Herkunft und Studium
Paul Franken wurde am 19. Dezember 1903 in Mönchengladbach geboren. Da seine Heimatstadt der Sitz des „Volksvereins für das katholische Deutschland“ war, lernte er schon früh den Verbandskatholizismus kennen. Nach dem Abitur 1923 begann er in Bonn ein Theologiestudium - offenbar mit dem Wunsch, Priester zu werden.
Wie zu dieser Zeit üblich, trat Franken 1924 in eine Studentenverbindung ein und schloss sich dem Katholischen Studentenverein (KStV) „Arminia“ in Bonn an. Der Verbindung gehörten damals u.a. der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer, der Reichskanzler Wilhelm Marx, der Oberbürgermeister von Mönchengladbach Franz Gielen und der Düsseldorfer Stadtsyndikus Walther Hensel an. Durch den KStV Arminia lernte Franken auch den Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV) kennen.
Im Wintersemester 1925/26 wechselte er zur Philosophischen Fakultät um Geschichte, Philosophie und Öffentliches Recht zu studieren. 1926 ging er für ein Semester nach Berlin. Kurz nach seinem Studium, das er 1929 mit einer Promotion bei Aloys Schulte beendete, übernahm er 1930 das Amt des stellvertretenden Geschäftsführers des KV.
Geschäftsführer des KV und Widerstand
Obwohl Franken nach der Promotion zunächst eine Habilitation anstrebte, fühlte er sich doch stärker zur politischen Arbeit im katholischen Verbandswesen hingezogen. Im Mai 1932 übernahm er deshalb die Geschäftsführung des KV von Johannes Henry, der ebenfalls Mitglied der Arminia war. Schnell merkte er jedoch, vor welchen Herausforderungen der KV – angesichts der Gefahr durch den immer stärker werdenden Nationalsozialismus – stand. In eindringlichen Appellen warnte er die Mitglieder des KV vor der totalitären Bewegung, deren Ideologie er für unvereinbar mit den Lehren der katholischen Kirche hielt. Eine Mitgliedschaft in der NSDAP war seiner Ansicht nach für Katholiken ausgeschlossen.
Nach der Machtübernahme Hitlers musste Franken als Geschäftsführer des KV dann selbst 1934 die Aufgabe des Katholizitätsprinzips und den zwangsweisen Zusammenschluss aller katholischen Verbindungen zum „Kartellverband deutscher Burschenschaftlicher Verbindungen“ vollziehen, dem im März 1936 die endgültige Auflösung des Verbandes folgte. Dadurch arbeitslos geworden, schlug er sich nun als Privatlehrer durch. Ab 1936 leitete er noch den Altherrenbund des KStV Arminia, bis auch dieser im Juni 1938 polizeistaatlich aufgelöst wurde.
Nachdem die katholischen Bischöfe Ende März 1933 in einer Erklärung ihre Ablehnung des Nationalsozialismus aufgegeben hatten, trat Franken im Mai 1933 in die NSDAP ein. Er hatte wohl die Hoffnung, als Parteimitglied mehr erreichen zu können als ein Außenstehender und glaubte an eine Einigung zwischen NS-Regime und katholischer Kirche.
Spätestens mit der Ermordung von Regimegegnern im Zusammenhang mit dem „Röhm-Putsch“ musste er aber seinen Irrtum einsehen und nahm Kontakt zu Widerstandskreisen auf. Die von ihm geführte Geschäftsstelle des KV in Bonn schon bald zu einem Treffpunkt für Regimegegner. Seit 1936 bildete er mit Walther Hensel – ebenfalls Mitglied der Arminia, dem Kölner Rechtsanwalt und Reichstagsmitglied Edmund Forschbach und dem Zentrumsabgeordneten Johannes Schauff eine Widerstandsgruppe, zu dem später auch der christliche Gewerkschafter Heinrich Körner und der Duisburger Rechtsanwalt Franz Etzel gehörten. Der Kreis nahm Kontakt mit der Düsseldorfer Gruppe um Robert Lehr und Karl Arnold sowie mit dem Ketteler-Haus in Köln auf. Außerdem wurden Verbindungen zu Josef Müller in München sowie zu Josef Wirmer und Jakob Kaiser in Berlin geknüpft. Mutig und opferbereit stellte Franken nicht nur seine Kontakte zu katholischen Akademikern und Christlichen Gewerkschaftern in den Dienst des Widerstandes, sondern gab auch regimekritische Schriften weiter.
Kontakte zu Konrad Adenauer
Intensiv bemühte sich Paul Franken in dieser Zeit auch, den 1933 abgesetzten und nun verfemten Kölner Oberbürgermeister, Konrad Adenauer, für den Widerstand zu gewinnen. Immer wieder suchte er Adenauer zunächst im Kloster Maria Laach und später in Rhöndorf auf und informierte ihn über die Aktivitäten des Widerstandes. 1935 und 1936 vermittelte er auch vereinzelte Treffen mit Widerständlern, wie Adam Stegerwald, Heinrich Körner und Jakob Kaiser.
Adenauer blieb aber vorsichtig und ließ sich nur unterrichten, jede Mitarbeit lehnte er ab. Das offene Agieren von Franken bezeichnete er als „Dummheit“. Trotzdem brach er den Kontakt zu Franken auch nach dessen Verhaftung 1937 nicht ab und ließ sich weiter über die Tätigkeit des Widerstandes informieren. Ab 1939 fanden die Treffen allerdings getarnt im Hinterzimmer eines mit Adenauer befreundeten Bonner Zahnarztes statt.
Verhaftung und Kriegsdienst
Nachdem am 1. November 1937 Walther Hensel von der Gestapo verhaftet worden war, folgte ihm wenige Tage später auch Franken. Er wurde wegen Verstoßes gegen das „Heimtückegesetz“ angeklagt. Da es ihm vorher gelungen war, belastendes Material zu vernichten, musste die Anklage jedoch fallengelassen werden. Trotzdem blieb Franken bis Januar 1939 in Haft. Nach seiner Freilassung musste er sich wöchentlich bei der Gestapo melden und blieb unter Beobachtung.
Er nahm nun in München ein Lehramtsstudium auf. 1940 kehrte er wieder nach Bonn zurück, doch wurde ihm die Zulassung zum Examen verweigert und er durfte auch nicht publizieren. Ende 1942 zum Kriegsdienst eingezogen, kam Franken, der 1940 aus der NSDAP ausgeschlossen worden war, zunächst zur Wehrwirtschaftsstelle der Wehrmacht nach Köln. Von dort wurde er von dem von Admiral Canaris geleiteten Amt Ausland/Abwehr der Wehrmacht nach Rom geschickt. Zur Tarnung seiner Nachrichtentätigkeit war er offiziell beim Deutschen Historischen Institut angestellt. Tatsächlich sollte er aber Kontakte zwischen dem Vatikan und Widerstandskreisen in Berlin vermitteln. Seine genauen Tätigkeiten in Rom sind aber bis heute unklar. Wie Franken später angab, habe er sich mehrfach mit Papst Pius XII. getroffen. Im März 1944 kehrte Franken nach Bonn zurück und wurde auf Drängen der Gestapo am 30. Juni 1944 aus der Wehrmacht entlassen. Als nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 zahlreiche Regimegegner verhaftet wurden, tauchte Franken bis Kriegsende in Bonn unter.
Direktor der Bundeszentrale für Heimatdienst
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches beteiligte sich Paul Franken aktiv am Wiederaufbau des KStV Arminia und an der Gründung der CDU in Bonn, ohne sich allerdings kommunalpolitisch zu betätigen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er weiter als Privatlehrer. 1947 wurde er entnazifiziert und als politisch Verfolgter anerkannt. Trotzdem gelang es ihm zunächst nicht, beruflich Fuß zu fassen und er musste von seinem Bruder unterstützt werden. Warum Franken 1949 nicht auf das Angebot Adenauers einging, der ihm ein Amt in der künftigen Bundesregierung antrug – wie er später berichtete, hätte er Leiter des Bundespresseamtes werden sollen – ist nicht überliefert. Stattdessen übernahm er im Juni 1949 eine Dozentenstelle für Staatsbürgerkunde an der Pädagogischen Hochschule in Vechta, wo er ab 1950 als Direktor amtierte. Als ihm Adenauer jedoch 1952 die Leitung der neugeschaffenen Bundeszentrale für Heimatdienst anbot, kehrte er nach Bonn zurück.
Als Gründungsdirektor der Bundeszentrale trug der überzeugte Demokrat und begeisterte Pädagoge in den folgenden Jahren viel dazu bei, den demokratischen und europäischen Gedanken in der Bevölkerung zu verbreiten. Außerdem gehörte die Aufklärung über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus und die Abwehr des Kommunismus zu den Kernthemen der neuen Behörde. Als Information über die Arbeit der Exekutive und der Legislative gab die Bundeszentrale seit 1952 die Wochenzeitung „Das Parlament“ heraus. Neben Publikationen wie den „Informationen zur politischen Bildung“ gehörten ab 1953 auch Lehrfilme und Preisausschreiben zu ihrem Angebot. Bis 1960 gelang es Franken den Etat seines Hauses, das 1963 in Bundeszentrale für politische Bildung umbenannt wurde, zu vervierfachen. Im gleichen Jahr fand die erste Studienreise der Bundeszentrale nach Israel statt – zwei Jahre vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen.
Bei seiner Pensionierung im Dezember 1968 wurde Franken mit dem großen Bundesverdienstkreuz geehrt. Als erster Direktor der Bundeszentrale hatte er die Behörde zu einer geachteten Institution gemacht und die politische Bildung in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend geprägt. Daneben engagierte sich Paul Franken auch an führender Stelle im KV. Von 1951 bis 1957 und erneut von 1961 bis 1965 hatte der ruhige und zurückhaltende Franken den Vorsitz des KV inne.
Er starb kurz vor seinem 81. Geburtstag am 15. Dezember 1984 in Bonn.
Lebenslauf
- 1923-1932 Studium der Theologie, Geschichte, Philosophie und Staatsrecht in Berlin und Bonn
- 1929 Promotion
- 1930-1936 Angestellter bzw. Geschäftsführer des Kartellverbandes Katholischer Studentenvereine (KV)
- 1933 Eintritt in die NSDAP
- 1937-1939 Gestapo-Haft
- 1939-1942 Lehramtsstudium und Nachhilfelehrer
- 1942-1944 Kriegsdienst u.a. beim Amt Ausland/Abwehr in Rom
- 1944/45 untergetaucht
- 1945-1949 Nachhilfelehrer
- 1947 entnazifiziert, als politisch Verfolgter anerkannt
- 1949 Hochzeit mit Gertrud Bullerkotte
- 1949 Dozent an der Pädagogischen Hochschule Vechta
- 1950-1952 Direktor der Hochschule
- 1951-1957 und 1961-1965 Vorsitzender des KV
- 1952-1968 Direktor der Bundeszentrale für Heimatdienst bzw. für politische Bildung in Bonn
Literatur
- Esser, Theodor Richard: Erinnerungen an Paul Franken, in: Arminenblätter Nr. 107/1988, S. 10-16.
- Feldkamp, Michael F.: Paul Franken (1903-1984). Direktor der Bundeszentrale für politische Bildung, in: Günter Buchstab/Brigitte Kaff/Hans-Otto Kleinmann (Hg.): Christliche Demokraten gegen Hitler. Aus Verfolgung und Widerstand zur Union, Freiburg 2004, S. 172-178.
- Feldkamp, Michael F.: Paul Franken, in Siegfried Koß/Wolfgang Löhr (Hg.): Biographisches Lexikon des KV, Teil 6, Köln 2000, S. 30-34.
- Forschbach, Edmund: Edgar Julius Jung – ein konservativer Revolutionär. 30. Juni 1934, Tübingen 1984.
- Gielen, Victor: Paul Franken (1903-1984), in: Michael F. Feldkamp (Hg.): Arminia 1863-1988. Festschrift zum 125. Bestehen des Katholischen Studentenvereins Arminia, Bonn 1988, S. 221-224.
- Schröder, Stephen: Dr. Paul Franken (1903-1984). Ein katholischer Akademiker in den rheinischen Widerstandskreisen, in: HPM 17/2010, S. 175-203.