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Veranstaltungsberichte

Regling sieht Europa auf gutem Weg aus der Krise

von Michael Herrmann, Barbara Schmickler

ESM-Chef beim Adenauer-Forum

Klaus Regling, Leiter des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), sprach am 4. Dezember bei einem Adenauer-Forum des Europabüro Brüssel der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er zog Bilanz der Euro-Krisenstrategie und zeigte Perspektiven für das weitere Vorgehen auf.

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„Erste Erfolge und weitere Schritte“

lautete der Titel des Vortrags von

Klaus Regling. Seit über zwei Jahren

leitet der Deutsche die Europäische

Finanzstabilisierungsfazilität

(EFSF) in Luxemburg und seit

zwei Monaten auch den ESM. Das

Thema ist aktuell: Wenige Tage

zuvor hatte die Ratingagentur

Moodys die Bonitätsnoten von

ESM und EFSF um eine Stufe auf

„Aa1“ abgesenkt. Die Euro-

Finanzminister hatten in der letzten

Woche ein Bündel an Änderungen

am zweiten Griechenland-

Hilfspaket ausgehandelt. Das Volumen

bleibt allerdings konstant.

Damit verbunden ist die Freigabe

einer Tranche in einer Höhe von

über 40 Milliarden Euro für Athen.

Auch der Bundestag hat den Hilfsmaßnahmen

zugestimmt.

Ebenfalls in der vergangenen Woche

hat die Kommission einen Vorschlag

vorgelegt, wie eine vertiefte

Wirtschafts- und Währungsunion

aussehen könnte. Damit, so

sagte Kommissionspräsident Barroso,

sollte auch die Vertrauenskrise

überwunden werden, unter der die

Volkswirtschaften leiden und die

sich auf das Leben der Bürger

auswirkt. Der Dezembergipfel der

Staats- und Regierungschefs wird

sich ebenfalls um dieses Thema

drehen.

Schrittweise vertiefte WWU
Ein Teil der, von der Kommission auf die Agenda gebrachten Vorschläge, lässt sich auf der Grundlage der geltenden Verträge erreichen, es sind jedoch auch Vertragsänderungen erforderlich. Kurzfristig (innerhalb von 6 bis 18 Monaten) soll zwei Projekten höchste Priorität eingeräumt werden: dem bereits vereinbarten wirtschaftspolitischen Reformen (Sixpack) und den derzeit erörterten Reformen (Twopack).

Die Mitgliedstaaten sollten, so fordert

die Kommission, außerdem bis

Ende des Jahres eine Einigung über

den rechtlichen Rahmen eines einheitlichen

Aufsichtsmechanismus

für Banken anstreben. Das

gilt als zentrale Voraussetzung für

eine direkte Rekapitalisierung von

Banken durch den ESM. „Eine einheitliche

Bankenaufsicht bei der

EZB wird kommen“, sagte Regling.

Er forderte, diese müsse nicht nur

rechtlich eindeutig sein, sondern

vor allem funktionieren. Dabei

verwies er auf EZBDirektoriumsmitglied

Jörg Asmussen, der gesagt habe, die EZB

brauche das Jahr 2013, um sich

auf die Umsetzung der Bankenaufsicht vorzubereiten. Derzeit gebe

es keine Mitarbeiter, das Personal

müsse zunächst eingestellt werden.

Die Ausgestaltung der Bankenaufsicht

war bereits beim Oktober-

Gipfel der Staats- und Regierungschefs

Thema.

Eine wirksame Bankenunion würde

nicht nur die Einrichtung eines einheitlichen

Aufsichtsmechanismus,

sondern nach dessen Annahme

auch die Schaffung eines einheitlichen

Abwicklungsmechanismus für

in Schieflage geratene Banken erfordern.

Bei der gemeinsamen Einlagensicherung

äußerte Regling

seine Bedenken über die sehr ungleichen

Ausgangsbedingungen in

den einzelnen Staaten.

Klaus Regling machte in seinem

Vortrag deutlich, dass die Krisen-

Strategie erste Erfolge zeige. „Die

Wettbewerbsfähigkeit hat sich

massiv verbessert“, sagte er. Die

Anpassung der Krisenländer ist bereits

zur Hälfte erfolgt, doch bei

den Menschen kämen nur die Lasten

an. Als Ökonom schaue man

sich die Frühindikatoren an, diese

seien positiv. So stiegen die Exporte

in den Krisenländern. Doch: „Die

Anpassung ist noch nicht zu Ende,

es muss weitergehen“, forderte

Regling.

Unterschiede: ESM und EFSF
Den ESM gibt es seit zwei Monaten, die EFSF seit über zwei Jahren. Die Instrumente sind identisch, beide vergeben Kredite. Die EFSF wurde als temporäre Institution nach privatem luxemburgischen Recht geschaffen, während der ESM auf einem internationalen Vertrag beruht und dauerhaft angelegt ist. Die EFSF arbetiet mit Garantien der 17 Euro-Staaten, der ESM mit einer großen Summe Eigenkapital.

In seiner Rede erklärte Regling,

mit dem ESM und EFSF habe man

sich die Erfahrung des Internationalen

Währungsfonds (IWF) nach

Europa geholt. „Die Märkte sind am

Anfang immer zweifelnd, das war

beim IWF auch nicht anders. Doch

in der deutschen Öffentlichkeit wird

dies anders wahrgenommen“, sagte

auch Regling.

Als akutes Problemfeld sah Regling

das Bankensystem und die Renationalisierung

der Banken an.

„Hier stehen wir ganz am Anfang“,

sagte er. Während im Bereich der

Geldpolitik keine länderspezifischen

Maßnahmen ergriffen werden

könnten, sei das hingegen bei den

Banken möglich. Regling lobte,

dass die Banken ihre Mittel erhöht

hätten, davon drei Viertel mit frischem

Kapital.

Regling kritisierte, dass die Ratingagentur

Moody’s ESM und EFSF

gleichzeitig in der Bonität herabgestuft

habe. „Beim ESM ist das ohne

jede Begründung“, sagte Regling

und verwies auf das große Eigenkapital.

Die Herabstufung habe jedoch

an den Märkten keine Reaktion

gezeigt.

Die EFSF unterstützt aktuell drei

Anpassungsprogramme: Portugal,

Griechenland und Irland. Die Länder

bekommen insgesamt 192 Milliarden

Euro. Dem spanischen Antrag

auf Finanzhilfe zur Kapitalisierung

der Banken wurde stattgegeben.

Die Anfrage von Zypern steht

vor der Genehmigung. Hier seien

jedoch die absoluten Zahlen wegen

der geringen Größe der zypriotischen

Volkswirtschaft niedrig.

Aktuell befinden wir uns in einer

Übergangsphase, sagte Regling. Ab

dem Sommer 2013 gibt es keine

weiteren EFSF-Hilfsprogramme

mehr, dann greift der ESM. Bis

2014 wird das Kapital in Tranchen

an den Stabilitätsmechanismus gezahlt.

Regling sprach sich für eine Zusammenarbeit

von ESM und Europäischer

Zentralbank (EZB) aus.

Der Vorteil dabei: Ein Land bekomme

nur Unterstützung, wenn

Konditionalität, also eine Verpflichtung zu Reformen, gegeben sei.

„Im Moment ist keine Aktion der

EZB notwendig, aber das Instrument

zeigt trotzdem seine Wirkung

und beeindruckt die Märkte”, sagte

der ESM-Chef.

Regling kritisierte die starke negative

Darstellung der Medien, die

nicht mitteilten, welche Erfolge

schon erzielt worden seien. Er verwies

außerdem auf die vielen Gewinne,

die die EZB durch ihre Interventionen

am Sekundärmarkt

erzielt hätte.

„Die europäische Integration ist

nicht in einer Sackgasse, sie geht

weiter“, sagte er. Die politische

Union müsse sich ebenfalls weiterentwickeln

und mehr demokratische

Legitimation erhalten.

In der anschließenden Diskussion

sagte Regling, dass es sein kann,

dass die Hälfte des Weges, die

noch in der Krise zurückzulegen

sei, schwieriger werden könnte als

der erste Teil. So könnten Regierungswechsel

das weitere Vorgehen

beeinflussen. Länder wie Irland

oder Spanien hätten aber gezeigt,

dass die Anpassung auch mit Regierungswechseln

weiter vorangetrieben

wird. Griechenland nannte

Regling einen Sonderfall aufgrund

der Schwere der Probleme. „Griechenland

ist das einzige Land, wo

private Gläubiger einen Schuldenschnitt

hinnehmen mussten. Das

bedeutet ein massiver Eingriff in

Eigentumsrechte“, sagte er. Auch

politische Fehler schloss Regling

bei 17 Regierungen, die an der Euro-

Krisenstrategie beteiligt sind,

nicht aus.

Die Perspektive der Währungsunion

sah Regling positiv: „Ich bin überzeugt,

dass noch mehr Länder dem

Euroraum beitreten werden“, sagte

er.

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