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Geoökonomischer Ratsgipfel - Europas Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit im Fokus

von Dr. Hardy Ostry, Stanislav Linchevsky, Lukas Wick, Isabell Wiesner

Europäischer Rat am 23./24. März 2023

Nur sechs Wochen nach dem letzten Sondergipfel kehrten die Staats- und Regierungschefs nach Brüssel zurück. Ganz oben auf der Tagesordnung standen die geopolitische Dimension der EUWirtschaftspolitik sowie die Wettbewerbsfähigkeit der EU angesichts des steigenden Drucks durch das USSubventionspaket IRA. Außerdem wurden weitere Waffenlieferungen an die Ukraine sowie der Vorschlag zur Strommarktreform diskutiert. Während der Streit um das Verbrenner-Verbot ab 2035 nicht auf der offiziellen Agenda stand, überschattete dieser das Gipfeltreffen. Die deutsche Regierung hat den Versuch der Europäischen Kommission, einen Kompromiss im Streit um die Zukunft von Verbrennungsmotoren zu finden, zurückgewiesen und damit die andauernde Diskussion neu entfacht. Am Freitag stand darüber hinaus ein Euro-Gipfel mit der Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, und dem Chef der Eurogruppe, Paschal Donohoe, auf der Tagesordnung, bei dem insbesondere die Bankenkrise diskutiert werden sollte.

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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert seit Februar 2022 an und konnte in der Zwischenzeit seinen unrühmlichen Jahrestag verzeichnen. Der Kreml bombardiert die Ukraine weiterhin mit gezielten Luftangriffen, Drohnenangriffen und Raketenangriffen. Mit Unterstützung des Westens ist es der Ukraine seit geraumer Zeit gelungen, eine Pattsituation zu erreichen: Beide Seiten kommen kaum voran, und die Fronten sind verhärtet. Russland plant wohl aber eine Frühjahrsoffensive in der Ukraine, für die der Westen sie derzeit vorzubereiten versucht. Im Vorfeld des anstehenden Europäischen Ministerrates am 23. und 24. März haben die Minister beim Rat für Auswärtige Angelegenheiten die bestehende Unterstützung flankiert und ein 2 Mrd. EURPaket zum Auffüllen der ukrainischen Munitionsbestände vereinbart.

Der Ministerrat ist in diesem Rahmen übereingekommen, die Lieferung und gemeinsame Beschaffung von einer Million Schuss Artilleriemunition für die Ukraine in den nächsten zwölf Monaten zu beschleunigen. Er appelliert an die Mitgliedstaaten, der Ukraine dringend Boden-Boden-Munition und Artilleriemunition sowie auf Wunsch auch Flugkörper zu liefern. Der Ministerrat hat darüber hinaus auch die Kommission aufgefordert, konkrete Vorschläge vorzulegen, um den Ausbau der Fertigungskapazitäten der europäischen Verteidigungsindustrie dringend zu unterstützen, die Lieferketten zu sichern, effiziente Beschaffungsverfahren zu erleichtern, Engpässe bei den Produktionskapazitäten zu beseitigen und Investitionen zu fördern, einschließlich der Mobilisierung des Unionshaushalts.

Der Ministerrat hat dafür ein dreigliedriges Konzept gebilligt, das die Lieferung von einer Million Artilleriegranaten innerhalb eines Jahres, die Erstattung von Ausgaben in Höhe von 2 Milliarden Euro und die Erhöhung der finanziellen Obergrenze der Europäischen Friedensfazilität vorsieht. So kann die Beschaffung zwar gemeinsam geregelt werden, jedoch der eigentliche Kauf über die Nationalstaaten und die Mitglieder der Europäischen Verteidigungsagentur geregelt werden, die ihre Ausgaben danach von der EU erstattet bekommen können.

Bei der anstehenden Sitzung des Europäischen Rats werden die Staats- und Regierungschefs der EU mit neuem Rückenwind über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine durch die EU diskutieren. Dabei soll es auch um die Rechenschaftspflicht für die Täter, die Verwendung eingefrorener Guthaben für den Wiederaufbau, die Unterstützung zur Deckung des Militär- und Verteidigungsbedarfs sowie um die globale Ernährungssicherheit gehen. Seit Beginn des Krieges haben die EU und ihre Mitgliedstaaten 67 Milliarden Euro für die Ukraine und ihre Bevölkerung bereitgestellt, wobei die restriktiven Maßnahmen sichtbare Auswirkungen auf das Regime und die Wirtschaft Russlands hatten.

 

Urheberrecht Foto: Europäische Union

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Kontakt

Dr. Hardy Ostry

Dr

Leiter des Auslandsbüros Washington, D.C.

hardy.ostry@kas.de

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