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Veranstaltungsberichte

Delegation junger muslimischer Multiplikatoren in Israel

von Eva Keeren Caro

Institutional and Historical Perspectives

Bereits im dritten Jahr führte die Konrad-Adenauer-Stiftung Israel ein Studien- und Dialogprogramm für junge muslimische Multiplikatoren aus Deutschland durch. Ziel war es, das gegenseitige Verständnis zu fördern und bilaterale Netzwerke aufzubauen. In diesem rahmen tauschte sich die Delegation unter anderem mit Akteuren aus Politik, Wissenschaft, Militär und Wirtschaft aus.

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Young Muslim Leaders 2017

Das Programm wurde mit einem Briefing zur aktuellen politischen Lage in Israel durch den Leiter der Europa-Abteilung im israelischen Außenministerium, Shmuel Revel eröffnet. Revel ging hierbei vor allem auf die Themen Zwei-Staaten-Lösung, Israels Beziehungen zu Deutschland und der EU sowie die Entwicklung Israels zur „Start-Up-Nation“ ein. Auf beiden Seiten des Konflikts nehme der Glaube an eine baldige Lösung laut Studien stetig ab, so der Diplomat. Von besonderem Interesse für die Gruppe war zudem, mehr über die Zusammensetzung der israelischen Gesellschaft und Dynamiken zwischen den ethnischen bzw. religiösen Gruppen zu erfahren.

Am zweiten Programmtag erkundete die Gruppe den Jerusalemer Tempelberg bzw. Al-Haram a-Sharif. Zuvor führte jedoch Ofer Zalzberg, Experte für Israel und die Palästinensischen Gebiete beim Think Tank International Crisis Group, in die Historie des Konflikts um die heilige Stätte ein und legte die Hauptkonfliktlinien der religiösen und politischen Debatte dar.

Am Nachmittag wurde die Delegation in der Knesset, dem israelischen Parlament, vom Abgeordneten Nachman Shai empfangen. Shai repräsentiert als Mitglied der Zionist Camp-Fraktion das Oppositionslager und sitzt der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe vor. In dem mehr als einstündigen Gespräch hob er die „exzellenten Beziehungen“ zwischen Knesset und Bundestag heraus und betonte seine Dankbarkeit für die enge Partnerschaft mit Deutschland, insbesondere mit der Regierung Merkel. Im Hinblick auf innenpolitische Debatten stellte er fest, dass sich Israel in den vergangenen Jahren immer weiter nach rechts bewegt habe. Angesichts horrender Lebensmittel- und Mietpreise plädierte er zudem für mehr Einmischung des Staates in die israelische Wirtschaft. Die hohen Lebenshaltungskosten zwängen viele Israelis dazu, das Land z.B. in Richtung Deutschland zu verlassen, obwohl sie ein Leben in ihrer Heimat bevorzugen.

Im Anschluss informierte der Leiter des KAS-Auslandsbüros in Ramallah Marc Frings über die aktuelle Lage in den Palästinensischen Gebieten. Weder gebe es einen Status Quo, noch einen echten Friedensprozess, noch eine ehrliche innenpolitische Debatte darüber, so Frings. Zudem fehle eine überzeugende Strategie der Staatengemeinschaft. Des Weiteren ging er auf die kritische humanitäre und politische Lage im Gazastreifen, in Ostjerusalem und dem Westjordanland sowie die Problematik der israelischen Siedlungspolitik für die palästinensische Seite ein.

Am Abend hatte die Delegation die Gelegenheit, sich mit dem Jerusalemer Qadi (Scharia-Richter) Dr. Iyad Zahalka auszutauschen. Ihm zufolge existierten negative Stereotype der Scharia in den Köpfen vieler Menschen in Europa, welche nicht der Realität entsprächen. Der Qadi betonte, die parallel zur Ziviljustiz existierende religiöse Rechtsprechung kreiere Harmonie zwischen der arabischen Minderheit und der jüdischen Mehrheitsgesellschaft in Israel. In der anschließenden Debatte stellten die deutschen Teilnehmer grundlegende Unterschiede zwischen den rechtlichen Systemen in Deutschland und Israel heraus.

Am Folgetag besuchten die Delegationsteilnehmer die Ausstellung der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Im Anschluss hatte die Gruppe die Zeit für ein Gespräch rund um die Frage „Wie kann die Shoah sogenannten Neu-Deutschen besser vermittelt werden?“ mit der stellvertretenden Leiterin des European Desk an der International Holocaust School, Dr. Noa Mkayton. Als Anregung wurde vorgeschlagen, die Thematik transnational aufzubereiten und dem multi-ethnischen Zielpublikum somit die Möglichkeit zu einer stärkeren Identifikation mit den Opfern zu geben. Neben der Leitfrage ging es hier vor allem um die Problematik der schwindenden Zahl an Zeitzeugen.

In Tel Aviv traf die Gruppe nachmittags auf den Journalisten und Autor Dr. Gil Yaron, welcher den Fragen der Delegation zu innerisraelischen Themen Rede und Antwort stand. Hierbei standen vor allem die Sicherheitssituation, das –empfinden und die Siedlungspolitik ganz oben auf der Themenliste.

Am vierten Programmtag stand ein Besuch am Institute for Counter-Terrorism (ICT) in Herzliya auf dem Programm, wo Lt. Col. Uri Ben Yaacov einen Überblick über die innerisraelische Debatte zum Themenblock „Terrorismus“ und Sicherheit zu geben wusste. Was fehle, sei eine Verständigung aller Akteure auf eine Definition dessen, was „Terrorismus“ eigentlich ist, so der Wissenschaftler. Hieran scheitere eine einheitliche Anti-Terror-Politik. Als Haupt-Herausforderungen für die Bekämpfung von Terror nannte er den unkontrollierten Fluss von Finanzmitteln (z.B. durch Hawalla), Failed States sowie überforderte Behörden und Exekutivorgane.

Im Rahmen eines Experten-Rundtischs zum Thema „Minority-Majority Relations in Israel and Germany“ diskutierten die Teilnehmer anschließend mit Wissenschaftlern und Studierenden über ihre Erfahrungen als Teil der muslimischen Minderheitsgesellschaft sowie über wirksame Konzepte aus Deutschland für das Zusammenleben in einer multi-ethnischen Gesellschaft.

Bevor die Gruppe beim Abschlussdinner zum Austausch mit jungen Vertretern der israelischen Zivilgesellschaft zusammentraf, informierte Maj. Arye Shalicar, ehemaliger Sprecher der IDF für die europäischen Länder und mittlerweile Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen im Ministry of Intelligence, über die israelischen Außenbeziehungen. Dabei interessierte die Delegation insbesondere die israelische Wahrnehmung des Iran, der israelische Blick auf das Unabhängigkeitsvotum in der Autonomen Republik Kurdistan sowie der aktuelle Stand der Beziehungen zur Türkei.

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Young Muslim Leaders 2017 at the Knesset_2
Young Muslim Leaders 2017 at Tel Aviv University
Young Muslim Leaders 2017 with Marc Frings
Young Muslim Leaders 2017

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