lijst Pim Fortuyn, nieuw Rechts, Partij vor de Dieren, Partij voor het Noorden , Respect.Nu – werden nicht im EP vertreten sein.

Die Wahlbeteiligung lag bei 39.1% und ist damit deutlich gestiegen, im Jahr 1999 gingen nur 29.9% der wahlberechtigten Niederländer an die Urnen.

Europapolitisch stand v.a. die Rolle der Niederlande als Nettozahler im Vordergrund. Ein zweites großes Thema war die fehlende Transparenz europäischer Politik. Insbesondere die neu gegründete Partei „Europa Transparent“, aber auch andere euroskeptische Parteien wie die SP versuchten daraus Kapital zu schlagen. In den Kampagnen „Europa Transparants“ wurden insbesondere das Thema Korruption sowie die bürokratischen und institutionellen Unzulänglichkeiten der EU behandelt.

In der Verfassungsdiskussion rückte das Thema Zukunft und die Chancen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in den Vordergrund. So warb Camille Eurlings, der die Liste der Christdemokraten anführte, für eine Einschränkung des Vetorechts in Fragen der Außenpolitik. Auch der Listenerste der PvdA – Max van den Berg – und die Listenerste der Groene Links – Kathalijne Buitenweg – stimmen ihm zu. Der liberale Spitzenkandidat der VVD – Jules Maaten – hielt eine qualifizierte Mehrheit jedoch für unrealistisch in diesen Fragen. In der Schlußphase des Wahlkampfs versuchten die Sozialisten nochmals das Irakthema gegen die Regierung auszuspielen. Am 11. Juni allerdings beschloss das niederländische Parlament die Verlängerung der Stationierung der Stabilisierungstruppen im Irak.

Für die regierende CDA war es kein leichter Wahlkampf. Da die Niederlanden ab Juli 2004 die EU-Präsidentschaft übernimmt, hatte sich Premierminister Balkenende große Zurückhaltung auferlegt, so auch in der Türkeifrage. Gleichzeitig verursachte der größere Koalitionspartner, in sich in der Europapolitik zerstritten, mit anti-europäischen Ressentiments Politik zu machen und damit auch die Koalition zu gefährden. Die Strategie des jungen Hoffnungsträgers des CDA,Camille Eurlings, nichts zu beschönigen ,die pro-europäische Grundorientierung seiner Partei aber offensiv zu vertreten erwies sich deshalb als richtig. Neben Eurlings werden Corien Wortmann-Kool, Lambert van Nistelrooij und Joop Post neu ins Parlament einziehen. Maria Martens, Albert-Jan Maat und Bert Doorn wurden bestätigt.

2. Belgien

Die Europawahl in Belgien stand im Schatten der Regionalwahlen. Die komplizierte Parteienlandschaft, das Fehlen eines nationalen Parteiensystems und die Tatsache, dass führende „Bundespolitiker“ auch auf der Europa-Liste kandidierten machen es für den Außensstehenden wie den belgischen Wähler nicht leicht spezifische Schlussfolgerungen für die Europapolitik zu ziehen. Zudem besteht bei den etablierten Parteien weitgehender Konsens in den großen europapolitischen Themen. Die Verfassung ist nicht strittig. Die Türkeifrage rumort zwar im bürgerlichen Lager, ohne dass jemand explizit eine Gegenposition zu Kopenhagen bezieht und in der Irakpolitik konnte die Regierung eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich wissen. So blieben als Wahlkampfthemen eher Hakeleien zwischen den Spitzenkandidaten Verhofstadt und Dehaene um eine gemeinsame Fernsehdiskussion oder der angedrohte Boykott neun flämischer Bürgermeister wegen der Wahlkreisrefrom in Brüssel-Halle-Vilvoorde. Am Ende weicht das Europawahlergebnis nicht sehr von dem der Regionalwahlen ab.

Alle bürgerlichen Parteien konnten einen Stimmenzuwachs verzeichnen. Die Mitgliedsparteien der EVP gewannen insgesamt sechs Sitze. CD&V mit NVA erlangten vier Mandate (plus 1). Ein Sitz ging an die Nachfolgepartei der wallonischen Christdemokraten, das CDH (Centre Democrat Humaine) unter Joelle Milquet. Die Deutsche Gemeinschaft, deren Sitz im EP aufgrund der Reduzierung der Gesamtzahl der belgischen Sitze lange unsicher schien, wird mit einem Christdemokraten (CSV) vertreten sein. Zur EVP-ED Fraktion gehört auch ein Vertreter der französisch-sprechenden Liberalen (MR). Die wallonischen Sozialisten, die Hauptgewinner im französisch sprechenden Teil Belgiens erreichten vier Mandate , und damit einen Sitz mehr. In Flandern gewannen die Sozialisten sp.a-spirit einen Sitz. Die frankophonen Liberalen (MR) des Außenministers Louis Michel behielten 3 Sitze, werden aber wohl nur mit zweien in der Fraktion der Liberalen (ELDR) vertreten sein. Das flämische Bündnis VLD/Vivant verteidigte ebenfalls seine drei Sitze. Die großen Verlierer der Wahl in Belgien sind die grünen Parteien. Die wallonische Partei ECOLO verlor zwei ihrer vormals drei Sitze, die flämische Groen! hat nur noch einen Vertreter.

Beunruhigend bleibt das Anwachsen der extremen Parteien, insbesondere des Vlaams Blok, der mit seinen drei ungebundenen Vertretern im EP dort sicherlich weniger zur Geltung kommt, in Flandern aber als zweitstärkste politische Kraft eine starke Opposition und ständige Herausforderung der anderen Parteien und ihrer Politik eines „cordon sanitaire“ bilden wird (siehe auch Bericht zu Regionalwahl). Die Namen der neuen (darunter Jean Luc Dehaene) bzw. wiedergewählten (darunter Marianne Thyssen)Abgeordneten in der EVP-Gruppe sind noch nicht vollständig veröffentlicht.

3. Luxemburg

In Luxemburg konnte die CSV am 13. Juni 2004 ein Mandat hinzugewinnen und nimmt nun drei der sechs luxemburgischen Sitze ein. Sie konnte ihren Wähleranteil auf um 6.5% auf 37.15% verbessern. Trotz eines nur relativ geringen Stimmenverlustes von 1.5% mußte die LSAP einen Sitz abgeben und ist nun nur noch mit einem Sitz in der SPE vertreten. Die anderen beiden Sitze konnten von der grünen Déi Gréng und der liberalen DP verteidigt werden.

Auch in Luxemburg traten die Europawahlen wegen der zeitgleichen nationalen Wahlen in den Hintergrund geraten sind. Im Vordergrund standen die nationale Sozialpolitik sowie das Problem der Arbeitslosigkeit – ohne eine Brücke zur Europapolitik oder der Bedeutung des Europäischen Parlaments in diesem Zusammenhang zu schlagen. Neben den nationalen Themen gab es aber auch eine Diskussion zu kritischen Fragen der Steuerharmonisierung in Europa.

In den Wahlprogrammen wurden außerdem Themen wie die Rolle Europas in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der Asylpolitik oder die wirtschaftlichen Erfolge der EU angesprochen. Insgesamt wurden diese Bereiche jedoch nicht besonders kontrovers diskutiert. Auch zeichnet sich Luxemburg insbesondere im Vergleich zu den Niederlanden durch das Fehlen euroskeptischer Parteien aus. Offizielle Angaben wen Luxemburg in die EVP-ED Fraktion schickt liegen noch nicht vor. Die ersten Plätze waren der alten , jetzt wiedergewählten Regierung vorbehalten. Die derzeitige Kommissarin, Vivianne Reding, ist auf Platz acht gesetzt. Jacques Santer kandidierte nicht mehr.

III. Übersichten zu den Wahlergebnissen:

1. Niederlanden: 27 Sitze (zuvor 31)

ParteiFraktionStimmen-Anteil2004Stimmen-Anteil1999Sitze2004-2009Sitze1999-2004

CDAEVP-ED24.7%26.94%79

PvdAPES23.6%20.11%76

VVDELDR13.2%19.69%46

Groen LinksVerts/ALE7.4%11.85%24

EurTrans7.3%-2-

SPGUE/NGL7.0%5.04%21

CU/SGPEDD5.9%8.73%23

D66ELDR4.2%5.80%12

2. Luxemburg : 6 Sitze (zuvor 6)

ParteiFraktionStimmen-Anteil2004Stimmen-Anteil1999Sitze2004-2009Sitze1999-2004

CSVEVP-ED37.15%31.65%32

LSAPSPE22.05%23.58%12

Déi GréngVerts/ALE15.04%10.73%11

DPELDR14.89%20.45%11

3. Belgien: Sitzverteilung

Lijst Zetels 2004Verschil

PS 4 +1

CD&V NVA 4 +1

VLD Vivant 3 0

MR 3 0

sp.a-spirit 3 +1

VLAAMS BLOK 3 +1

CSP 1 0

CDH 1 0

ECOLO 1 -2

GROEN! 1 -1

Enkel de lijsten die volgens de berekening een zetel behalen worden getoond. - = niet van toepassing

Verdeling Man - Vrouw20041999

% Vrouwen29,17%32%

% Mannen70,83%68%

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