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Das Europäische Parlament bestätigt die Barroso Kommission

von Mark C. Fischer

Neubestimmung der institutionellen Balance in der Europäischen Union?

Nach erfolgreichen Anhörungen der zwei eingewechselten Kandidaten Franco Frattini (Italien) und Andris Piebalgs (Lettland) sowie des Ungarn Lázló Kovacs, dessen Dossier geändert wurde, bestätigte das Europäische Parlament in Straßburg am 18. November mit breiter Mehrheit die Europäische Kommission im zweiten Anlauf. Vorhergegangen war ein Machtkampf zwischen Kommissionspräsident José Manuel Durao Barroso und den sozialistischen, liberalen und grünen Parlamentsfraktionen, welche offen damit gedroht hatten – vor allem wegen heftiger Kritik am ursprünglich vorgesehenen Kandidaten für das Innen- und Justizressort, Rocco Buttiglione - sein erstes Aufgebot am 27. Oktober bei der Abstimmung scheitern zu lassen. Die nun überstandene Auseinandersetzung, die ihren Anfang bereits in der Nominierungsphase für den Kommissionspräsidenten nahm, kann weitreichende Folgen für die institutionelle Balance in der Europäischen Union haben. Sie unterstreicht jedoch vor allem das wachsende politische Selbstvertrauen und die zunehmende Politisierung des Parlaments entlang der parteipolitischen Demarkationslinien.

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Europäische Kommission wird im zweiten Anlauf

durch Europäisches Parlament bestätigt

Nach erfolgreichen Anhörungen der zwei eingewechselten Kandidaten Franco Frattini (Italien) und Andris Piebalgs (Lettland) sowie des Ungarn Lázló Kovacs, dessen Dossier geändert wurde, bestätigte das Europäische Parlament in Straßburg am 18. November mit breiter Mehrheit die Europäische Kommission im zweiten Anlauf. Vorhergegangen war ein Machtkampf zwischen Kommissionspräsident José Manuel Durao Barroso und den sozialistischen, liberalen und grünen Parlamentsfraktionen, welche offen damit gedroht hatten – vor allem wegen heftiger Kritik am ursprünglich vorgesehenen Kandidaten für das Innen- und Justizressort, Rocco Buttiglione - sein erstes Aufgebot am 27. Oktober bei der Abstimmung scheitern zu lassen. Die nun überstandene Auseinandersetzung, die ihren Anfang bereits in der Nominierungsphase für den Kommissionspräsidenten nahm, kann weitreichende Folgen für die institutionelle Balance in der Europäischen Union haben. Sie unterstreicht jedoch vor allem das wachsende politische Selbstvertrauen und die zunehmende Politisierung des Parlaments entlang der parteipolitischen Demarkationslinien.

Hintergrund

Im Vergleich zu bisherigen Erfahrungen erwies sich in diesem Jahr bereits die Suche nach einem geeigneten Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten als ungewöhnlich schwierig. Nach dem eindeutigen Sieg der Konservativen bei den Europawahlen im Mai hatte der EVP-ED Fraktionsvorsitzende Hans-Gert Pöttering unmissverständlich klar gemacht, dass seine Fraktion erwarte, den europäischen Wählerwillen auch bei der Bestimmung des Kommissionspräsidenten widergespiegelt zu sehen. Der lange Zeit unter den europäischen Staats- und Regierungschefs für das Amt favorisierte liberale belgische Premier Guy Verhofstadt wurde, vor allem auch unter Einwirkung der deutschen CDU, mit dem Hinweis verhindert, dass er von Seiten der EVP-ED Fraktion im Europäischen Parlament kein Mandat bekäme. Schließlich einigte man sich im August auf den Portugiesen Jose Manuel Barroso als perfekten Kompromisskandidaten - einen Konservativen der sich bei den europäischen Partnern einen guten Ruf als kommunikativ, durchsetzungsfähig und entscheidungsfreudig erworben hatte – Qualitäten, die sein Amtsvorgänger Romano Prodi manchmal schmerzlich hatte missen lassen. Dennoch konnte auch die offensichtliche Befähigung Barrosos nicht darüber hinwegtäuschen, dass seine Nominierung, stärker als bei vorangegangenen Entscheidungen dieser Art, auf parteipolitische Einflussnahme auf europäischer Ebene zurückzuführen war.

Die ersten Reaktionen auf das Team von 25 „Superkommissaren“, welches Barroso vorstellte waren durchaus positiv. Er ließ seiner Ankündigung, eine weniger männlich dominierte Kommission leiten zu wollen, Taten folgen und schloss acht Frauen, teilweise in Schlüsselressorts, mit in sein Team ein. Auffällig war darüber hinaus, dass Liberale und Parteilose bei den Vorschlägen, die er jedoch von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten übernehmen musste, überproportional repräsentiert waren. Auch bei der durch die Erweiterung notwendig gewordenen neuen Aufteilung der Ressorts bewies Barroso nach überwiegendem Tenor guten Sachverstand und Augenmaß. Zwar sollten die für zwischen 28. September und 11. Oktober geplanten Anhörungen der designierten Kommissare durch die entsprechenden Fachausschüsse im Parlament nach einem neuen, für die Kandidaten schwierigeren Verfahren stattfinden, es wurde jedoch als wahrscheinlich angesehen, dass die Mehrzahl ohne größere Probleme passieren würde. Lediglich für den von der Regierung Berlusconi entsandten Rocco Buttiglione, dem das Innen- und Justizressort zugeteilt worden war, und für den ungarischen Altkommunisten Lázlo Kovác, der für das Portfolio Energie vorgesehen war, wurden Komplikationen erwartet. Buttiglione wurde aus parteipolitischer Hinsicht als problematisch bewertet, da er sich als Kandidat Berlusconis wegen des zerrütteten Verhältnisses des italienischen Staatschefs mit der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament – dieser hatte den Fraktionschef Martin Schulz mit einem KZ-Aufseher verglichen – auf scharfe Angriffe gefasst machen musste. Darüber hinaus wurde auch von objektiveren Beobachtern bezweifelt, dass die Auswahl eines Vertreters der von Justizskandalen geplagten Regierung Berlusconi ausgerechnet für das Dossier Justiz und Inneres besonders glücklich war. Während der Anhörung vor dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres entzündete sich die Kontroverse über Buttiglione jedoch hauptsächlich an seinen Äußerungen zu Fragen über die Rolle gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und alleinerziehender Frauen in der Gesellschaft. Buttiglione, der als strenger Katholik gilt, äußerte seine privaten Ansichten dahingehend, dass er Homosexualität aufgrund seiner Glaubensüberzeugung für eine Sünde halte, zitierte jedoch im gleichen Atemzug Immanuel Kant, dass es eine klare Trennung zwischen Moral und Recht gäbe. Er stünde voll hinter der Position, die in der Europäischen Grundrechtscharta vertreten werde. Des weiteren machte er missverständliche Angaben zur Rolle der Frauen, aus denen eine liberale und linksgerichtete Mehrzahl der Ausschussangehörigen schloss, dass

1.Einschätzung der Ergebnisse

Die belgische Regierung legte am 2. Mai 2001 eine Liste mit sechzehn Prioritäten für den belgischen Ratsvorsitz vor. Von vielen Beobachtern wurde der Föderalstaat ob dieser ehrgeizigen Agenda mit einigem Sarkasmus bedacht: zu ambitiös schien dieser selbstauferlegte Arbeitsauftrag zu sein, zu viele verschiedene Themenbereiche sollten in Angriff genommen werden. Insbesondere definierte der belgische Vorsitz sechs sogenannte „Kraftlinien“, die richtungsweisend für die politische Arbeit sein sollten:

·Die Vertiefung der Debatte über die Zukunft Europas;

·Die Verbesserung der Arbeitsqualität, die Förderung der Chancengleichheit und die Bekämpfung der Armut und des sozialen Ausschlusses;

·Die Förderung eines dauerhaften Wirtschaftswachstums und einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik;

·Die Schaffung eines europäischen Raums für Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit;

·Die Förderung der dauerhaften Entwicklung und der Lebensqualität;

·Die Erweiterung und die Verstärkung der externen Dimension der Europäischen Union.

Bei den internen Politikbereichen stach selbstverständlich die politische Begleitung der Euro-Einführung hervor, welche den Belgiern terminlich in den Schoß fiel. Diese konnte, dank einer langen Vorbereitungsphase, auch souverän durchgeführt werden. Am 1. Januar 2002 wurde der Euro für die Bürger in den elf Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe eine greifbare Realität. Die - von kleineren Verzögerungen in Italien abgesehen- reibungslose Umstellung der Währungen ist nicht zuletzt der politischen Koordination der in den Mitgliedstaaten parallel verlaufenden Maßnahmen zu verdanken.

Unter dem Motto, „Die Europäische Union muß Antworten auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen finden“, widmete sich der belgische Vorsitz so verschiedenen Politikfeldern wie Arbeitsqualität, Gleichbehandlung, sozialer Integration, Altersversorgung, Nachhaltiger Entwicklung und dem Gemeinschaftspatent. Hier konnten in den meisten Bereichen Fortschritte erzielt werden, auch wenn das Gesetz über ein Gemeinschaftspatent letztendlich primär daran scheiterte, in welchen Amtssprachen der europäische Patentschutz zu verfassen sei – eine Problematik, die gerade den Belgiern, einem Volk mit drei offiziellen Landessprachen, geläufig sein sollte. Auch das europäische Prestigeprojekt „Galileo“, ein satellitengestütztes Navigationssystem, ist nach langen Planungen, mangels Zahlungswilligkeit, erst einmal auf Eis gelegt worden.

Bei der Fortsetzung der Erweiterungsverhandlungen kann die belgische Ratspräsidentschaft auf beeindruckende Erfolge verweisen. Vierzig Verhandlungskapitel wurden abgeschlossen, fünfzehn konnten neu eröffnet werden. Die Europäische Kommission konnte im November 2001 die erfreuliche Mitteilung herausgeben, daß bei gleichbleibendem Tempo der in den Kandidatenländern durchgeführten Reformen und bei anhaltender Verhandlungsgeschwindigkeit, zehn Staaten – Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern – in der Lage sein werden, die Verhandlungen bis Ende 2002 fristgerecht abzuschließen. Lediglich Bulgarien und Rumänien.

Fazit

Der negative Tatbestand, dass die neue Kommission nun mit Zweifeln über bleibende Schäden an ihrer politischen Handlungsfähigkeit an den Start geht, wird jedoch von Herausforderungen.

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