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Veranstaltungsberichte

Den Holocaust vermitteln und Anti-Semitismus begegnen

von Eva Keeren Caro
Das Einwanderungsland Deutschland sieht sich, insbesondere in den vergangenen anderthalb Jahren, mit einer Reihe von neuen Herausforderungen konfrontiert. Eines davon ist die Vermittlung der Shoah an Schüler, deren familiäre Wurzeln in Deutschland nicht länger als wenige Jahre zurückreichen.

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Oftmals treffen die Lehrenden hier auf eine gleichgültige, wenn nicht sogar ablehnende Haltung gegenüber der Übernahme von der Verantwortung, die für jeden deutschen Bürger aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte erwächst. Diese Herausforderungen erfordert neue Strategien der Holocaustvermittlung an deutsche Schüler.

Aus dieser Erkenntnis erwuchs das Konzept zum Seminar „Den Holocaust vermitteln und Antisemitismus begegnen - Herausforderungen in einer multi-ethnischen Gesellschaft“ in Kooperation mit Yad Vashem. Der viertägige Lehrgang richtete sich an deutsche Abgeordnete aus Bundes- und Landtagen mit dem Themenschwerpunkt Bildungspolitik. Ziel war es, Konzepte und Ideen für die zukünftige Vermittlung der Shoah und für die Bekämpfung von Antisemitismus an Schulen zu entwickeln. Der langjährige Partner der KAS Israel, die Gedenkstätte Yad Vashem übernahm dabei die Konzeption des Seminarprogramms. Als weltweit führende Lehr- und Forschungsstätte zur Shoah verfügt Yad Vashem über jahrzehntelange Erfahrung in der Lehrendenbildung und Beratung von Entscheidern.

Nach einem einführenden Briefing durch Stiftungsbüroleiter Dr. Michael Borchard wurde die Gruppe am ersten Programmtag vor allem anhand von Führungen durch das Gelände auf dem Herzl-Berg mit der Gedenkstätte Yad Vashem und dessen pädadogischen Konzept vertraut gemacht. Am zweiten Seminartag stellte zunächst Projektleiter Burak Yilmaz das Duisburger Projekt „Junge Muslime in Auschwitz" vor, welches in das deutschlandweite Programm HeRoes eingebettet ist. Im Rahmen des Projektes lernen muslimische Jugendliche seit 2011, über ihr Juden- und Israel-Bild kritisch zu reflektieren, welches oft durch die negativen Narrativen der Familien und Freunde geprägt ist und antisemitische Haltungen abzubauen. Die Vermittlung des Holocaust spielt hier eine zentrale Rolle. Am Ende eines mehrmonatigen Workshops besuchen die Jugendlichen das Vernichtungslager Auschwitz. Die Erfahrungen und Gefühle werden im Anschluss in Form eines Theaterstücks verarbeitet, welches wiederum in Schulen und jüdischen sowie christlichen Gemeinden aufgeführt wird. Der Geschichtsunterricht und die Vermittlung der Shoah in den Schulen erreichten die muslimischen Jugendlichen oftmals nicht, so Yilmaz. Oftmals sei kaum Interesse für deutsche Geschichte vorhanden, da die Lehrer Schülern mit Migrationsunterricht nicht als Deutsche wahrnähmen und behandelten.

Im Anschluss diskutierte die Gruppe mit dem Vertreter des israelischen Außenministeriums Tal Gat, welcher nach mehrjähriger Tätigkeit als Referent für Öffentlichkeit in der israelischen Botschaft Berlin derzeit für strategische Planung zuständig ist. Gat gab einen Abriss zur Geschichte der deutsch-israelischen Zusammenarbeit seit der Entstehung des jüdischen Staates und ging auf aktuelle Entwicklungen in der Region ein, welche die israelische Sicherheit vor ernsthafte Herausforderungen stellen.

Am Folgetag hatte die Gruppe die Gelegenheit zum Austausch mit dem Holocaust-Überlebenden Zvi Herschel. Herschel, der als Neugeborener beide Elternteile im Konzentrationslager Sobibor verlor, teilte seine Lebensgeschichte und betonte dabei die Bedeutung Israels für jeden Holocaust-Überlebenden als Symbol für Kontinuität und Weiterleben des jüdischen Volkes. „Nie wieder“ sei ein Slogan, jedoch sei dieser sinnlos wenn nicht an seiner Realisierung gearbeitet werde. Im Anschluss daran besuchte die Delegation die Hand in Hand School in Jerusalem, an welcher jüdische und arabische Kinder gemeinsam unterrichtet werden. Vor Ort informierten sich die Teilnehmer über das Konzept der Schule und die Vermittlung der Shoah an einer gemischten Erziehungsanstalt.

Am Nachmittag präsentierten Mitglieder der deutsch-israelischen Schulbuchkommission Ergebnisse und Empfehlungen des bilateralen Gremiums und informierten die Gruppe über die Darstellung Israels in deutschen Schulbüchern und vice versa. Israel werde in Deutschland sehr eindimensional, mit Fokus auf den Nahostkonflikt dargestellt, hieß die Conclusio. Weder werde die jüdische Geschichte vor Gründung Israels beleuchtet (und somit der moderne Zionismus erklärt), noch kämen andere Facetten des Landes zum Ausdruck. Auch fehle eine Abbildung innerisraelischer Kontroversen.

Am letzten Seminartag hatte die Delegation Gelegenheit, sich im Zuge eines Vortrags von Prof. Meir Litvak über die Wurzeln des Antisemitismus in der arabischen Welt zu informieren und die kulturellen Hintergründe hierfür zu erfahren. Im Anschluss tauschte sich Journalist und Buchautor Dr. Gil Yaron mit der Gruppe zur aktuellen politischen und sozialen Entwicklung im Nahen Osten aus. Hieran schloss sich ein Vortrag von Dr. Efraim Zuroff an, Leiter des Simon Wiesenthal Centers in Israel. Zuroff berichtete über seine Tätigkeit als „Nr. 1 Nazi-Hunter“ und die politischen Herausforderungen für seine Arbeit. So spiele die Justiz oftmals eine Rolle des Verhinderers der rechtlichen Verfolgung, so etwa in Österreich.

Im Rahmen eines Abschlussessens begrüßte die Gruppe die stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Dr. Beate Neuss. Mit einem Vortrag zur politischen Situation in Deutschland mit Hinblick auf das Erstarken der Alternative für Deutschland (AfD) eröffnete sie die rege Diskussion mit den Teilnehmern, welche schließlich den programmatischen Abschluss des viertägigen Seminars bildete.

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Yad Vashem-Seminar für deutsche Bildungspolitiker Eva Keeren Caro
Yad Vashem-Seminar Juni 2016_1 Eva Keeren Caro
Yad Vashem-Seminar Juni 2016_2 Eva Keeren Caro

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