Werner Zeyer wurde am 25. Mai 1929 im damals zum dem Völkerbund unterstellten Saargebiet gehörigen Oberthal geboren. Er stammte aus einem katholischen Familienumfeld, der Vater war als Eisenbahnoberrottenmeister angestellt. Nach dem erfolgreichen Abitur in Neunkirchen im Jahr 1949 begann er das Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Saarbrücken. Nach dem Bestehen des Ersten juristischen Staatsexamens 1953 und des Assessorexamens 1956 wurde Zeyer zunächst als Richter in der Landeshauptstadt, später dann in Neunkirchen tätig. 1958 wechselte er als Regierungsrat in die Saarbrückener Staatskanzlei. Hiernach arbeitete er ab 1959 als Amtsgerichtsrat in Ottweiler.
1955 heiratete er seine Frau Edith (geb. Latz), mit welcher er drei Kinder bekam.
Einstieg in die Landespolitik
1955 trat er in die CDU ein, gehörte damit der CDU Saar praktisch seit der Gründung des Landesverbandes an. Zu dieser Zeit war eine politische Betätigung im Saarland eigentlich noch verboten. Auch bei der Gründung der Jungen Union (JU) Saar wirkte er mit und war anschließend deren Vorsitzender. Auf dem Deutschlandtag der JU vom 11. bis 13. Juli 1958 in Konstanz wurde er als Beisitzer in den Bundesvorstand der JU gewählt und gehörte diesem bis 1961 an.
Seit 1961 war er Landrat des Landkreises St. Wendel. Bei seiner Wahl war er der jüngste Landrat in der gesamten Bundesrepublik. Ein besonders nachhaltiges Vermächtnis seiner Amtszeit war die Initiation des Bostalsees, eines wichtigen Stausees und Tourismusprojekts im nördlichen Saarland. Auch machte er sich um die Ansiedlung von Industriebetrieben und Lehrwerkstätten im Landkreis verdient. Ebenfalls 1961 wurde er zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der CDU Saar gewählt.
Bei der Bundestagswahl am 19. November 1972 wurde Zeyer im damaligen Wahlkreis 247 Ottweiler (heute: 298 St. Wendel) mit 49,3 Prozent der Erststimmen direkt in den Deutschen Bundestag gewählt. Diesen Erfolg konnte er bei der Bundestagswahl am 3. Oktober 1976 mit 50,9 Prozent der Stimmen wiederholen. Im Rahmen seiner Abgeordnetentätigkeit in Berlin konzentrierte er sich vor allem auf Belange der Wirtschaftspolitik.
Weiterhin gehörte er von 1976 bis 1978 dem Europäischen Parlament an. 1978 stieg er nach 17 Jahren als Stellvertreter zum Landesvorsitzenden der CDU Saar auf.
Wahl zum Ministerpräsidenten
Nachdem der langjährige Ministerpräsident Franz-Josef Röder eigentlich zunächst Kultusminister Werner Scherer und dann Rechtspflegeminister Rainer Wicklmayer für seine Nachfolge im Landesvorsitz und dem Ministerpräsidentenamt favorisiert hatte, sprach er sich am 25. Juni 1979 für Zeyer als nächsten Ministerpräsidentenkandidaten aus. Zuvor hatte die CDU Saar ihren neuen Landesvorsitzenden auf dem Landesparteitag im Mai 1979 bereits mit 94,5 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Da Röder am nächsten Tag im Amt verstarb, wurde dieser letzte Wunsch des Landesvaters erfüllt: Durch die Stimmen von CDU und FDP wurde Zeyer als neuer Ministerpräsident eingesetzt. Mit der Amtsübernahme verzichtete er auf sein Mandat im Deutschen Bundestag.
Er nahm keine unmittelbaren Änderungen am Kabinett vor. Ohnehin übernahm er ein schweres Erbe: Sein Vorgänger hatte mehr als 20 Jahre als Ministerpräsident des Saarlands gewirkt und zeichnete für vier gewonnene Landtagswahlen in Folge verantwortlich. Die Zeit (19. Oktober 1979) attestierte Zeyer nach 100 Tagen im Amt eine bisher unter dem Radar der Öffentlichkeit verlaufene „Bilderbuchkarriere“, er sei aber „nicht der Typ Landesvater, der Röder auf seine souverän-umgängliche Art war“.
Bei der Landtagswahl am 27. April 1980 wurde die CDU Saar mit 44,0 Prozent der Stimmen zum ersten Mal in ihrem Bestehen nur zweitstärkste Kraft, ein Verlust von 5,1 Prozent der Stimmen gegenüber der vorherigen Wahl. Daraufhin kam es zur Fortsetzung der seit 1977 bestehenden Koalition mit der FDP. Die eigentliche Formsache der Wahl zum Ministerpräsidenten entwickelte sich jedoch zum Politikum: Im ersten Durchgang zur Wahl des Ministerpräsidenten am 21. Mai 1980 verweigerten Zeyer drei Abgeordnete der Regierungskoalition die Zustimmung, die Wahl kam nicht zustande. Bei der fraktionsinternen Probeabstimmung am Tag zuvor hatten ihm noch alle CDU-Abgeordnete ihrer Unterstützung versichert. Für erheblichen Unmut hatte eine Kabinettsumbildung gesorgt, welche die Nominierung des aus Baden-Württemberg stammenden, bisherigen Bundestagsabgeordneten Gerhard Zeitel als Finanzminister und des parteilosen Professors Wolfgang Knies als Kultusminister an Stelle zweier verdienter Landespolitiker vorsah. Erst zwei Tage später konnte Zeyer während des zweiten Durchgangs mit einer unveränderten Kabinettsliste alle Koalitionsstimmen auf sich vereinen. Er hatte zuvor bekundet, kein mögliches drittes Mal anzutreten.
Am 24. Oktober 1980 übernahm Zeyer turnusmäßig die einjährige Präsidentschaft des Bundesrates.
Auf dem Landesparteitag am 16. Mai 1981 in Saarbrücken scheute Zeyer sich nicht davor, den Finger in die Wunde zu legen. Er monierte eine mangelnde Geschlossenheit innerhalb des Landesverbands und das angespannte Verhältnis zwischen seiner Landesregierung und der Landtagsfraktion. Die Bestätigung als Landesvorsitzender erfolgte, wenngleich mit weniger Zustimmung als zwei Jahre zuvor. Auch auf dem Landesparteitag am 4. Juni 1983 in Saarbrücken erfolgte, wiederum mit sinkenden Zustimmungswerten, seine erneute Wiederwahl als Landesvorsitzender.
Die Legislaturperiode nach der Landtagswahl 1980 stand in besonderem Maße unter dem Zeichen der Stahlkrise. Die Landesregierung kämpfte intensiv und über Jahre hinweg um den Erhalt des Montankerns im Saarland, der zentralen Industrie des Bundeslandes: Ein Viertel der Arbeitsplätze war mit der eisenschaffenden Industrie verknüpft. 1980 hatte sich etwa die Zahl der unmittelbar in der saarländischen Stahlbranche Beschäftigten auf 24.000 reduziert, mehr als 40.000 Menschen weniger als noch im Jahr 1957. Der Konkurs des größten saarländischen Stahlkonzerns, der ARBED-Saarstahl, konnte nur durch weitere substanzielle Neuschulden im Landeshaushalt und umfassender finanzieller Hilfe seitens der Bundesregierung abgewendet werden. Das letztliche Zustandekommen der Finanzhilfen des Bundes ging wohl auf eine persönliche Intervention Zeyers bei Bundeskanzler Helmut Kohl zurück – gemäß seinem Naturell profilierte er sich anders als Oppositionsführer Oskar Lafontaine damit aber nicht auf den Massendemonstrationen im Rahmen der Stahlkrise. Auch die Kohlehütten an der Saar durchlebten schwierige Zeiten.
Zeyer versuchte im Rahmen einer Kabinettsumbildung am 10. Juli 1984 durch die Reaktivierung des an der Parteibasis populären Werner Scherer auf dem Posten des Innenministers und der Berufung des BUND-Mitgründers Berthold Budell als Umweltminister die Beliebtheit seiner Regierung zu verbessern. Innenpolitisch wurde die Regierung durch eine im bundesrepublikanischen Vergleich deutlich über dem Durchschnitt liegende Arbeitslosenquote die Landesregierung erheblich unter Druck gesetzt: Im Februar 1985, einen Monat vor der Landtagswahl, betrug diese 14,2 Prozent und lag damit mehr als drei Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt.
Rückzug aus der Politik
Schon vor dem Urnengang war die politische Öffentlichkeit von einem Wahlsieg der SPD ausgegangen. Nach der verlorenen Landtagswahl am 10. März 1985 übernahm Zeyer dann die politische Verantwortung und kündigte seinen Rückzug aus der aktiven Tagespolitik an. Sowohl den Landesvorsitz als auch sein Landtagsmandat stellte er zur Verfügung. Die CDU war auf 37,3 Prozent der Stimmen abgerutscht, während die SPD unter Oskar Lafontaine knapp die absolute Mehrheit der Mandate errungen hatte. Wolfgang G. Gibowski urteilte in der WirtschaftsWoche (13.9.1985), dass es dem Landesverband nicht gelungen sei, „die Nachteile aus der Beurteilung der Regierungsarbeit in Bund und Land durch die Person ihres Spitzenkandidaten Werner Zeyer zu kompensieren“ . Bereits zuvor hatte die CDU in Nordrhein-Westfalen ein schlechtes Landtagswahlergebnis erzielt.
Die Rückzugsentscheidung entsprach der Gradlinigkeit und dem Pflichtbewusstsein, für welche er auch in den anderen politischen Lagern respektiert wurde. Er arbeitete nach seinem Rücktritt bis zum Eintritt in die Pension als Rechtsanwalt in St. Wendel.
Werner Zeyer starb am 26. März 2000 in Saarbrücken. Beim Staatsakt zu seinem Tode sprachen u.a. Wolfgang Schäuble, Bernhard Vogel und Peter Müller: Sie drückten ihren umfassenden Respekt aus und zeichneten das Bild eines engagierten, aber unprätentiösen Menschen. Zeyer sei aufrichtig und zurückhaltend gewesen und habe an erster Stelle an die Menschen im Saarland gedacht. Im Privaten „musste man sich [beim Skatspielen mit ihm] warm anziehen“, wie sein guter Bekannter Wolfgang Schäuble versicherte. Ebenso war er ein passionierter Fußballfan.
Lebenslauf
- 1949–1953 Jurastudium in Saarbrücken
- 1953–1956 Referendar
- 1956–1961 Assessor und Richter in Saarbrücken, Neunkirchen und Ottweiler
- 1961–1972 Landrat des Kreises St. Wendel
- 1972–1979 MdB (CDU)
- 1976–1978 Mitglied des Europäischen Parlaments
- 1978–1985 Vorsitzender der CDU Saar
- 1979–1985 Ministerpräsident des Saarlands