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Rechtsextremismus und das Grundgesetz

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Für die meisten Rechtsextremisten ist klar: Das Grundgesetz ist eine Verfassung, die sie nicht akzeptieren wollen. Das hat mit zwei Gründen zu tun: mit seiner Entstehung als angebliches „Besatzungsdiktat“ einerseits und mit seinem Inhalt andererseits.

Sämtliche Varianten des Rechtsextremismus gingen nach 1945 zunächst von einer Kontinuität des Deutschen Reiches aus. Von einem wirklichen Neuanfang, wie er mit der Gründung der beiden deutschen Teilstaaten in sehr unterschiedliche Richtungen unternommen wurde, wollten sie nichts wissen. Die Nationalsozialisten unter ihnen hielten an der angeblichen Legitimität der letzten von Hitler eingesetzten Reichsregierung unter Admiral Dönitz fest, während die deutschnationale Richtung eher auf die Reichsgründung 1871 Bezug nahm. Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee - er entwarf das Grundgesetz - galt beiden als Versammlung willfähriger Marionetten der (westlichen) Besatzungsmächte. Zudem werde durch ihre Arbeit die sich abzeichnende Spaltung Deutschlands in zwei Staaten verschärft - hier argumentierten Rechtsextremisten ebenso wie die Vertreter der Kommunisten im Parlamentarischen Rat.

In den folgenden Jahrzehnten träumten Rechtsextremisten stets die „Reichsidee“; die Bundesrepublik ebenso wie die ihnen zumeist verhasste SED-Diktatur in der DDR sahen sie als illegitime politische Ordnungen. Nach der deutschen Einheit ist diese Idee absurder denn je.

Mindestens ebenso entscheidend für die Ablehnung des Grundgesetzes durch Rechtsextremisten ist aber, dass es ihren politischen Vorstellungen grundsätzlich widerspricht. Es lehnte sich nicht nur an angelsächsische Verfassungstraditionen an, sondern bedeutete auch eine vollständige Parlamentarisierung und konsequente Demokratisierung. Es widersprach damit allen Neigungen von Rechtsextremisten zu einer autoritären, „über den Parteien“ stehenden Regierung. Ihrer Idee eines ethnisch homogenen Volkes entsprach das Grundgesetz mit seiner Betonung der individuellen Menschenrechte und der im parlamentarischen System üblichen Aushandlung von Kompromissen zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen überhaupt nicht. Die NPD brachte dies in einer internen Schulungsbroschüre 2006 in ihrer Ausdrucksweise auf den Punkt: „Das Grundgesetz hat Entstehungs- und Strukturmängel: Es ist ein Diktat der Westalliierten, es ist vom deutschen Volk nie in einer Volksabstimmung abgesegnet worden, die Grundrechtsbestimmungen triefen vor Menschenrechtstümelei und stellen Deutsche im eigenen Land faktisch mit Ausländern gleich, und das Grundgesetz hat einem gemeinwohl-schädigendem Individualismus und Parteienregime den Weg geebnet.“ (1)

Rudolf van Hüllen


 

(1) Broschüre der NPD „Argumente für Kandidaten und Funktionsträger - eine Handreichung für die öffentliche Auseinandersetzung“, S. 30, 2006.

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Felix Neumann

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