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Veranstaltungsberichte

Die demokratische Republik Kongo nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2006

Nationale Perspektiven und Externe Unterstützung

Der Weg zur Demokratie im 53-Millionen-Einwohner-Staat Kongo ist ein langer – und ein schwieriger noch dazu. Mittlerweile haben die Kongolesen ihre Volksvertreter zwar bestimmt, ihren Präsidenten gewählt und der unterlegene Kandidat, Jean-Pierre Bemba, hat den Sieg von Joseph Kabila auch offiziell anerkannt. Doch damit allein ist die demokratische Zukunft des Landes noch längst nicht gesichert.

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Vor welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten die Politik und die Bevölkerung in der ehemaligen belgischen Kolonie in diesen Tagen stehen, war am 30. November Thema einer Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel. Titel der Veranstaltung: „Die Demokratische Republik Kongo nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2006: nationale Perspektiven und externe Unterstützung“. „Wir wollen mit dieser Konferenz nicht nur über das Land sprechen und es in Europa ins Bewusstsein holen, sondern wir wollen den kongolesischen Verantwortlichen und ihrer Sicht auf die Dinge Gehör verschaffen“, beschrieb Wilhelm Staudacher, Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung, die Zielsetzung der Veranstaltung. Im Wesentlichen diskutierten die gut 50 Konferenzteilnehmer aus Politik, Wissenschaft, von den Vereinten Nationen und der Konrad-Adenauer-Stiftung selbst drei übergeordnete Fragen:

  1. Wie lassen sich die noch fragilen demokratischen Institutionen – insbesondere das nationale Parlament und die Provinzialversammlungen – festigen und unterstützen?
  2. Wie kann man das stark zersplitterte Parteiensystem konsolidieren?
  3. Und wie lässt sich der Sicherheitssektor so reformieren, dass auch im Osten des Landes Sicherheit gewährleistet werden kann?
Aufstände von Rebellen, Militärrevolten, bürgerkriegsähnliche Kämpfe, Hungersnot und Interventionen ausländischer Streitkräfte: Jahrelang tobte das Chaos in der heutigen Demokratischen Republik Kongo, dem Land im Herzen Afrikas. Heute nun, nach den ersten freien Parlaments- und Präsidentenwahlen seit über vier Jahrzehnten, kämpft die junge Demokratie um ihre Zukunft. Für die leidgeprüften Kongolesen bedeutet das Hoffnung – große Hoffnung auf ein sichereres Leben in mehr Wohlstand. Doch aus eigener Kraft, das ist offensichtlich, ist das neue politische System noch nicht überlebensfähig. Die unsichere Demokratie braucht Hilfe von außen, um die Herausforderungen der nächsten Wochen, Monate und Jahre zu bestehen – und sie bekommt sie auch:

„Die EU steht in der Unterstützung des demokratischen Umwandlungsprozesses auch weiterhin ganz vorne“, versprach Domenico Rosa, Mitglied im Kabinett des EU-Entwicklungskommissars Louis Michel, gleich nachdem Dr. Peter R. Weilemann, Direktor des Brüsseler Europabüros der Konrad-Adenauer-Stiftung, und Wilhelm Staudacher, Generalsekretär der Stiftung, die Teilnehmer der Kongo-Konferenz in Brüssel begrüßt hatten. Immerhin sei eine stabile demokratische Republik Kongo nicht nur für Europa, sondern auch für den Rest der Welt überaus wichtig, so Rosa bei seiner Einführung ins Thema der Veranstaltung. „Nicht nur die einheimische Bevölkerung, sondern auch die internationale Staatengemeinschaft verknüpfen große Hoffnungen und Träume mit den Wahlen dieses Jahr“, unterstrich auch Wilhelm Staudacher.

Im Augenblick befinde sich das Land an einem entscheidenden Punkt seiner Entwicklung, betonte Domenico Rosa. Von zentraler Bedeutung für die Zukunft der jungen Demokratie sei, dass die politisch Verantwortlichen die Bedürfnisse und den Willen der Menschen stärker berücksichtigten als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Bereits in den vergangenen Wochen habe er erste Beispiele beobachtet, die für die weitere Entwicklung des Landes Mut machten, sagte Rosa. So sei die Arbeit und das Verhalten der unabhängigen Wahlkommission äußerst vielversprechend gewesen. Und auch dass viele Kongolesen zum ersten Mal in ihrem Leben einen Personalausweis bekommen hätten, sei ein „erstes deutliches Zeichen an die Bevölkerung, dass sich der Staat aufbaut und eine Dienstleistung anbietet“, ohne dafür Schmiergeld oder eine andere Gegenleistung zu verlangen.

Doch ungeachtet dieser ersten positiven Schritte seit dem Urnengang im Sommer: Noch bleibt viel zu tun, um das neue politische System im Kongo überlebensfähig zu machen. „Wahlen sind lediglich ein Grundpfeiler einer jeden Demokratie“, stellte Generalsekretär Staudacher klar. „Genauso wichtig ist ein konsolidiertes Parteiensystem.“ Ebenfalls von großer Bedeutung für die Zukunft der kongolesischen Demokratie sei eine starke und unabhängige Legislative. Auch die Frage der Sicherheit sei wichtig für die weitere Entwicklung des Landes, ergänzte Kommissionsmitarbeiter Domenico Rosa. In diesem Bereich spiele nicht nur die Armee eine Rolle, sondern auch Justiz und Rechtssystem müssten weiterentwickelt werden.

Sechs lange Jahre haben 300 kongolesische Abgeordnete in einem so genannten Übergangsparlament gearbeitet. Sie waren ernannt und nicht vom Kongolesen gewählt worden – ihnen fehlte die demokratische Legitimierung durch das Volk, das sie vertreten sollten. Sechs lange Jahre, bis in den Sommer dieses Jahres hat es gedauert, bis eine Wahl unter regulären Bedingungen möglich war und die Kongolesen endlich selbst über Volksvertreter abstimmen durften. Mittlerweile ist entschieden, wer für welche Partei ins Abgeordnetenhaus zieht – doch damit steht das Land bereits vor der nächsten großen Herausforderung: Denn noch sind die jungen demokratischen Institutionen alles andere als praxiserprobt. Und so widmete sich die erste Gesprächsrunde der Konferenz am 30. November dann auch der Frage, mit welchen Problemen nationale und provinziale Parlamente derzeit stärken und wie sie sich stärken und festigen lassen.

Dabei sei eine der derzeit größten Aufgaben, zügig eine funktionierende neue Verwaltungsordnung in den derzeit elf Provinzen des Landes aufzubauen, sagte Daniel Stroux, Mitarbeiter im Programm zur Unterstützung der Übergangsinstitutionen der Vereinten Nationen. „Hinzu kommt, dass viele der gewählten Volksvertreter überhaupt keine Ahnung von politischer Arbeit haben.“

Joseph Mbenza Thubi, Interims-Präsident der kongolesischen Nationalversammlung, pflichtete Stroux bei – und bat um Schulungen für die kongolesischen Abgeordneten: „Wir brauchen unbedingt Informationen über parlamentarische und demokratische Kultur, damit keine neue Diktatur in unserem Land entstehen kann.“

Es fehle den Parlamentariern allerdings nicht nur an Wissen, sondern auch an einer funktionierenden Infrastruktur für ihre Arbeit, ergänzte Christian Brotcorne, Fraktionsvorsitzender der CDH und Mitglied in der Kommission für Auswärtige Angelegenheiten im belgischen Senat. Die Gebäude und Büros seien in keinem guten Zustand, und auch an EDV und Computern mangele es.

Einen weiteren Aspekt brachte Dr. Charles Yaovi Djrekpo in die Diskussion ein: Damit die gewählten Volksvertretungen gut funktionieren könnten, müsse auch die Rolle der Oppositionsparteien gesetzlich abgesichert werden. „Die Opposition muss in den demokratischen Instanzen ausgeübt werden können. Sie darf nicht auf die Straße abgedrängt werden“, so Djrekpo, technischer Hauptberater beim National Democratic Institute for International Affairs im Kongo. Gleichzeitig müssten die Oppositionsparteien auch die Fähigkeit entwickeln, die politischen Entscheidungen der Regierung zu kontrollieren, so Wilhelm Staudacher, Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Angesichts dieser Herausforderungen sagte Elisabeth Tison, in der Generaldirektion Entwicklung der Europäischen Kommission für Zentralafrika zuständig, der Demokratischen Republik Kongo auch mittelfristig weitere Unterstützung zu: „In diesem Jahr wird die Hilfe der EU nicht nachlassen. Und auch in den nächsten Jahren wird sie nicht ausgesetzt werden.“

Die Stabilisierung der jungen Demokratie, resümierte Gesprächsmoderator Frank Spengler, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung, hänge in erster Linie vom politischen Willen der Bevölkerung vor Ort selbst ab. „Die Hilfe von außen kann die Anstrengung der Kongolesen nur ergänzen.“

An jeder Hauswand ein Plakat mit dem Porträt des ehrgeizigen Bewerbers, an jeder Ecke Werbeveranstaltungen für diese oder jene Partei – kurz vor den Wahlen im Sommer war es deutlich zu sehen: Die Zahl der politischen Parteien in der Demokratischen Republik Kongo ist enorm hoch. Wie Pilze waren sie seit Anfang der 1990er Jahre aus dem Boden geschossen. Schier unzählige Gruppen buhlten um die Gunst der Wähler. Doch wie kann ein derart zersplittertes Parteiensystem überhaupt dauerhaft funktionieren – und wie festigt man die bestehenden Strukturen?

Um diese Fragen ging es in der zweiten Gesprächsrunde der Konferenz am späten Vormittag. „Es gibt im Kongo derzeit 273 registrierte Parteien“, erläuterte Moderatorin Andrea E. Ostheimer, die Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kongos Hauptstadt Kinshasa. „Viele von ihnen haben exotische Namen und waren der Bevölkerung bisher völlig unbekannt“, berichtete Jürgen Schröder, EU-Parlamentarier der CDU, von seinen Erfahrungen als Wahlbeobachter.

Wäre die kongolesische Parteienlandschaft nicht so zersplittert, wäre der gesamte Wahlprozess sicherlich noch deutlich transparenter abgelaufen, ergänzte Prof. Dr. Ferdinand Mushi Mugumo von der Katholischen Fakultät Kinshasa.

Die große Zahl politischer Parteien sorgte nicht nur vor der Wahl für Probleme, sondern tut das bis heute: Derzeit seien 69 Parteien bzw. Parteiallianzen im Abgeordnetenhaus vertreten, so Andrea Ostheimer – und hinzu kämen noch weitere 63 unabhängige Abgeordnete. „Damit kann man 132 verschiedene Meinungen zu einem Thema hören.“

Die große Zahl unabhängiger Parlamentarier erklärte Professor Mushi Mugumo so: Viele der heute einflussreichen, relativ jungen Parteien stießen bei einem großen Teil der Bevölkerung auf große Vorbehalte. Denn sie hätten sich oft aus militärischen Bewegungen entwickelt, die in der Vergangenheit auch vor blutiger Gewalt nicht zurückgeschreckt seien. „Und genau darum haben diese Parteien ein schlechtes Image“, so Mushi Mugumo. Viele Kongolesen hätten ihre Stimme daher lieber einem unabhängigen Kandidaten gegeben.

Im Zweifelsfall gut 130 unterschiedliche Positionen innerhalb eines einziges Parlamentes – eine effektive politische Arbeit ist unter den Bedingungen, wie sie heute im Kongo herrschen, nur schwer möglich. Die Parteien sollten sich daher unbedingt zu Koalitionen zusammenschließen, forderte Prof. Dr. Mushi Mugumo. Außerdem sei es dringend notwendig, dass sie ihre Fähigkeit ausbauten, mittel- und langfristige politische Strategien zu entwickeln. „Die Parteien müssen sich bestimmten Werten und Themen verschreiben können“, so der Wissenschaftler. „Nur so ist es möglich, politische Fortschritte zu erzielen.“

Durchaus selbstkritisch sprach Hon. Dr. Florentin Mokonda Bonza, Präsidentschaftskandidat der „Convention Démocrate Chrétienne“, eine weitere Schwierigkeit an, mit der die junge Demokratie derzeit kämpft: das problematische Selbstverständnis kongolesischer Politiker. „Oft wird die Arbeit in der Politik einfach als ein Posten verstanden, mit dem man seinen Lebensunterhalt verdienen kann“, erläuterte er, „und nicht als ein Dienst für das Volk.“ Dass hier ein Bewusstseinswandel einsetzen muss – darüber waren sich die Konferenzteilnehmer einig. Und Hon. Dr. Adolphe Onusumba, früher kongolesischer Verteidigungsminister und heute gewählter Volksvertreter, brachte den Anspruch grundsätzlich auf den Punkt: „Es darf nicht um die einzelne Person gehen, sondern die politischen Ideen müssen Vorrang haben.“

Wolle man die Parteien im Kongo stärken und damit ihre Rolle im politischen Prozess stützen, müsse man auch an einem weiteren Aspekt arbeiten, so abschließend Andrea E. Ostheimer: dem Rechtsrahmen. Zum einen brauche das Land ein klares Finanzierungssystem für politische Parteien. Und zum anderen müsse der Einfluss der Opposition – beispielsweise durch ein garantiertes Recht auf freie Meinungsäußerung – gesetzlich gesichert werden.

Auch wenn die Vereinten Nationen und die Europäische Union ihre Truppen in die Region geschickt haben, um die Wahl in der Demokratischen Republik Kongo zu sichern: Immer wieder hat man in den Wochen vor dem Urnengang von gewaltsamen Konflikten zwischen den Anhängern der konkurrierenden Präsidentschaftskandidaten in Zeitungen gelesen oder gehört. Und selbst in Brüssel, der Hauptstadt der früheren Kongo-Kolonialmacht Belgien, kam es zu hitzigen Wortgefechten der Rivalen auf offener Straße. Nur Polizisten konnten in diesen Momenten Handgreiflichkeiten verhindern. Der Kampf um die politische Macht war ein hoch emotionaler.

Mittlerweile hat sich die Situation zwar wieder etwas entspannt – aber längst nicht alle Regionen der Demokratischen Republik Kongo sind heute ungefährlich: „Vor allem im Osten des Landes gibt es noch immer ein Sicherheitsvakuum“, sagte Oliver Blake, Mitarbeiter des Department for International Development bei der britischen Regierung. Denn noch immer greifen dort Aufständische zu den Waffen und stellen sich gegen die Armee der jungen Demokratie. Um die Frage, wie der Sicherheitssektor zu reformieren sein könnte und mit welchen konkreten Problemen die Menschen vor Ort zu kämpfen haben, drehte sich die dritte und letzte Gesprächsrunde, moderiert von Alexandre de Bordelius, Oberstleutnant im EU-Militärstab beim Rat der Europäischen Union.

Einig waren sich dabei alle Teilnehmer in einem Punkt: Um die Sicherheit in dem über zwei Millionen Quadratkilometer großen Land gewährleisten zu können, muss die kongolesische Regierung gemeinsam mit der internationalen Staatengemeinschaft an vielen Bereichen gleichzeitig ansetzen. „Die Reform des Sicherheitssektors betrifft nicht nur die Armee, sondern beispielsweise auch die Polizei, die Zollverwaltung, die Flugkontrolle und den Immigrationssektor“, resümierte Colonel Barry Barnwell seine Erfahrungen aus der EUSEC-Mission im Kongo.

Die Sicherheit im eigenen Land sei grundsätzlich nur in Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten zu gewährleisten, betonte Hon. Dr. Adolphe Onusumba, ehemaliger Verteidigungsminister und heute Abgeordneter im Parlament. „Wir müssen eine gute Nachbarschaftspolitik entwickeln und sollten dazu eine internationale Friedenskonferenz in der Region der großen Seen abhalten.“

Für den Erfolg einer nationalen Sicherheitsstrategie sei es wichtig, dass die kongolesischen Behörden die entsprechenden Pläne selbst entwickelten, sagte Oliver Blake. Allerdings solle die internationale Gemeinschaft sie dabei unterstützen. UN-Mitarbeiter Daniel Stroux regte in diesem Zusammenhang an, insbesondere das Parlament so intensiv wie möglich in diese Überlegungen mit einzubeziehen – denn dabei könne es seiner politischen Kontrollfunktion gerecht werden.

Auch wenn ein umfassendes Sicherheitskonzept in der Demokratischen Republik Kongo auf mehreren Ebenen gleichzeitig greifen muss – die Diskussion der Konferenzteilnehmer machte schnell deutlich: Eine besondere Bedrohung für die Sicherheit im Land sind derzeit die Missstände innerhalb der Armee, die deren Funktionsfähigkeit stark einschränken. Denn den Soldaten, von denen sich viele bis vor nicht allzu langer Zeit noch unter der Führung von verfeindeten Kriegsherren ge genseitig bekämpft haben, fehlt es noch immer an fast allem: an Lohn, an Moral, an Ausrüstung und an Ausbildung. Und das, obwohl das Ausland bereits Hilfen geleistet hat. „Die Bedingungen, unter denen die Soldaten heute leben, sind schlicht nicht akzeptabel“, sagte Wissenschaftlerin Meike de Goede, die untersucht hat, wie die so genannten War Lords im Osten des Landes herrschen.

Zwar leiste die internationale Staatengemeinschaft Finanzunterstützung, sagte Colonel Barry Barnwell. Doch für den einzelnen Soldaten bleibe kaum Geld, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Und von dem wenigen, was ihm zur Verfügung stehe, müsse er häufig auch noch Kraftstoff für die Armeefahrzeuge finanzieren, so Barnwell. „Ihm bleiben dann vielleicht noch vier Euro im Monat. Und da ist es auch nicht mehr überraschend, wenn man Berichte hört, dass sich Militärs wie Raubvögel über andere Menschen hermachen. Anders könnten sie kaum überleben.“

Problematisch ist nach Ansicht von Colonel Barry Barnwell auch die gerade laufende Eingliederung früherer Rebellentruppen in die Armee des Staates. „Diese Integration dieser Kräfte ist in Teilen nur oberflächlich“, so Barnwell. So behalten viele neue Mitglieder des Militärs ihre alten politischen Ansichten und Überzeugungen bei und stehen nicht loyal zu der jungen Demokratie. Zumal sie mit dem bislang mageren Sold, den sie von ihrer neuen Führung bekommen, eben nicht einmal ein gutes Auskommen für sich und ihre Familie haben.

„Wenn wir aus dem räuberischen Militär eine Schutzmacht machen wollen, müssen wir es professionalisieren“, forderte Colonel Barnwell mit Nachdruck.

Schätzungsweise rund 15 Jahre würde eine solche grundlegende Reform der Armee zwar dauern. In Angriff nehmen muss man diese schwierige und langfristige Aufgabe laut Barnwell aber dennoch: „Wir werden für neue Waffen und die Ausbildung neuer Offiziere zahlen müssen. Denn wenn wir das nicht tun, werden wir im Kongo weiterhin ein stark politisiertes Militär haben.“ Und damit würde letztlich eben keine Sicherheit für die Menschen garantiert werden können.

Ob bei der Stärkung der praxisunerfahrenen Volksvertretung, bei der Konsolidierung des zersplitterten Parteiensystems oder in den heiklen Sicherheitsfragen: Die weitere Entwicklung der noch wenig gefestigten Demokratie birgt viele Risiken – aber auch Chancen, das zeigten die Gespräche während der Kongo-Konferenz deutlich. Und Andrea E. Ostheimer, Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kinshasa, bat die Diskussionsteilnehmer abschließend um noch mehr Unterstützung für die junge Demokratie auf ihrem schwierigen Weg: „Die Demokratische Republik Kongo liegt nicht nur mitten im Herzen Afrikas. Sie sollte auch eine Herzensangelegenheit für uns alle werden.“

Mirjam Stöckel

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