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Die neuen BEPS-Steuerregeln – eine Gefahr für den deutschen Mittelstand?

von Kai Zenner

DIHK-KAS Brüsseler Initiative

Im November 2015 haben die OECD- und G20-Staaten ein Maßnahmenpaket gegen „aggressive“ Steuergestaltungen international tätiger Unternehmen (Anti-„BEPS“ = Base Erosion and Profit Shifting) verabschiedet. Gut zwei Monate legte die EU-Kommission ihrerseits zwei Richtlinienentwürfe vor. Der eine soll den automatischen Informationsaustausch zwischen Staaten auf weitere Steuerdaten ausdehnen. Der andere schlägt ein Paket an Gegenmaßnahmen, u.a. eine Zinsschranke, eine allgemeine Missbrauchsklausel und Regeln zur Wegzugsbesteuerung.

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Die neuen BEPS-Steuerregeln – eine Gefahr für den deutschen Mittelstand?

26. April 2016| 12.30 – 14.30 Uhr | Europabüro Brüssel

In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) veranstaltete das Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung am 26. April 2016 einen Workshop im Rahmen der 'Brüsseler Initiative – wirtschaftspolitischer Gesprächskreis' zum Thema „Die neuen BEPS-Steuerregeln – eine Gefahr für den deutschen Mittel-stand?“. Für den von Dr. Rainer Kambeck (Bereichsleiter Finanzen und Steuern des DIHK) moderierten Austausch konnten zwei ausgezeichnete Experten gewonnen werden: Herr Markus Ferber (Mitglied des Europäischen Parlaments und Sprecher des Parla-mentskreises Mittelstand Europa) sowie Dr. Thomas Hemmelgarn (Bereichsleiter ökonomische Steueranalyse in der Generaldirektion Steuern und Zoll-union der Europäischen Kommission). Nach einem Vortrag von Herrn Dr. Hemmelgarn zu dem Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission bezüglich der neuen Steuerregelungen zu Gewinnkürzungen und -verlagerungen, wurden die Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen und das weitere Vorgehen thematisiert.

In seiner anfänglichen Einführung in den Themenkomplex betonte Dr. Thomas Hemmelgarn den äußerst passend gewählten Zeitpunkt der Diskussionsveranstaltung zu den neuen Steuerregelungen innerhalb der Europäischen Union. Seiner Erkenntnis nach handle es sich bei der allgemeinen Debatte um die zweite ihrer Art, welche nun erstmals auch im Europäischen Rat stattfinde und eine neue Dynamik entwickelt habe. Auch Herr Ferber verwies nachfolgend auf den erneuten aber sich geänderten Anlauf zu einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage innerhalb der Union.

Die neuen BEPS-Steuerregeln

Am 28. Januar 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag für EU-weite Regelungen bezüglich der unternehmerischen Steuervermeidung. Das „Anti Tax Avoidance Package“ (ATAP) fordert die Mitgliedsstaaten dazu auf, sich auf einen internationalen Standard zu einigen, welcher Gewinnkürzungen und –verlagerungen durch multinationale Unternehmen („Base Erosian and Profit Shifting“, BEPS) entge-genwirkt. Laut Aussage von Dr. Rainer Kambeck richte sich der neu angestoßenen BEPS-Prozess vorrangig gegen Steuervermeidung. Gleichwohl vermerkte Markus Ferber, dass die Veröffentlichung der neuen Vorschläge einen Druck auf Politiker und Unternehmen ausübe und nach weiteren Handlungsschritten verlange. Bezüglich der Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission äußerte er sich äußerst positiv. Das Parlament habe lediglich eine beratende Funktion, allerdings würde die Kommission durchaus Anmerkungen und Wünsche aufgreifen. Die Zusammenarbeit bei Fragen der Steuerregelung gestalte sich daher angenehm.

Die gemeinsame Zielrichtung

Der Vorschlag der Europäischen Kommission verfolgt mehrere Ziele: Dr. Hemmelgarn hob hierbei insbesondere die Sicherstellung der Steuergerechtigkeit, die Schaffung einer Bemessungsgrundlage, die Verbesserung des Geschäftsumfeldes und die Rechtssi-cherheit für den Binnenmarkt als Zielset-zungen hervor. Eine Europasteuer werde hingegen nicht angestrebt. Der Vorschlag der Kommission konzentriere sich auf Fragen der Steuergerechtigkeit. Dr. Thomas Hemmelgarn erläuterte, dass die Öffentlichkeit nicht den Eindruck bekommen dürfe, dass sich einige Wenige der Steuer entziehen würden, da dies negative Auswirkungen auf die Steuermoral haben könne. Ergänzend fügte Markus Ferber hinzu, dass auch die Mitgliedstaaten ihre Aufgaben zu erfüllen hätten, um sicherstellen zu können, das alldiejenigen, die einen Beitrag leisten, sich auch fair behandelt fühlten.

Herr Dr. Kambeck vom DIHK unterstrich an dieser Stelle, dass das Ziel der Kommission nicht die vermehrte Belastung der Unternehmen sei. Er sieht die gemeinsame Zielrichtung der Kommission und des Parlaments vielmehr darin, Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Ferber bestärkte diese Aus-sage. Es sollen keine zusätzlichen bürokratischen Lasten für Mittelständler entstehen, sondern lediglich steuerliche Ausweichmöglichkeiten verhindert werden. In der Diskussionsrunde merkte Herr Dr. Hemmelgarn an, dass es sich bei dem Vorschlag der Kommission um den Versuch handle, das Steuerrecht für Unternehmen zu vereinfachen. Des Weiteren solle hiermit ein klares Signal nach außen gesandt werden, welches die geschäftsfreundliche Gestaltung der Richtlinie hervorhebe.

Zukünftige Schritte

Die Kommission sieht eine zeitnahe Implementierung des Vorschlags vor. Die niederländische Ratspräsidentschaft würde den Themenkomplex weiter intensiv begleiten sowie versuchen verbesserte Bedingungen für Unternehmen und ein „Level Playing Field“ zu schaffen. Das Anti Tax Avoidance Package tangiert mehrere Bereiche. Aus diesem Grund ist der Vorschlag zudem in rechtlich bindende Maßnahmen (wie zum Beispiel die „Anti Tax Avoidance Directive“, welche sich gegen Steuerhinterziehung richtet) und Empfehlungen (wie diejenigen zum Schutz einzelner Steuerabkommen) unterteilt. Dr. Hemmelgarn verwies darauf, dass die Überarbeitung von Abkommen und die Umsetzung von Richtlinien ihre Zeit in Anspruch nehmen würden.

Im Hinblick auf die Zukunft von Unternehmen stellte der Moderator, Dr. Kambeck, folgende Frage: Wird zukünftig noch viel mehr auf die Unternehmen zukommen, als man ursprünglich annahm?

Beispielsweise bezeichnete er die Bestre-bung nach einer vermehrten Steuertransparenz und somit die Veröffentlichung von Un-ternehmensdaten, als durchaus beunruhi-gend. Markus Ferber entgegnete dieser Befürchtung mit der Bekräftigung, dass das Steuergeheimnis in jedem Falle weiterhin gewahrt sein müsse. In Bezug auf die Zukunft von Unternehmen lies Dr. Hemmelgarn verlauten, dass es beabsichtig sei, die neuen Steuerregelungen auf eine Weise zu gestalten, welche die Investitionsmöglich-keiten nicht verschlechtern würde.

Rückschluss der Diskussionsteilnehmer

Getreu dem Leitspruch „Es muss etwas geschehe, aber es darf nichts passieren.“ nannte Dr. Hemmelgarn den Steuerwettbewerbsdiskurs als wichtig, jedoch auch als politisch schwierig. Es sollte daher anfänglich ein vermehrter Fokus auf die gemeinsame Bemessungsgrundlage gelegt werden. Er ergänzte, dass der politische Wille hierbei von immenser Wichtigkeit sei.

Markus Ferber brachte zum Ausdruck, dass er die BEPS-Initiative sehr begrüße und auf eine schnelle Bearbeitung durch den Rat hoffe. Er wünscht sich einen ausgewogenen Ansatz, welcher große Zustimmung innerhalb der Institutionen finden werde.

XENIA STOLL

KAI ZENNER

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