Vortrag
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Zum dritten Mal luden die in Brüssel tätigen fünf deutschen politischen Stiftungen (Konrad-Adenauer-Stiftung, Hanns-Seidel-Stiftung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit) zu einer gemeinsamen Vortragsveranstaltung ein. Ehrengast der Veranstaltung war Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering, Präsident des Europäischen Parlaments, der im Palais des Colonies einen Vortrag zum Thema „Fortschreitende Demokratisierung in der Europäischen Union“ hielt.
Prof. Dr. Pöttering bedankte sich zu Beginn seines Vortrages bei den politischen Stiftungen für ihre Arbeit. In seiner Rede ging Pöttering auf die stetige Weiterentwicklung des Europäischen Parlaments ein und wies auf seine wachsende Rolle seit der ersten Direktwahl 1979 in der Europäischen Union hin. Pöttering hob hervor, dass das Europäische Parlament mit den Jahren kontinuierlich neue Befugnisse und Mitentscheidungsrechte hinzu gewann. Der Vertrag von Maastricht stellte dabei einen ersten qualitativen Durchbruch für das Europäische Parlament dar. Jedoch gelang es dem Parlament erst mit der Unterzeichung des Vertrages von Amsterdam, einen quantitativen Durchbruch zu erzielen. Mit dem In-Kraft-Treten des Vertrages von Amsterdam wurden dem Europäischen Parlament mehr Mitentscheidungsrechte eingeräumt. Aus Sicht des Parlaments war der Vertrag von Nizza hingegen eine Enttäuschung und spaltete seine Abgeordneten in zwei Lager. Mit dem Vertrag von Nizza wurde für das Europäische Parlament eine neue Sitzverteilung festgelegt, die die Bevölkerungsgröße der Mitgliedstaaten wesentlich stärker widerspiegelte. Gerade kleinere Staaten fühlten sich dadurch gegenüber größeren Staaten, wie Deutschland und Frankreich, benachteiligt. Der daraufhin ins Leben gerufene Konvent war nach Ansicht Pötterings ein Zeichen dafür, wie transparent das Parlament über die Zukunft Europas diskutierte. Pöttering unterstrich in seiner Rede, dass das Europäische Parlament mit dem In-Kraft-Treten des Vertrages von Lissabon zu den Gewinner gehören werde. Weiterhin betonte er, wenn der Vertrag von Lissabon In-Kraft-Treten sollte, werde das Europäische Parlament seine Rechte voll wahrnehmen.
Des Weiteren wies Pöttering auf die Rolle der Europäischen Union außerhalb der Gemeinschaft hin. Die EU habe die Verpflichtung, über ihre eigenen Grenzen hinaus zu schauen und für die Einhaltung der Menschenrechte und der Demokratie einzutreten. Man dürfe keine virtuelle Mauer um die Europäische Union aufbauen, so Pöttering. Dies verdeutlichte er am Beispiel von Weißrussland, Simbabwe und Tibet. Die Europäische Union werde hier die Lage beobachten und weiterhin an der Seite unterdrückter Völker stehen. Darüber hinaus könne die Europäische Union ihre Erfahrungen und ihr Wissen weitergeben, sofern dies erwünscht sei. Dabei liegt vor allem das Augenmerk auf Afrika. Pöttering unterstrich noch einmal die Rolle von Parlamenten und betonte die Notwendigkeit von parlamentarischen demokratischen Strukturen, um eine Demokratie aufzubauen und zuerhalten. Gerade das Beispiel der EU-Osterweiterung spiegele das Zusammenwachsen einer Wertegemeinschaft wider. Pöttering fuhr fort, das sich gerade heute, am Vorabend des Referendums in Irland, die Komplexität der Europäischen Union zeige. Nur durch ein gegenseitiges Zuhören und voneinander Lernen, können gemeinsame Entscheidungen getroffen werden, dabei müsse jedoch die Vielfalt der Regionen bewahrt werden.